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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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mächtigeren Zauberbanne zu durchqueren
     sind, die immerzu um sie herumwirbeln.«
    Ich wich einer Möwe aus, die direkt vor meinem Gesicht herabstieß. Doch ich konnte nicht aufhören zu der Insel hinüberzuschauen.
     »Das klingt, als sollte niemand dorthin gehen.« Mein Magen meldete sich unbehaglich. »Was auch immer der Grund dafür sein
     mag.«
    Rhia seufzte, auch sie wandte den Blick nicht von der Insel. »Manche glauben, es hat etwas damit zu tun, wie die Fincayraner
     vor langer Zeit ihre Flügel verloren.«
    »Nur zu wahr, zu wahr, zu wahr«, sagte Bumbelwy, der trübselig zu uns herüberkam und bei jedem Schrittmit seinen Glocken rasselte. »Das war der traurigste Moment in der ganzen unerfreulichen Geschichte unseres Volkes.«
    War es möglich, dass der sauertöpfische Spaßmacher wusste, wie die Flügel verloren gingen? Plötzlich bekam ich wieder Hoffnung.
     »Weißt du, wie es dazu kam?«
    Er wandte mir sein langes Gesicht zu. »Das weiß niemand. Niemand.«
    Ich war ärgerlich. Aylah, die Windschwester, wusste es. Aber sie hatte es mir nicht sagen wollen. Ich wünschte, ich könnte
     sie noch einmal fragen. Aber das war unmöglich, so unmöglich wie den Wind zu fangen. Höchstwahrscheinlich war sie inzwischen
     bis nach Gwynedd geweht.
    Rhia löste sich endlich vom Anblick der Insel. »Möchtest du wissen, wo du jetzt stehst?«
    Ich knuffte sie. »Du klingst immer noch wie ein Führer.«
    »Du brauchst auch immer noch einen«, antwortete sie mit einem halben Grinsen. »Wir sind in Faro Lanna, dem Landstreifen, der
     einst die Heimat der Bäumlinge war.«
    Während ich den brandenden Wellen unter uns lauschte, musterte ich das Plateau. Steile cremefarbene Klippen umgaben uns auf
     drei Seiten. Bis auf ein paar zerfallende Steinhaufen, vielleicht alles, was von Mauern oder Feuerstellen noch übrig war,
     bedeckte nur Gras die Hochebene. Weit im Norden kennzeichnete eine dunkelgrüne Linie einen Waldrand. Dahinter lag der Horizont
     in einem violetten Nebel, möglicherweise das einzige Anzeichen der umnebelten Hügel.
    Ein unansehnlicher brauner Schmetterling flatterte aus dem Gras und landete auf meinem Handgelenk. Ichschüttelte die Hand, denn seine Beine kitzelten. Er flog davon und ließ sich auf dem knorrigen Griff meines Stocks nieder.
     Die reglosen Flügel hoben sich nicht vom tieferen Braun des Holzes ab.
    Mit einer Armbewegung zeigte ich auf das grasige Plateau. »Ich weiß nicht, wie wir je etwas über die Kunst des Veränderns
     lernen sollen. Wenn die Bäumlinge, die sie so gut beherrschten, hier einmal gelebt haben, dann haben sie nicht viel hinterlassen.«
    »Das war ihre Eigenart.« Rhia hob einen weißen Kiesel auf und warf ihn über die Klippe. »Die Bäumlinge waren Wanderer, immer
     auf der Suche nach einem besseren Wohnort. Einen Ort, in den sie ihre Wurzeln senken konnten wie richtige Bäume, den sie Heimat
     nennen konnten. Ihre einzigen Siedlungen waren hier bei den Klippen, aber wie du an diesen Steinhaufen siehst, waren sie recht
     dürftig. Nicht mehr als Schutzhütten für die sehr Alten und sehr Jungen. Keine Büchereien oder Märkte oder Versammlungssäle.
     Die meisten Bäumlinge verbrachten ihre Tage damit, durch Fincayra zu wandern, und sie kamen nur hierher zurück, um einen Partner
     zu finden oder zu sterben.«
    »Und was ist ihnen zugestoßen?«
    »Ich nehme an, sie waren so mit ihren Erkundungen beschäftigt, dass immer weniger von ihnen nach Hause kamen. Allmählich kehrte
     überhaupt niemand mehr zurück. Die Siedlungen zerfielen oder wurden vom Wind verweht, weil niemand da war, der sich um sie
     kümmerte. Und die Bäumlinge starben einer nach dem anderen.«
    Ich trat gegen ein Grasbüschel. »Ich kann ihnen nicht verübeln, dass sie durch die Gegend wanderten. Das liegtauch mir im Blut. Aber es klingt, als hätten sie sich nie irgendwo zu Hause gefühlt.«
    Rhia betrachtete mich nachdenklich, der Seewind zerzauste ihr blättriges Gewand. »Und liegt es dir im Blut, dich irgendwo
     zu Hause zu fühlen?«
    »Ich hoffe es, aber ich bin mir nicht sicher. Wie steht es mit dir?«
    Abweisend sagte sie: »Arbassa ist mein Zuhause. Meine Familie. Alles an Familie, was ich je gehabt habe.«
    »Bis auf Cwen.«
    Sie biss sich auf die Lippe. »Einst gehörte sie zu meiner Familie. Aber das ist vorbei. Sie gab das für einen Sack voll Goblinversprechen
     auf.«
    Der Schmetterling flog von meinem Stock hinüber zu Bumbelwy, der immer noch verdrossen über den Kanal zur

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