Merlins Drache 03 - Die Schlacht der endlosen Feuer
jeder, der kein Elf ist.«
Ohne auf die Stichelei zu reagieren, fuhr Krystallus fort: »Vespwyn hat mir erzählt, dass er in den letzten Jahren mehrmals an die Grenzen des Moors kam und etwas Verstörendes erlebt hat. Nicht nur das übliche Stöhnen und Jammern der Moorghule – die jedenfalls nicht so absolut übel sind, wie die meisten Leute denken. Nein, das war schlimmer, viel schlimmer.«
»Was?«, fragte Serella skeptisch.
»Das hat er nicht gesagt. Die einzigen Worte, die er gebraucht hat, waren ›dunkel – zu dunkel‹ und ›Unglück für Avalon‹. Er hat darauf bestanden, mehr herauszufinden. Und, gegen meine Einwände, allein zu gehen.« Krystallus kniff die Lippen zusammen, dann sagte er: »Er ist nie zurückgekommen.«
»Du willst also herausfinden, was ihm passiert ist. Das ist verständlich. Aber er könnte an diesem schrecklichen Ort auf tausend verschiedene Weisen zu Tode gekommen sein! Welchen Sinn hat es, auch dein Leben zu riskieren?«
»Es sind diese Worte –
Unglück für Avalon.
Vespwyn hat so etwas nicht leichthin gesagt. Für ihn war |145| das Beschützen dieser Welt das höchste Ideal, mit dem man leben konnte. Darin glich er sehr meinem Vater.«
Serella atmete langsam aus. Leise sagte sie: »Und dir.«
Er zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich hast du recht. Obwohl Merlin nie zustimmen würde, das ist sicher. Nichts, was ich je tun kann, wird seine Meinung von mir ändern. Nichts. Aber egal, das ist nicht wichtig.«
Serella zog eine Augenbraue hoch.
Er schob die Schultern zurück. »Wichtig ist nur zu helfen, dass Avalon überlebt! Und wenn ich kombiniere, was Vespwyn gesagt hat und was ich zu lange durch Gerüchte gehört habe, dann muss ich es untersuchen. Es könnte nichts sein. Oder es könnte wichtig sein – ein Schlüssel zu den Problemen unserer Welt.«
Serella wischte sich eine spiralförmige Nebellocke von der Nase. »Ich verstehe, dass du das machen musst.«
»Ich muss es wenigstens versuchen.«
Sie nickte. »Ich wünsche nur, ich könnte mitgehen. Aber ich muss diese Expedition ins obere Brynchilla leiten, wie du weißt, und die Schiffe segeln morgen ab.«
»Ich weiß.« Er griff nach ihrer Hand und flocht ihre Finger in seine. »Du wirst trotzdem bei mir sein.«
|146| »Wie kommst du hin? Dieses Moor ist ungefähr so zugänglich wie die Kehle eines Feuerdrachen.«
»Die Pforte liegt im nördlichen Malóch. Direkt in der Wüste, nicht weit von dem Ort, den Barden das verborgene Tor nennen. Von dort aus kann ich hinwandern.«
»Zu schade, dass du keine magische Karte hast, die dir den Weg zeigt«, neckte sie.
»Stimmt.« Jetzt lächelte er. »Wenn ich nächstes Mal etwas Unüberlegtes mache, frage ich dich vorher um Rat.«
»Das machst du doch nicht.«
Serella winkte durch die dunstige Luft und schickte einen kleinen Windstoß auf die Klippenwand. Die Schicht aus leuchtendem Nebel kräuselte und teilte sich und zeigte den feuchten Felsen darunter. Serella betrachtete ernst den Nebel, dann wandte sie sich wieder an Krystallus.
»Und das ist noch etwas, was ich an dir liebe«, sagte sie.
|147| 16
Flügel
Die Heimkehr kann manchmal die seltsamste aller Reisen sein.
B asilgarrad flog über die hohen Gipfel von Olanabram, seine riesigen Flügel streckten sich weiter als die bläulichen Gletscher unten. Zwar wäre er gern noch schneller geflogen, doch er hielt die Gleitphasen zwischen den Flügelschlägen so lange wie möglich und ritt auf dem pfeifenden Wind, damit er Marnya und Ganta nicht davonflog. So konnte er ihr angestrengtes Atmen nicht weit hinter sich hören, als sie sich Mühe gaben mitzukommen.
Unten schwebte sein Schatten über die Gletscher, Schneefelder und Gipfel der Berge. Basilgarrad beobachtete die wechselnde Szene und sah, wie seine gezackten Flügel sich zu drehen, verkürzen und erweitern schienen, während der Schatten über die steilsten Hänge flog. Gerade als er Hallias Gipfel erreichte, den Punkt, wo er sich vor so vielen Jahren |148| von Merlin getrennt hatte, spürte er einen vertrauten Klaps am Rand seines Ohrs.
»Schön, wieder hier zu sein, alter Freund.« Die Stimme des Zauberers, direkt in das große spitze Ohr gesprochen, an das er sich klammerte, klang lauter als der pfeifende Wind. Merlin fuhr mit der Hand so liebevoll, als würde er ein Püppchen streicheln, über die langen grünen Haare, die den Ohrrand säumten. »Dort unten haben wir ein paar Abenteuer erlebt, stimmt’s?«
»Stimmt«, brüllte Basilgarrad und nickte
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