Merry Ex-Mas
weiß, aus welchem Film das stammt.“ Und doch hatte es nach etwas so Besonderem geklungen, als Richard es zu ihr gesagt hatte.
Sie hätte ihren Mantel anbehalten sollen. Das Haus war kalt. Normalerweise machte sie sich nicht die Mühe, es zu heizen, jedenfalls nicht, wenn sie jeden Abend spät von der Arbeit kam und direkt ins Bett ging. Allein. Wieder erzitterte sie.
„Komm, ich mach schnell den Kamin an“, bot Richard an und machte sich auf den Weg dorthin.
„Nein!“ Ihre Stimme klang schärfer als nötig, auf jeden Fall schärfer als geplant. „Ich habe nicht vor, noch lange aufzubleiben.“ Sie setzte sich auf die Couch und legte sich eine Decke um die Schultern.
„Oder mich lange hierbleiben zu lassen, was?“
„Wozu auch?“
„Um zu reden und uns daran zu erinnern, warum wir einmal zusammengekommen sind.“
„Vorübergehende geistige Umnachtung?“
„Wir hatten auch schöne Zeiten. Bis ich es vermasselt habe“, fügte er schnell hinzu, wahrscheinlich ehe sie es tun konnte. „Und ich bin mir auch nicht sicher, ob man zwölf Jahre als vorübergehend bezeichnen kann.“
„Ich war davon ausgegangen, dass unsere Ehe ein Leben lang halten würde.“ Charley spürte, dass sich ihr die Kehle zuschnürte.
„Ja, so hätte es auch sein sollen.“ Jetzt saß er neben ihr auf dem Sofa, und sein Drink stand vergessen auf dem Couchtisch. „Oh, Schatz. Es tut mir so leid. Ich habe es echt versaut.“
Sie entzog sich ihm. „Ja, das hast du. Und nun soll ich das einfach vergessen und dich mit offenen Armen wieder willkommen heißen?“
„Nein. Das hätte ich von dir auch nicht erwartet. Das Einzige, worum ich dich bitte, ist, dass du einmal darüber nachdenkst, ob wir nicht von vorn anfangen können. Erinnerst du dich daran, wie schön es zwischen uns war?“
Sie erinnerte sich. Vielleicht hatte sein betrügerisches Verhalten deshalb so wehgetan. Sie stand auf. „Es ist spät, Richard, und ich bin müde.“
Er nickte und stand ebenfalls auf. „Bring mich zur Tür.“
Sie blieb, wo sie war. „Du kennst doch den Weg.“
Er nickte, nahm ihre Hand und zog Charley mit in den Flur.
Nur wenige nervöse Herzschläge später standen sie im Eingangsbereich, wo Charley normalerweise immer den weihnachtlichen Mistelzweig aufgehängt hatte.
Richard deutete auf die Stelle. „Dieses Jahr ist hier ja gar kein Mistelzweig.“
„Nein. Ich war nicht gerade in der Stimmung, jemanden zu küssen.“ Jetzt wünschte sie, sie hätte ihn aufgehängt, hätte sich einen Mann gesucht, der toll aussah und den sie darunter hätte küssen können. Sie hätte ein Foto davon schießen können, es auf ihrer Facebook-Seite hochladen und eine Kopie davon an Richard schicken sollen. Vielleicht mit den Worten Hier siehst du, was dir entgangen ist .
„Dann lass uns einfach so tun, als würde er dort hängen“, murmelte er. Und dann, ehe Charley ihn aufhalten konnte, küsste er sie. Oh, wie lange war es schon her, seit sie geküsst worden war? Richard hatte schon immer gewusst, wie er sie dazu brachte, dahinzuschmelzen. Offenbar hatte er das nicht verlernt.
Er hatte ja auch reichlich Erfahrung gesammelt. Mit einer anderen Frau. Charley machte sich von ihm frei und riss die Haustür auf. „Gute Nacht, Richard.“
Er schnappte sich seinen Mantel vom Garderobenständer. „Das gefällt mir.“
Sie konnte sich nicht verkneifen nachzuhaken: „Was?“
„Du hast Gute Nacht gesagt. Du hättest auch Lebewohl sagen können.“ Er drehte sich um und eilte die Treppe hinunter.
„Lebe wohl!“, rief sie ihm hinterher. Aber es war zu spät und kam ihr nur halbherzig über die Lippen. Und das wussten sie beide auch.
10. KAPITEL
Am Samstagmorgen hatte Charley es sich gerade mit der Dezemberausgabe von Bon Appétit gemütlich gemacht, als Richard mit zwei Bechern Eierpunsch-Kaffee aus dem Bavarian Brews vor ihrer Haustür auftauchte.
Charley sah ihn mürrisch an. „Soll ich dir sagen, was du damit machen kannst?“
Er hielt ihr einen der Becher hin, und das Aroma von Kaffee und Eierpunsch stieg ihr in die Nase. „Es wäre doch wirklich eine Schande, den verkommen zu lassen.“
Abrupt riss sie ihm einen Becher aus der Hand. „Selbst wenn du mir mein Leben lang solchen Kaffee kredenzen würdest: Niemals könnten die wettmachen, was du mir angetan hast.“
„Charley, ich versuche mein Bestes. Bitte lass mich reinkommen.“
Sie hasste ihn wegen dieses flehenden Blicks, hasste sich, weil sie schon fast Mitleid mit ihm hatte.
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