Merry Ex-Mas
wirst du auch ein Heim haben, redete sie sich ein und schaltete das Radio aus. Ihre Ehe mit Jake war wohl nur eine Art Probeehe gewesen. Irgendwann würde sie dann eine echte Ehe führen. Vielleicht würde sie auch so enden wie ihre Mutter, die Männer auf Distanz hielt und lediglich Freundschaften mit ihnen pflegte. Eine alleinerziehende Mutter sein, die ihre Tochter herumkommandierte.
Oh, oh, wo war das denn auf einmal hergekommen? Sofort schob Ella diesen illoyalen Gedanken beiseite. Ihre Mutter kommandierte sie nicht herum. Sie gab ihr nur Ratschläge. Gute Ratschläge.
Dabei konnte sie sich gut vorstellen, was für einen Ratschlag ihre Mutter ihr geben würde, wenn sie jetzt hier wäre. Geh nicht mit ihm ins Haus. Was denkst du dir dabei?
Oh, what fun it is to ride … Nein, nein. Das war keine gute Idee.
Im Wagen herrschte, ganz im Gegensatz zu früher, angespannte Stille, aber da waren sie ja auch noch glücklich zusammen gewesen.
Ella seufzte und schaute aus dem Fenster auf die Häuser an der Straße. Jedes einzelne Haus war weihnachtlich geschmückt. Die Bennetts hatten das Licht im Wohnzimmer an, und durch das Fenster konnte sie sehen, wie Cheron und Harold ihren Baum schmückten. Den vielen Autos nach zu urteilen, die an der Straße geparkt waren, feierten Sam Moyle, ihr ehemaliger Mathelehrer, und seine Frau wohl eine Party, und sein Bruder Ben, der nebenan wohnte, spazierte gerade über den Rasen. Neben ihm seine Frau Marliss, die einen großen Teller mit Weihnachtsplätzchen in der Hand hielt. Alle waren in Weihnachtsstimmung. Ella wünschte, auch sie könnte sich freuen.
Je weiter sie ihre Straße entlangfuhren, desto weiter auseinander waren die Häuser gebaut worden, entsprechend größer waren die Gärten. Am Ende stand ihr Haus. Ella wünschte, sie hätten inzwischen auch … Weihnachtsbeleuchtung aufgehängt! Genau das hatte Jake getan. Mit Tränen in den Augen drehte Ella sich zu ihm herum und stellte das Offensichtliche fest: „Du hast die Lichterketten aufgehängt.“
Er lächelte sie liebevoll und zärtlich an. „Ich dachte, das gefällt dir vielleicht.“
Natürlich. „Danke“, murmelte sie. Irgendwie wirkte ihre Dankbarkeit fehl am Platz und ein bisschen peinlich. Warum dankte sie ihm? Und warum machte er das überhaupt? Sie waren nicht verheiratet. Das Haus war verkauft. Das war doch alles verrückt.
Im Inneren empfing sie der Duft von Zwiebeln. Fragend sah sie zu Jake.
„Ich habe Abendessen gemacht“, sagte er.
„Hackbraten.“ Das war das Einzige, was er kochen konnte. Hackbraten und „Ofenkartoffeln?“
Er nickte.
Sie liebte Hackbraten. Es war ein Gericht, das unter Mims’ Würde gewesen war, ein Armeleuteessen, das sie sich geweigert hatte zu kochen. In Ellas Augen dagegen war ein Hackbraten ein richtiges Familienessen.
„Ich dachte, wir sollten wenigstens noch ein Mal gemeinsam essen“, sagte Jake und half ihr aus dem Mantel.
Das letzte Abendmahl.
Er ging mit ihr in die Küche, wo der Tisch schon gedeckt und mit einer kleinen Vase mit roten und weißen Rosen dekoriert war. Sogar die Tischdecke, die sie vor drei Jahren auf einem Flohmarkt erstanden hatten, hatte er aufgelegt.
„Setz dich“, sagte er.
Ella nahm Platz, während Tiny sich zu ihren Füßen niederließ. Dann sah sie zu, wie Jake ihr Hackbraten und Ofenkartoffeln, zusammen mit den Beilagen, auffüllte. Und dazu einen Salat aus dem Delikatessenladen. Salate, und mochten sie auch noch so einfach zuzubereiten sein, stellten eine zu große Herausforderung für Jake dar. Anschließend zog er eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank.
„Champagner?“, fragte sie. Es gab doch gar nichts zu feiern.
„Warum nicht?“ Er schenkte ihre Gläser voll. Dann setzte er sich Ella gegenüber an den Tisch und hob das Glas.
„Worauf trinken wir?“
Schulterzuckend meinte er: „Auf glücklichere Zeiten, vergangene und zukünftige.“
Das war okay. „Auf glücklichere Zeiten“, wiederholte sie und stieß mit ihm an.
Der Hackbraten war köstlich, mit klein geschnittenen Paprika und Zwiebeln gewürzt und mit Barbecuesoße überzogen. Jakes Hackbraten würde sie vermissen. Sie würde eine Menge Dinge vermissen, aber ohne ihn war sie besser dran. Trotzdem, in diesem Moment war es schwierig, sich daran zu erinnern, und mit jedem Bissen, den sie aß, wuchs das schlechte Gewissen. Was natürlich lächerlich war. Sie hatte keinen Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie hatte in dieser Beziehung ihr
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