Messewalzer
sie ungefähr 1.000 mal beantwortet hatte. Zudem seien zahlreiche Mitarbeiter von allen möglichen Behörden bei ihr gewesen, die korrekte Bezeichnung wusste sie nicht mehr, und hätten sie mit denselben Fragen konfrontiert. Aber selbstverständlich würde sie auch heute den Polizisten ein weiteres Mal antworten, wenn es denn der Wahrheitsfindung diente.
Kroll bedankte sich für ihr Verständnis. »Zunächst würde uns Ihre persönliche Einschätzung interessieren. Ist Lars Ehrentraut durch einen Unfall gestorben?«
Die Antwort kam ohne Zögern. »Auf keinen Fall!«
»Warum sind Sie sich so sicher?«
»Lars war ein Sportler durch und durch. Dem Fußball hatte er alles untergeordnet. Einfach alles: Der Sport stand für ihn an erster Stelle … und an zweiter … und an dritter. Er hat trainiert wie ein Wilder, und damit meine ich nicht nur das Vereinstraining. Nebenbei ist er noch gelaufen, hat Sonderschichten am Kopfballpendel eingelegt, Medizinbälle, und, und, und. Wussten Sie, dass er den Bremen-Marathon unter vier Stunden gelaufen ist?«
Kroll und Wiggins schüttelten die Köpfe. Senta Kuttner nahm den Faden wieder auf. »Na ja, zu seinem Fitnessprogramm gehörte unter anderem eine optimale Ernährung. Und da spielte Alkohol absolut keine Rolle. Die Biere, die er während unserer Ehe getrunken hat, kann ich an meinen Fingern abzählen!«
Kroll wurde nachdenklich. »Hat Ihr damaliger Mann erwähnt, dass er sich bedroht fühlte?«
Senta Kuttner nickte. »Er fühlte sich ständig bedroht, ständig beobachtet. Er konnte aber nie etwas Konkretes sagen. Kannte keine Gesichter und erst recht keine Namen. Es war mehr so ein Gefühl, vielleicht eher eine Angst.« Sie schaute nachdenklich aus dem Fenster. Die Erinnerung hatte sie abermals eingeholt. »Ich wusste gar nicht, wie ich die Sache einzuschätzen hatte und vor allem wusste ich nicht, wie ich mich verhalten soll. War es nur so eine Art Verfolgungswahn oder steckte mehr dahinter? Es war auf jeden Fall eine schwierige Situation für uns beide.«
Sie stand auf, stellte drei Tassen auf den Tisch und schenkte den Kaffee ein. »Ich hatte ja auch keine Ahnung von den ganzen Dingen. Ich wurde in Bremen geboren und habe mich in jungen Jahren in einen Fußballprofi verliebt.«
Es trat einen Moment Stille ein. Senta Kuttner sah die Polizisten mitleidig an. »Ich habe mir gleich gedacht, dass ich Ihnen nicht behilflich sein kann. Es ist sehr schade. Glauben Sie mir. Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, den Mörder von Willi Lachmann zu finden. Ganz ehrlich! Ich habe ihn als Schriftsteller sehr geschätzt. Habe alle seine Romane gelesen – und als ich ihn persönlich kennengelernt hatte, war er mir gleich sympathisch. Das war wirklich ein netter Kerl!«
Kroll setzte die Kaffeetasse ab. »Sie kannten Willi Lachmann persönlich?«
»Ja, er war vor etwa einem Jahr hier.« Senta Kuttner lächelte verlegen. »Der hat die gleichen Fragen gestellt wie Sie. Aber ich fürchte, auch dem konnte ich nicht mehr erzählen, als er ohnehin recherchiert hatte. Die Medien waren eben sehr eifrig und sehr gründlich gewesen.«
»Was wollte er genau von Ihnen wissen?«, wollte Wiggins wissen.
Senta Kuttner verdrehte die Augen. »Das sind doch immer die gleichen Fragen: ›Wissen Sie, wer ihn umgebracht hat? Hat er Ihnen etwas erzählt? Ist Ihnen etwas aufgefallen?‹ Und so weiter, und so weiter.« Sie hob den Zeigefinger der rechten Hand und machte große Augen. »Aber in einer Sache war er doch schlauer als alle anderen. Er wollte alle Fotoalben durchsehen, die ich von Lars hatte.«
Kroll sah Frau Kuttner erwartungsvoll an. »Und? Hat er was gefunden?«
»Ja, ein Foto hat ihn besonders interessiert. Das habe ich ihm geschenkt. Ich habe doch so viele Bilder von Lars. Da konnte ich nun wirklich eines entbehren. Und für Willi Lachmann … dem tut man doch gerne einen Gefallen!«
»Können Sie uns das Album bitte einmal zeigen?«, bat Wiggins.
»Natürlich.« Senta Kuttner stand auf und ging ins Wohnzimmer. Wenig später kam sie mit einem dicken Fotoalbum zurück. Sie legte es auf den Tisch und die Kommissare fingen sofort an zu blättern.
»Die Fotos habe ich beim letzten Pokalsieg gemacht. Ich saß auf der Tribüne bei den anderen Spielerfrauen. Erst kommen ein paar Schnappschüsse vom Spiel, dann die Siegerehrung und dann die Feier. Achten Sie mal drauf, Lars hat auf der Pokalfete kein einziges Bierglas in der Hand.« Sie lächelte. »Er hat mich sogar noch nach Hause
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