Merry Ex-Mas
hoffe, sie tut es auch.“
„Weißt du etwas, was wir nicht wissen?“, fragte ihre Schwester.
An Samanthas Miene konnte man erkennen, dass das der Fall war.
„Okay, spuck es aus“, befahl Cass.
„Na ja, misstrauisch wie ich bin, habe ich mir mal sein Restaurant angeschaut.“
„Hat er überhaupt eins?“, hakte Cass besorgt nach.
„O ja, das hat er. Aber es ist nicht geöffnet.“
16. KAPITEL
Samanthas Verdächtigungen bahnten sich einen Weg in Charleys Hinterkopf und begannen, wie eine Horde Termiten alles zu untergraben.
Richard war aus Gerhardts Gasthaus aus- und wieder in ihr Bett eingezogen. Als sie nach Hause kam, lag er ausgestreckt auf der Couch und schaute sich Hidden Surprises an, eine Sendung, in der Kleinstadtrestaurants vorgestellt wurden. Nachdem Charley gesehen hatte, was für einen Erfolg es Samantha und ihrer Firma beschert hatte, dass sie von Mimi LeGrand in All Things Chocolate vorgestellt worden waren, hatte sie schon überlegt, ob sie den Produzenten dieser Sendung nicht einmal nach Icicle Falls einladen sollte. Dank der unangenehmen Überraschung war diese Option natürlich in weite Ferne gerückt.
Sie runzelte die Stirn. „Kannst du das vielleicht ausschalten?“
Sofort drückte Richard die Fernbedienung, und das gemütliche Restaurant verschwand vom Bildschirm. „Ich habe nur die Zeit totgeschlagen, bis du nach Hause kommst. Wie war die Party?“
Nett, bis der Film zu Ende war. „Es war okay.“
„Nur okay?“
„Es fällt mir im Moment schwer, mich für irgendetwas zu begeistern.“ Das schloss auch Richard ein. Manchmal sollte eine Frau auf ihre Freundinnen hören. Jetzt wünschte Charley sich, sie hätte die Hände auf die Ohren gepresst und „La, la, la, la, la“ gesungen.
„Für gar nichts?“ Er klopfte auf das Kissen neben sich auf der Couch, und Charley ging zu ihm und setzte sich. „Ein neues Jahr steht vor der Tür, Schatz.“ Er legte einen Arm um sie und küsste sie. „Ich wette, in der Zwischenzeit kann ich dich vielleicht doch ein wenig begeistern.“
In gewisser Weise. Doch sogar als Richard sie liebte, waren die Termiten am Werk. Er ist nicht mit dir nach Seattle gefahren, um dir sein Restaurant zu zeigen. Warum nicht?
Dafür konnte es vielerlei Gründe geben. Vielleicht wollte er sich im Moment einfach nur darauf konzentrieren, sie zurückzuerobern. Vielleicht dachte er, es wäre nicht unbedingt der geeignete Zeitpunkt, um das Thema auf das Restaurant zu bringen, das er aufgemacht hatte, nachdem er gegangen war, weil das nur Salz in die Wunde streuen würde. Würde es auch.
Bestimmt war das der Grund. Und nachdem sie das jetzt ergründet hatte, konnte sie …
Sich am nächsten Morgen im Internet nach Richards Restaurant erkundigen. Masochistisch, wie sie veranlagt war, hatte sie das schon kurz nach der Trennung einmal getan. So sehr sie es auch versucht hatte, aber natürlich hatte sie den Namen nicht vergessen können: Piatto Dolce, Süßer Teller. Die Vorstellung, dass er seinen Gästen zusammen mit seiner kleinen Freundin etwas Süßes servierte, hatte Charley arg zugesetzt. Grimmig hatte sie damals auf die Internetseite gestarrt und gehofft, dass Richard und seine Tussi sämtlichen Restaurantkritikern, die vielleicht vorbeischauten, eine Lebensmittelvergiftung bescherten, bevor sie die Seite geschlossen hatte, um sie nie wieder zu besuchen. Auch als Richard zurückgekehrt war, hatte sie nicht mehr nachgeschaut.
Sie war ja auch wirklich ziemlich eingespannt gewesen. Ehrlich. Vielleicht hatte sie auch einfach nicht sehen wollen, wie erfolgreich er ohne sie war.
Aber jetzt musste sie diese Termiten loswerden. Also ließ sie Richard schnarchend im Bett und schlich nach unten, um es sich mit ihrem Laptop auf der Couch bequem zu machen.
Die Website wurde hochgeladen und zeigte ein Foto vom Inneren des Restaurants, das eines Foodmagazins würdig gewesen wäre – ein exklusives Stück Italien, mit dezenter Beleuchtung und Leinentischdecken, ein Tribut an Richards Lieblingsküche. Charley fand auf der Homepage jedoch noch etwas anderes. Eine Notiz, die besagte: „Zurzeit ist Piatto Dolce wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Bitte schauen Sie in Kürze wieder auf unsere Seite. Grazie.“
Wegen Renovierung geschlossen? Davon hatte Richard gar nichts erzählt. Na und? Sie hatten ja auch andere, wichtigere Dinge zu besprechen. Ihre Beziehung zum Beispiel. Und das erklärte natürlich auch, warum er es sich leisten konnte, hier in Icicle Falls
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