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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Gerade von ihm nicht.
    Mitgefühl? Seitens Dr. Marton? Ich hätte es besser
wissen müssen.
    Sein ergrauendes Haar war wegen des Ärgers durcheinander
geraten. Er glättete es. »Wenigstens kennen wir jetzt die
Quelle Ihres Lecks«, sagte er barsch und rieb sich die
Hände. »Vermutlich glaubte Dr. Volkov, sie stünde vor
einer Enttarnung und hat diese Geschichte erfunden,
um…«
    »Vermutlich nichts desgleichen, Dr. Marton.« Ich
ließ mich erschöpft nieder. »Ich werde sie fragen.
Sie wird mich nicht erneut anlügen. Und jedenfalls…«
– ich sprach hastig weiter, ließ ihn nicht zu Wort kommen
-»jedenfalls, nichts davon ändert etwas an der Tatsache,
daß wir jetzt veröffentlichen müssen, auf der Stelle,
ehe Unikhem die Patente anmelden kann.«
    »Im Gegenteil, Dr. Kahn-Ryder, das macht es um so
wesentlicher, daß unsere Forschungsergebnisse hieb- und
stichfest sind, ehe wir wirklich veröffentlichen.« Er
umrundete den Schreibtisch der Ministerin und setzte sich in ihren
Sessel. Erschlafft beobachtete ich ihn. Gleich, was er sagte, er
wußte, daß ich geschlagen war.
    »Dr. Kahn-Ryder, ich habe vergangenen Donnerstag nicht
leichtfertig gesprochen, als ich gesagt habe, daß wir vom
Ministerium die Ohren offenhalten. Die Leute von Unikhem sind nicht
die einzigen, die sich auf Ihren Weg begeben haben. Unter Druck
könnten mehrere Unternehmen der Ansicht sein, daß sie
etwas zusammenschustern, uns plagiieren können. Aber Sie
müssen mir glauben, wenn ich Ihnen sage, daß sie es nicht
können. Wesentliche Punkte fehlen. Glauben Sie mir…«
Er ließ das Kinn auf den zusammengelegten Fingerspitzen ruhen.
»Darum lassen wir diese Sache bei Unikhem laufen. Wir
hätten sie jederzeit unterbinden können, indem wir die
Sicherheitsvorkehrungen verstärkt hätten. Aber es bestand
keine echte Gefahr, und es bestand stets die Hoffnung, daß Ihre
Spionin sich selbst entlarven würde – wie jetzt geschehen.
Und inzwischen…«
    Ich ließ ihn weiterreden. Bald würde er mich daran
erinnern, daß ich noch immer nicht veröffentlichen durfte,
daß die Ministerin besorgt war, daß ich nicht daran
denken sollte, die Sicherheitsvorschriften zu brechen, daß ich
bescheiden ins Labor zurückgehen, meine Hausarbeiten erledigen,
in sechs Monaten meinen Antrag erneut stellen sollte…
    Durfte ich es wagen, die Vorschriften zu brechen? Es gab einen
sicheren Ort für Anna, aber wir mußten sie immerhin noch
dorthin bringen. Und warum sollten wir uns die Mühe machen? Wenn
Martin bei der Gegenseite recht hatte, wäre eine sechsmonatige
Verzögerung so furchtbar? Freiheit der Wissenschaft? Diese
verdammten Bauersfrauen auf ihren verdammten Feldern?
    »… also schlägt die Ministerin für die
Zwischenzeit Schutzhaft vor.«
    Martons Worte brachten mich zurück. »Was haben Sie da
gesagt?«
    »Schutzhaft. Für Ihre Tochter Anna.«
    »Schutz wovor?«
    »Das habe ich bereits verdeutlicht.«
    »Verdeutlichen Sie es erneut!«
    »Um Himmels willen!« Er schüttelte den Kopf. Er
hatte mir eine Standpauke gehalten, und ich hatte ihn vor den Kopf
gestoßen. Er hatte mich schon verstanden. »Sie haben die
Sache mit der SPU selbst zur Sprache gebracht, Dr. Kahn-Ryder. Und
diese Computerzeit nach Deutschland macht sich nicht sehr gut…
Ich beschuldige Sie nicht, ich sage bloß, wie es wirkt.«
Er hielt inne, zog meine Aufmerksamkeit auf sich. »Und die SPU
besitzt einige ausgezeichnete loyale Elemente.«
    Ich lächelte. »Übereifrig.«
    »Bitte?«
    »Übereifrig.« Seine Schärfe war dahin. Zuvor
hatte er mich fertiggemacht. Jetzt schlug mein Ärger
zurück. Schutzhaft? »Übereifrig war das Wort,
das Sergeant Milhaus benutzte. Officers bei der SPU. Übereifrig,
wie sie selbst.«
    »Ist ein Sergeant Milhaut der Officer gewesen, der Sie
bedroht hat?«
    »Haus. Milhaus. Sergeant Milhaus.« Ein armseliger
Versuch, das Unschuldslamm zu spielen – ich glaubte ihm kein
Wort. Alter Mistkerl! »Den Officer, den Sie geschickt haben, Dr.
Marton. Der Officer, der die Katze meiner Tochter getötet hat.
Ihr die Kehle durchgeschnitten hat.«
    Er lachte leicht und schwenkte den Sessel der Ministerin auf
entwaffnende Weise herum. »Ich versichere Ihnen, Dr.
Kahn-Ryder…«
    Es war, als ob ich tatsächlich spürte, wie meine Wut
anschwoll. Anschwoll. »Was wollen Sie mir damit sagen,
Marton… Sie wollen mir tatsächlich weismachen, daß
die Ministerin beabsichtigt, meine Tochter Anna in Schutzhaft zu
nehmen, weil sie nicht garantieren kann, Sergeant Milhaus im

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