Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
den Knien. Er wischt ihr die
Stirn mit einem Tuch, und die Augen tränen ihr. Es herrscht ein
starker Geruch nach Lösungsmittel.
    »Was, zum Teufel, tust du da?«
    »Entferne Annas Wanze.«
    »Was ist los, Mama? Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.
Da waren wir doch einer Meinung, nicht?«
    »Tut mir leid, Schatz.« Ich hatte ihre Wanze vergessen.
»Es ist… nur der Geruch. Ich weiß nicht, wie du ihn
aushältst.«
    »Er ist nicht so schlimm… Danke, daß du meinen
Koffer gepackt hast, Mama. Ich hatte erwartet, es selbst tun zu
müssen.«
    Offensichtlich hatte ich ihren Koffer gepackt. »Ja… Nun,
ich hoffe bloß, daß ich nichts Lebenswichtiges vergessen
habe.«
    Anna grinst. »Ich hab nachgesehen. Du hast meinen Schneehut
vergessen.«
    Ich vergesse stets ihren Schneehut. Er ist ein blaues, pelziges
Ungeheuer, und ich hasse ihn. Mark ist mit dem Ablösen fertig
und steht auf, wischt sich die Hände am Tuch ab. Er verkorkt die
Flasche.
    »Wir sollen ganz bestimmt los?«
    »Natürlich. Weshalb denn nicht?«
    »Dir geht’s gut?« Er sieht mich besorgt an.
    »Ich muß an meinem Artikel für Natur arbeiten. Mir wird’s schon gut gehen.«
    Wir sind an der Tür. Ich sage zu Anna: »Vergiß
nicht zu üben. Komm als Rubinstein zurück.«
    »Ich werd mein Bestes geben.«
    »Sei vorsichtig, Mark.«
    »Und du auch. Ich ruf dich an, wenn wir dort sind.«
    »Ich werd dich vermissen, Annielein.«
    »Ist ja nicht lange, Mama.«
    »Ich werd dich vermissen.«
    Das Taxi wartet, und sie gehen den Weg hinab. Wir müssen uns
umarmt haben: ich spüre Annies Wange an der meinen, spüre
ihre weiche Haut. Paß auf, daß sie unversehrt bleibt,
Mark. Gott. Irgend jemand… Es ist ein kalter, grauer, windiger
Morgen. Ein wenig Regen fällt, vermischt mit Graupel. Das Taxi
fährt davon. Ich überlege, wie lange es dauern wird, bis
jemand zum Nachforschen vorbeikommt, sobald ihnen das Verschwinden
von Annas Wanze auffällt. Ich entschließe mich, Oswald
Marton in dem Augenblick davon zu berichten, da ich weiß,
daß sie sich in Sicherheit befindet.
    Ein Bild. Das Telefon in der Küche hängt von der Wand
herab, ist aus der Verankerung herausgerissen. Ich rief NatSich an,
mußte wissen, wo ich Daniel finden konnte. Ich mußte mit
ihm reden, aber niemand hob ab. Es war acht Uhr, verdammt noch mal.
Wann kommen diese Pißnelken denn zur Arbeit?
    Ein weiteres Bild. PIPS hat mir seinen wöchentlichen Bericht
geschickt, hat ihn aus dem Schlitz ausgespuckt, und jetzt ist er
zickzackförmig über den ganzen Fußboden von Marks
Arbeitszimmer verteilt. Ich sammele ihn ein, werfe einen Blick auf
einen Teil des Zeugs, bleibe hängen. Zweitausendfünfhundert
traditionelle Wandervölker sind von UN-Experten für
ausgestorben erklärt worden, die in Dörfern wohnenden Inuit
eingeschlossen. Künstliche Befruchtung ist bis zu ihnen gelangt,
aber ihre Lebensweise war für Frauen allein zu hart. In Spanien
nennen sich Männergruppen Männliche Befreiungsbewegungen
und vergewaltigen Frauen mit Gewehrläufen. Männer sind so
fies. Danno hat nie jemanden vergewaltigt. Es sei denn, die Polizei
hält diese Information ebenfalls zurück.
    Wann wird Anna in Nomansland in Sicherheit sein? Es ist erst acht
Uhr dreißig. Ich sollte an meinem Artikel arbeiten. Was werden
wir wegen meiner gestohlenen Forschungsergebnisse anfangen, wegen Natur, um Anna zu schützen…
    Eine halbe Million Gaianer planen ein Treffen in Amerikas Grand
Canyon. Aus Nordafrika wird von vier weiteren männlichen Babies
berichtet, diesmal von einer Missionarin der Mütteristinnen. Sie
kann man kaum des Wunschdenkens beschuldigen. Das macht sieben. Der
Papst hat sich gegen männliche Masturbation ausgesprochen,
außer wenn sie, zum Zweck einer Zeugung, medizinisch in
Sammelzentren überwacht wird.
    Was wird mit Danno geschehen, wenn er festgenommen, eingesperrt,
vor Gericht gestellt, schuldig befunden und zum Psycho-Engineering
geschickt wird? Sie werden keinen geistigen Kleingärtner aus ihm
machen. Sie werden ihm doch noch etwas Freude lassen, oder?
Männer haben das Psycho-Engineering bekämpft. Wir Frauen
waren hart geblieben. Hinter all ihren Argumenten fürchten die
Männer um ihre Libido. Wollen sie auf Touren bringen. Wir Frauen
hatten wenig übrig für Mörder und Vergewaltiger, die
sie auf Touren bringen wollen.
    Beim Referendum habe ich mit ja gestimmt. Habe nicht nach
Details gefragt. Habe ich Danno etwas Freude gelassen? Ich habe nicht
nachgefragt.
    Neun Uhr. Zeit für einen

Weitere Kostenlose Bücher