Messewalzer
ein wenig auf. Der Rücken schien ihm wehzutun. »Nun ja, als ich zurückkam, da kam mir dieser junge Mann …«, er schüttelte sich, »… der sah aus wie der Leibhaftige persönlich, der jedenfalls kam mir entgegen.«
Herr Badstuber hielt inne. »Ich habe sofort gesehen, dass da etwas nicht stimmte. Der hatte Frau Mühlenberg am Arm gegriffen und schob sie förmlich vor sich her. Ich wäre auch fast umgefallen, wenn ich nicht im letzten Moment das Geländer erwischt hätte!« Der Rentner sah die Polizisten an und wartete einen Moment, ob sie eine Frage hatten. Kroll gab ihm ein Zeichen, fortzufahren.
»Es ging alles so schnell! Aber als dieser Unhold Frau Mühlenberg an mir vorbeiquetschte, konnte ich ihr Gesicht sehen. Er hat sie geschlagen. Ein Auge war ganz rot und die Nase blutete … ja, wie gesagt, alles ging so furchtbar schnell! Der schubste Frau Mühlenberg die Treppe herunter. Ich bin schnell in meine Wohnung und habe die Polizei angerufen.«
Kroll merkte, dass die Schilderung des Vorfalls den alten Mann verängstigte. Er fühlte sich in seiner Wohnung jetzt auch nicht mehr sicher.
»Das haben Sie genau richtig gemacht«, beruhigte ihn Kroll. »Können Sie den Mann beschreiben?«
Badstubers Augen weiteten sich vor Schreck. »Der sah aus wie der fleischgewordene Satan! Er hatte ganz kurze Haare, weiß wie Schnee. Viel mehr habe ich nicht gesehen, außer seinen abscheulichen Hals.«
»Abscheulicher Hals?«, wiederholte Kroll.
»Eine Spinne und etwas, das wie ein spitzer Zahnabdruck aussah!«
»Waren das Tätowierungen?«, hakte Kroll nach.
Badstuber zuckte mit den Achseln. »Die Spinne vielleicht, aber der Zahnabdruck?« Der alte Mann war der Situation erkennbar nicht mehr gewachsen. »Vielleicht hat den wirklich was gebissen!«
»Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«, fragte Kroll.
Badstuber wedelte mit dem Zeigefinger. »Oh nein. Wie ich bereits sagte, ich bin stehenden Fußes in meine Wohnung zurück.«
»Ist die Fahndung raus?«, wandte sich Kroll an Wiggins.
»Na klar, habe ich sofort veranlasst. Die Befragung der Nachbarschaft läuft . Wir versuchen gerade herauszufinden, mit welchem Fahrzeug, sicherlich mit einem Auto, der Täter mit Liane geflüchtet ist. Wir haben alle verfügbaren Leute vor Ort. Gleich kommt ein Kollege vom Erkennungsdienst und wir werden versuchen, ein Phantombild zu erstellen. Die Fernsehsender wurden bereits durch Reis vorab informiert.«
Kroll bedankte sich bei Herrn Badstuber und bedeutete Wiggins, ihm ins Treppenhaus zu folgen. »Die Tätowierungen sind unsere große Chance. Es gibt bestimmt nicht viele Menschen, die auf dem Hals eine Spinne und einen Vampirbiss haben und dazu noch kurze, sagen wir mal helle Haare.«
»Hältst du die Beschreibung von Badstuber für belastbar?«, fragte Wiggins skeptisch. »Der ganze Kram mit dem Satan ist doch sicher nur Einbildung.«
»Ja, aber die Tätowierungen hat der alte Mann sich mit Sicherheit nicht ausgedacht. Außerdem haben wir nicht mehr!«
Kroll rieb sich die Augen. »Wie sieht’s in der Wohnung aus?«
»Keine Einbruchspuren! Aber es hat offensichtlich ein Kampf stattgefunden. Das würde mit der Aussage von Badstuber übereinstimmen, dass Liane geschlagen wurde. Es ist ziemlich viel durcheinander. Ob was fehlt, wissen wir natürlich nicht. Aber ich gehe ohnehin nicht davon aus, dass diese Entführung irgendetwas mit den Wertgegenständen in der Wohnung zu tun hat.«
»Sondern?«, fragte Kroll.
Wiggins antwortete mit einer Gegenfrage. »Haben wir schon das Ergebnis der Blutuntersuchung?«
Krolls Augen blitzten auf. »Du willst jetzt wissen, ob Liane tatsächlich die Tochter von Annemarie Rosenthal ist?«
»Das wäre zumindest ein plausible Erklärung«, antwortete Wiggins. »Es wird doch jetzt alles neu aufgerollt. Ehrentraut und vor allem der Mord an Annemarie Rosenthal. Wenn Liane wirklich ihre Tochter ist, dann war und ist sie eine wichtige Zeugin und damit eine Gefahr für den Täter.«
Kroll überlegte einen Moment, ob er Zweifel anmelden sollte, entschied sich aber dann doch, die Angelegenheit sofort zu klären. Er nahm sein Handy und wählte eine abgespeicherte Nummer. »Ich war noch nicht in meinem Büro und weiß gar nicht, was alles auf meinem Schreibtisch liegt«, sprach er in den Hörer.
»Das Labor ist sich ganz sicher«, berichtete er, nachdem er aufgelegt hatte. »Die DNA von Lianes Tränenflüssigkeit und von Annemarie Rosenthals Gebiss hat definitiv keine Übereinstimmungen. Sie ist
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