MERS
er wies jetzt
darauf hin, daß der Druck auf mich persönlich nachgelassen
hatte, wenn Unikhem selbst mit dem Ball liefe. Ich könnte mich
sogar zurückziehen – mein Team am Institut könnte ohne
mich veröffentlichen und die Patente anmelden.
Er hielt inne… holte vielleicht Atem und gab mir vielleicht
die Zeit, meine Illusionen von Großartigkeit zur Kenntnis zu
nehmen. Wie dem auch sei, ich erfaßte den Sinn – das
Institut konnte ohne mich veröffentlichen: warum hatte ich nicht
zuvor schon daran gedacht? Dann ging er sanft zum nächsten Thema
über, beruhigte meine Ängste um Anna. Es gab nur eine
Sergeant Milhaus, sagte er. Jeder Schritt weg von ihrem
Zuständigkeitsbereich konnte nur zum Besseren führen.
Was die Zeitschrift Natur betraf, so wäre unsere
Abmachung hinfällig, sobald die Ministerin der
Veröffentlichung zugestimmt hatte, und wir würden es ihnen
sagen müssen. Wegen unserer Zuhörer erwähnte das
keiner von uns beiden, aber wir hatten es beide im Sinn.
»Mark«, sagte ich, ehe ich auflegte, »unternimm
nichts, bis ich die Ministerin getroffen habe.«
Ich war früh im Wissenschaftsministerium. Ich bestätigte
meinen Termin bei der Sekretärin der Ministerin. Der Name auf
ihrem Schreibtisch lautete Branka Golbchek.
Sie blickte zweifelnd drein. »Die Ministerin ist noch immer
im Parlament«, sagte sie. »Dr. Marton erwartet
Sie.«
»Ich habe keinen Termin mit Dr. Marton.«
»Die Ministerin ist noch immer im Parlament.«
»Ich werde warten. Ich habe einen Termin mit ihr. Sie hat
besonders darum gebeten.«
»Die Ministerin ist noch immer im Parlament. Tut mir
leid.«
Es tat ihr nicht leid. Branka Golbchek war Sekretärin einer
Politikerin, taub und blind, jedoch mit feiner Spürnase für
alles, was ihrer Arbeitgeberin zum Vorteil gereichte. Diese Nase
hatte ihr gesagt, daß ich Schwierigkeiten bedeutete. Dennoch
nahm sie meine Jacke entgegen und ließ mich ins Privatbüro
der Ministerin, was ich als gutes Zeichen erachtete. Ich war zuvor
schon in Institutsangelegenheiten, während Jahrestreffen,
für Fortschritts- und Rechenschaftsberichte hier gewesen. Es war
grün und seidig glänzend, moderne, fließende
Übergänge, ruhig: ich hätte zufrieden hier gewartet,
bis die Ministerin bereit gewesen wäre.
Dann, weit hinten über dieses Ausmaß an ministeriellen
Privilegien hinweg, sah ich Dr. Marton hinter dem Schreibtisch der
Ministerin. Es war ein großer Schreibtisch für eine
große Frau, und da Marton ein kleiner Mann war, gereichte ihm
der Tisch nicht zum Vorteil. Die Ministerin begeisterte sich für
Körperkontursessel, freie, große Arbeitsbereiche, und ein
riesiges, auf Licht reagierendes Fenster blickte über den Park
hinaus. Wie sie mir gesagt hatte, war es gegen Abhörwanzen
alarmgesichert. Sie hatte viel für Hi-Tech übrig und
benutzte ein persönliches Kommunikationsnetz: es war kein
Telefon zu sehen. Der Schreibtisch erinnerte mich an den Arbeitsplatz
eines Nachrichtensprechers im Fernsehen.
Ohne seine Antiquitäten und seine Utensilien der Macht verlor
Dr. Marton entschieden an Wirkung, sie belief sich fast auf Null. Was
mich nicht zuversichtlicher stimmte. Er trat rasch hinter dem
Schreibtisch hervor, und wir schüttelten einander die Hand.
»Dr. Kahn-Ryder. Mitten in Ihrem Urlaub. Wie gut, daß
Sie gekommen sind.«
Mir war kaum eine andere Wahl geblieben. Dennoch hatte es keinen
Zweck, gleich eine säuerliche Note anzuschlagen.
»Urlaub, Dr. Marton?« Von Mensch zu Mensch. »Wann
haben staatliche Angestellte wie wir jemals Urlaub?«
Er hob den Kopf und hockte sich bequem auf die geschwungene Kante
des Schreibtischs. Dort wirkte er beeindruckender.
»So setzen Sie sich doch!«
Ich setzte mich. Aus dem niedrigen Sessel heraus wirkte er noch
beeindruckender.
»Die Ministerin läßt sich entschuldigen. Die
Opposition veranstaltet eines ihrer kleinen Melodramen, und sie kann
nicht weg. Sie treiben es bis zu einer Abstimmung, und sie wird
benötigt, damit diese im Sinne der Regierung
ausfällt.«
»Ich werde später zurückkehren.«
»Die Debatte könnte die ganze Nacht lang
dauern.«
»Dann morgen.«
»Dr. Kahn-Ryder, Urlaub oder nicht, Sie sind eine
beschäftigte Frau, ebenso wie die Ministerin. Ich kenne ihre
Gedankengänge. Sie hat mich gebeten, Ihnen gegenüber ihr
Mitgefühl auszudrücken.«
Wir hatten nicht den vergangenen Donnerstag. Ich würde nicht
zu Kreuze kriechen. »Das reicht nicht aus, Dr. Marton. Es hat da
eine Entwicklung
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