Merlins Drache 03 - Die Schlacht der endlosen Feuer
einem unaufhörlichen monotonen Singsang. Er kam von den Ghulen und zugleich anscheinend vom Sumpf selbst.
»DOOMraga, DOOMraga, DOOM. DOOMraga, DOOMraga, DOOM.«
Der Singsang klopfte weiter, so unablässig wie ein pochendes Herz. Doch einem Herzen mit dem Zweck, Leben zu erhalten, hätte er nicht weniger gleichen können. Nein, dieser Singsang schien der genaue Gegensatz zu sein, als wäre sein Zweck nur Tod, Zerstörung und noch mehr Tod.
In diesem Moment entdeckte Krystallus den Ursprung des geheimnisvollen roten Lichts, das diesen Teil des Moors durchdrang. Ein Auge! Die Schattenbestie besaß so weit oben, dass Krystallus es kaum sehen konnte, ein leuchtend rotes Auge. Obwohl all die erstickenden Dämpfe es fast verschleierten, leuchtete das Auge trüb und schickte einen stumpfroten Schein durch den Nebel.
Etwas an dem Auge ließ Krystallus schaudern. Anders als andere Augen pulsierte dieses in seinem eigenen unheilvollen Rhythmus wie eine offene Wunde. Mit jedem Pulsschlag kam eine Welle von Zorn, Aggression und Hass.
Plötzlich sah er eine Explosion schwarzer Funken, die in der Luft zischten, anscheinend waren sie nicht weit von der Mitte des Monsters entstanden. Weitere schwarze Funken stoben und fielen mit viel Gezisch |192| ins Moor. Dann sah Krystallus den Ursprung der Funken.
Etwas wächst!
Wie eine Schlange aus konzentrierter Dunkelheit stieg ein langer schwarzer Faden aus dem Kern des Geschöpfs. Er wuchs immer höher und griff bedrohlich nach dem Himmel.
Krystallus beobachtete ihn entsetzt.
Was um …? Was ist dieses Ding?
»DOOMraga, DOOMraga, DOOM«, sangen die Moorghule. Ihr Kreis wurde enger, sie glitten nah am Körper des sich windenden Ungeheuers vorbei. Bald schienen sie sich mit seiner Haut zu vereinen und in die Schwärze unter sich zu hüllen.
Das Scheusal wiegte sich weiter hin und her und drückte sein Gewicht ins Moor. Es stöhnte rhythmisch im Takt des Ghul-Singsangs und stieß die ganze Zeit den bedrohlichen Faden weiter in die Höhe. Inzwischen schossen die schwarzen Funken öfter durch die Luft und auf den Sumpf. Überall rund um Krystallus leuchteten Dämpfe mit dunklem Glühen.
Zu seinem Entsetzen sah er in dem Wirbel von Dämpfen beim Auge des Ungeheuers noch etwas – einen weiteren Faden! Dieser streckte sich nach unten und griff um sich wie der andere aus dem Körper der Bestie. Woher dieser neue kam, konnte Krystallus nicht erkennen, aber sein Ursprung musste weit oben sein, noch höher als die steigenden Dämpfe.
Ungläubig schüttelte der Forschungsreisende den |193| Kopf. Seine lange Mähne, von Sumpfdreck durchsetzt, schlug an seinen Hals. Könnte dieser neue Faden sich von irgendwo zwischen den Sternen herunterstrecken? War seine Herkunft so übel wie dieses Scheusal der Dunkelheit?
Wie ein Blitz durchschoss ihn die Erkenntnis. Ob er eine Ahnung von den Gedanken der Bestie auffing, eine andere Art Sprache unter seinem rhythmischen Stöhnen hörte oder es erriet – plötzlich war er sicher:
Dieser neue Faden kommt aus der Anderswelt. Von Rhita Gawr.
Das Ungeheuer stieß ein raues, heiseres Lachen aus. Krystallus hörte es mit den Ohren, doch zugleich in seinen Knochen. Das Geräusch hallte durchs Moor und erfüllte ihn mit tiefer Verzweiflung. Zugleich fügte das ständige Pulsieren des blutroten Auges eine weitere Emotion hinzu, die er bisher selten empfunden hatte: Entsetzen.
Weitere kreisende Schatten stiegen aus dem Moor. Krystallus konnte nicht erkennen, ob es Ghule waren oder etwas anderes. Doch er sah sie wie geisterhafte Wesen zu der Lücke steigen, die sich zwischen den beiden dunklen Fäden befand. Dann hörte er, noch lauter als den Singsang der Moorghule und das Stöhnen des Ungeheuers, eine plötzliche Explosion von Energie.
Schwarzer Blitz schoss aus den Enden beider Fäden. Die Zwillingsströme dunkler Energie verbanden sich in der Mitte, sie zischten und knatterten in |194| den wirbelnden Dämpfen. Ein Zittern floss durch die Rauchwolken in der Umgebung, während schwarze Funken überall zerstoben. Weitere Schatten sammelten sich und wirbelten um die Fäden wie ein Orkan, langsam brachten sie die beiden einander näher.
Noch näher.
Eine gewaltige Explosion erschütterte das Moor, als sich die beiden dunklen Fäden verbanden. Dämpfe zerstreuten sich, Moorghule hörten auf zu singen und einen kurzen Augenblick teilten sich die Rauchwolken und öffneten sich für ein paar zarte Strahlen Sternenlicht. Selbst das Monster hörte auf, sich
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