Merry Ex-Mas
wenn wir essen wollen?“
„Woher weißt du, dass es für mich ist?“, konterte sie und stand auf, um nach dem Telefon zu greifen.
„Weil ich schon mit allen gesprochen habe, mit denen ich sprechen musste.“
Sie schaute auf das Display und machte ein besorgtes Gesicht. „Fang an zu essen.“ Sie hatte das dumme Gefühl, dass dieses Telefonat eine Weile dauern könnte.
„Du hattest recht.“ Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang nach einer Zombieversion von Charley.
Wie sehr sie sich wünschte, sie hätte nicht recht behalten. „Oh, Charley, es tut mir so leid.“
„Was ist los?“, fragte Blake.
Samantha bedeutete ihm, dass sie ihm später alles erzählen würde. „Was ist passiert?“
Charley seufzte schniefend auf. „Na ja, ich habe eine Schüssel mit Salat durch die Küche geschleudert und meine Wand mit Weißwein getauft.“
„Und Richard?“
„Keine Angst. Seine miese Visage hat nicht gelitten“, sagte Charley verbittert. „Du meine Güte, wie konnte ich nur so blind sein?“
„Ganz einfach“, erwiderte Samantha. „Du wolltest nur das Beste annehmen.“ Und Richard hatte ihr, wieder einmal, das Schlimmste beschert.
„Sein Restaurant ist angeblich wegen Renovierung geschlossen“, erzählte Charley voller Verachtung. „Wohl eher wegen mangelndem Bargeld. Weißt du, was er mit meinem Versicherungsgeld machen wollte?“
„Ich kann es mir vorstellen“, meinte Samantha. Wie anders dagegen hatte sich ihr Mann verhalten, der sich in Schulden gestürzt hatte, um ihre Firma zu retten. Tja, es gab Männer, und es gab männliche Schlangen. Und sie wusste genau, in welche Kategorie Richard fiel. Das hatte sie die ganze Zeit gewusst. Doch das sagte sie jetzt nicht. Stattdessen meinte sie: „Es tut mir wirklich leid. Man sollte ihm bei lebendigem Leibe das Fell über die Ohren ziehen.“
„Das ist noch zu gut für ihn“, erklärte Charley, bevor sie in Schluchzen ausbrach. „Und weißt du was? Er hat mich eine selbstsüchtige Zicke genannt.“
„Dich?“
Vor lauter Schluchzen konnte Charley gar nicht antworten.
„Du weißt, dass das nicht stimmt“, versuchte Samantha sie zu beruhigen.
„Nicht?“
„Natürlich nicht. Dein Ex ist nicht nur ein schlechter Geschäftsmann, sondern auch ein schlechter Mensch.“
„Er hat mir glatt noch einmal das Herz gebrochen.“ Wieder schluchzte sie auf.
Arme Charley. Erst der Brand im Restaurant, und jetzt das hier. Das Jahr endete wahrlich nicht gut für sie. „Komm her und bleib ein bisschen bei uns“, bot Samantha ihr an. „Ich verwöhn dich mit Pralinen.“
„Nein. Ich muss erst mal den Schweinkram hier wegmachen.“
„Du brauchst deine Freunde“, sagte Samantha streng.
„Ich komme schon klar“, antwortete Charley. „Und vielen Dank, dass du mir die Augen geöffnet hast. Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich mich womöglich auf all das eingelassen, was Richard wollte, ohne zu merken, dass er mich an der Nase herumführt.“
„Du hättest es schon noch gemerkt“, versicherte Samantha ihr.
„Danke, dass du ein offenes Ohr für mich hattest.“
„Dafür sind Freunde doch da.“
Sie waren für weitaus mehr da. „Charley hat Probleme“, erzählte Samantha ihrem Mann, nachdem sie aufgelegt hatte.
„Ich bleibe nicht auf. Mir schwant, dass es eine lange Nacht werden wird.“
Vierzig Minuten später konnte Charley ihre Meeresfrüchte-Lasagne aus dem Ofen holen, und die Küche war wieder sauber. Das Haus war leer. Richard hatte seine Sachen gepackt und war ohne ein weiteres Wort verschwunden. Das war Charley nur recht. Er hatte genug gesagt.
Selbstsüchtige Zicke. War sie das wirklich? War es selbstsüchtig gewesen, ihre Erbschaft ins Restaurant zu stecken? Damals hatte sie das nicht so empfunden. Okay, sie hatte Richard erst überreden müssen, dass sie sich hier niederlassen sollten. Aber sie war sich so sicher gewesen, dass er diese Kleinstadt lieben lernen würde, so wie sie auch. Sie hatte angenommen, er wäre glücklich. Im Übrigen hatte sie sich auch nichts anderes leisten können. Ein Restaurant in einer Großstadt zu eröffnen hätte doppelt so viel gekostet. Es war eine rein praktische Entscheidung gewesen. Und es hatte ihr gefallen, ein großer Fisch in einem kleinen Becken zu sein.
Aber irgendwie war sie zu einem größeren Fisch als ihr Ehemann geworden. Im Nachhinein betrachtet, wurde ihr klar, dass ihn das gewurmt haben musste. Scherzend hatte er sich als der Küchensklave oder Mr Charley
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