Messewalzer
zusammen. Den Wein kaufte er in Löhrs Carré bei seinem Freund Markus im InVino. Er ging gerne in diesen urigen Weinladen, weil man dort auch für wenig Geld einen guten Wein bekommen konnte.
Bewaffnet mit einem Blumenstrauß und einer Flasche Rosé, stand er pünktlich um acht Uhr vor Lianes Haustür in der Ferdinand-Lassalle-Straße.
Als sie die Wohnungstür öffnete, krochen ihm das Aroma von leckerem Fisch mit feinen Gewürzen und der angenehme Duft des Zitronenrisottos in die Nase. Sie begrüßten sich mit einem Kuss auf die Wange.
Auf dem Gelände der alten Messe waren die CageFight-Begegnungen in vollem Gange. Die Luft in der Halle war geschwängert vom Rauch unzähliger Zigaretten. Die Bierleitungen glühten und das Publikum schien die Kämpfe, die an diesem Abend geboten wurden, zu genießen. Ein lautes und ausgelassenes Grölen demonstrierte das allgemeine Wohlbefinden eindrucksvoll. Inzwischen hatten die Finalkämpfe begonnen. In dem achteckigen Ring, der an den Seiten mit einem Maschendrahtzaun umgeben war, wurde ein Kämpfer serbischer Herkunft vorgestellt. An seinem Hals waren zwei auffällige Tätowierungen zu sehen, eine Spinne und ein Vampirbiss. Sein drahtiger Körper schien ausschließlich aus Knochen und Muskeln zu bestehen. Der Kämpfer verzog keine Miene. Nicht einmal ein leichtes Zucken seines Mundes war zu erkennen, als er den Handschuh, der seine Fingerkuppen freiließ, zur Begrüßung des Publikums kurz in die Höhe streckte. Sein markantes Kinn, sein leicht vorstehender Unterkiefer und der Rest seines Gesichtes erschienen wie gelähmt.
Der Kampf dauerte nicht lange. Schon nach wenigen Sekunden konnte der Serbe bereits einen Fußtritt am Kopf des Gegners landen. Sein deutlich benommener Widersacher kam ins Taumeln. Diese Schwächephase nutzte der Serbe, um ihm dreimal hintereinander sein Knie ins Gesicht zu rammen. Blut floss aus der Nase und den aufgeplatzten Augenbrauen. Der schon wehrlose Kämpfer ging zu Boden. Nachdem der Serbe ihn noch mehrmals heftig ins blutende Gesicht geschlagen hatte, brach der Richter den Kampf ab. Der Serbe wurde zum Sieger erklärt. Die Massen jubelten und warteten ungeduldig auf die nächsten Gladiatoren. Kroll pickte mit seiner Gabel das letzte Stück Seeteufelfilet auf und zog es genüsslich durch die Soße. Als auch dieser Bissen vertilgt war, ließ er sich auf seinem Stuhl zurückfallen. »Es war wirklich außergewöhnlich lecker. Ich habe viel zu viel gegessen. Aber bei so einem Hochgenuss kann ich mich wirklich nicht bremsen!«
Liane musterte auffällig seinen Oberkörper. »Na komm schon! Bei dir ist doch wirklich noch genug Platz für ein paar Seeteufelchen.«
Kroll faltete die Serviette zusammen und prostete ihr mit dem Weinglas zu. »Du musst dich gerade melden! Du kannst wahrscheinlich essen und trinken, wie du willst, ohne zuzunehmen. Ich muss danach immer in den Wald laufen oder den Sandsack bearbeiten.«
»Meine Figur ist ein gutes Thema …«, nahm Liane den Faden auf.
Kroll überlegte einen Moment, ob er etwas Falsches gesagt hatte, konnte sich aber nichts vorwerfen.
Liane trank nachdenklich ihren Wein, fixierte Kroll aber weiterhin mit ihren Augen. »… ich bin jetzt bald für eine Woche weg.«
Kroll sah sie fragend an.
»Ich werde nach Hamburg fahren und mir den Busen vergrößern lassen!«
Kroll schüttelte den Kopf. »Aber das hast du doch überhaupt nicht …«
Liane winkte ab. »Es war Willis Wunsch! Oder besser gesagt, am Anfang war es eher mein Wunsch. Ich habe ihn lange überreden müssen, aber irgendwann war er davon ebenso überzeugt wie ich. Ich bin platt wie Holland. Ich möchte gerne auch mal ein Kleid anziehen oder irgendein anderes Kleidungsstück, bei dem man ein schönes Dekolleté zeigen kann.«
Kroll wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Er hatte keine Lust, diese sehr persönliche Entscheidung, die Liane mit Willi Lachmann getroffen hatte, zu kommentieren. Er zuckte mit den Schultern. »Wenn du meinst.«
Liane gab sich mit diesem Kommentar nicht zufrieden. Sie nippte abermals an ihrem Weinglas. »Ich erzähl dir das aus einem ganz bestimmten Grund. Ich möchte einfach wissen … also mich würde interessieren, ob dich das stört. Also, ob du damit Probleme hast, wenn eine Frau einen solchen Eingriff vornehmen lässt!«
Kroll versuchte, sich seine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. Die Frage war ihm unangenehm, weil sie offensichtlich einen bestimmten Zweck verfolgte. Er hatte den Verdacht, dass
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