Merry Ex-Mas
Wie sollte man eine Hochzeit feiern, ohne dazu einzuladen?
„Wir schicken die Einladungen per E-Mail.“
Ach herrje, war das nicht ein bisschen billig, oder wurde Cass einfach nur alt? Nein, zweiundvierzig war noch nicht alt. Also war es billig.
„Es geht schneller“, sagte Dani. „Außerdem wissen sowieso schon fast alle Bescheid.“
„Na gut, eine Sache weniger, die wir erledigen müssen. Gute Idee“, gab Cass nach. „Dann bleiben aber immer noch die Blumen, die Torte und natürlich …“
Ehe sie auch nur das Brautkleid erwähnen konnte, unterbrach Dani sie. „Ich hatte eigentlich an Cupcakes gedacht.“
„Cupcakes?“, wiederholte Cass. Ihre Tochter wünschte sich Cupcakes für ihre Hochzeit, die in dreieinhalb Wochen stattfinden sollte? Während der geschäftigsten Zeit des Jahres? Eine Torte konnte Cass im Schlaf backen, aber Cupcakes, diese kleinen Teufel, waren viel arbeitsintensiver. Jedenfalls für sie, denn sie hätte den Ehrgeiz, jedes einzelne Küchlein zu etwas Besonderem zu machen. Und wenn normalerweise ein Stück Hochzeitstorte pro Gast ausreichte, würden Cupcakes schnell und reichlich verputzt werden, und nur die wenigsten würden sich mit einem begnügen. Das wiederum bedeutete, dass sie eine riesige Menge backen und verzieren musste. „Dani, Schätzchen, du weißt, was hier um diese Zeit los ist, oder?“
Dani biss sich auf die Lippe. „Ich würde wirklich gern Cupcakes haben.“
Sie hasste es, ihre Tochter zu enttäuschen, aber … „Ich weiß nicht“, begann Cass.
„Na gut“, meinte Dani schnippisch und marschierte davon, um die Ladentür aufzuschließen. „Es ist zwar meine Hochzeit, aber mach doch, was du willst.“
Wenn Cass tun könnte, was sie wollte, dann würden Mason und seine jugendliche Frau von der Gästeliste verschwinden. Grimmig griff sie nach dem Spritzbeutel und machte sich an die Arbeit, um das Lebkuchenhaus fertig zu verzieren.
Wieso war Dani eben so aufgebraust? Sie hatte sich für ihre Tochter verbogen, sich praktisch in eine menschliche Brezel verformt, indem sie Mason und Bimbette zu sich eingeladen hatte. Aber selbst das war offenbar noch nicht genug gewesen.
Cass wusste, dass es dieses Brautzilla-Phänomen gab, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie es in ihrer Familie erleben würde. Dani war (jedenfalls normalerweise) ein ziemlich gutmütiges, kooperatives und verantwortungsbewusstes Mädchen. Anscheinend änderte sich das gerade. Und dabei hatten sie noch nicht mal über das Essen, über den Blumenschmuck und das Brautkleid gesprochen. Oder das Budget, das, angesichts des unerwartet frühen Zeitpunktes der Hochzeit, eher niedrig ausfallen würde. Auf was für Ausbrüche musste sie sich wohl noch gefasst machen, wenn sie sich über das Budget stritten? Cass wollte lieber gar nicht darüber nachdenken.
Das Lebkuchenhaus war jetzt fertig, verlockend verziert mit Zuckerguss und den unterschiedlichsten Süßigkeiten. Die Fenster aus roten Gelatineblättern sahen so aus, als würde drinnen ein gemütliches Kaminfeuer brennen. Einen Moment lang stellte Cass sich vor, sie würde geborgen in dem Haus sitzen und in aller Ruhe an den Wänden knabbern.
Unverhofft öffnete sich jedoch die Tür zu ihrem Lebkuchenidyll, und herein kam ein Lebkuchenmann, der verdächtig nach Mason aussah und eine Lady im Schlepptau hatte. Außerdem kam noch ein Mädchen herein, das mit ihrem kleinen Lebkuchenfuß aufstampfte und verlangte, dass ihre Mutter genügend Cupcakes backte, um damit ganz Icicle Falls verköstigen zu können.
Cass schüttelte den Kopf, um diese grässliche Vision zu vertreiben. Wie schrecklich. Wo waren eigentlich die guten Feen, wenn man sie mal brauchte?
Am Mittwochmorgen war Ella gerade dabei aufzuräumen und eine Bluse wieder wegzulegen, die eine Kundin in der Umkleidekabine liegen gelassen hatte, als Charley in die Boutique kam, um sich ein bisschen umzusehen.
„Suchst du etwas für eine bestimmte Gelegenheit?“, fragte Ella.
Ella liebte es, Frauen dabei zu helfen, fantastisch auszusehen, und bei Charley, mit ihren langen Beinen und der schlanken Figur, machte es richtig Spaß. Fast so, als würde man mit Puppen spielen, nur eben in etwas größerem Maßstab. Das war nicht bei allen Kundinnen so. Einige von ihnen stellten eine echte Herausforderung dar. Trotzdem versuchte Ella immer, für jede die richtigen Farben und den richtigen Stil zu finden, die ihnen schmeichelten, und Frauen, die bei Gilded Lily’s vorbeischauten,
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