Messewalzer
wir hier?«, fragte Kroll.
»Zwei Mann sind drinnen und sondieren die Lage.« Reis deutete auf eine Gruppe von acht Personen, die zehn Meter entfernt stand. »Diese Kollegen sind vom SEK. Sie werden den Zugriff durchführen, sobald Goran das Lokal verlässt. Das muss reichen. Mehr können wir nicht riskieren.«
Kroll atmete tief durch. Er war alles andere als beruhigt. Spätestens seit dem Aufeinandertreffen in der alten Brauerei wusste er, dass Goran eine tickende Bombe war: ein ausgebildeter Kampfsportler, rücksichtslos und brutal. Sein eigenes Leben schien ihn nicht im Geringsten zu interessieren.
Goran saß an einem kleinen Tisch am Fenster und aß die restlichen Pommes Frites, die er in Ketchup tauchte. Er war unruhig. Andauernd sah er aus dem Fenster und drehte sich um. Sein rechter Fuß trommelte unaufhörlich auf den Boden.
Die beiden Beamten, die sich im McDonald’s befanden, hatten sich im Erdgeschoss etwas zu essen gekauft, der Einfachheit halber ein Menü mit Getränk. Die orangefarbenen Tabletts vor sich hertragend, gingen sie vorsichtig die Treppe hinauf. Auch für sie war das alles andere als ein Routineeinsatz. ›Lasst euch bloß nicht anmerken, dass ihr Polizisten seid!‹‹, hatte der Staatsanwalt gesagt. Wenn das immer so einfach wäre.
Eine Horde grölender Schulkinder rannte die Treppe hinunter. Zwei Kinder rempelten einen der Beamten an. Sein Tablett wackelte, der Colabecher zappelte hin und her, fiel aber nicht herunter. Der Polizist atmete tief durch. Gerne hätte er sich den Schweiß von der Stirn gewischt, hatte aber keine Hand frei. Sie gingen nach oben.
Als sie das Obergeschoss erreicht hatten, blieben sie einen Moment stehen und taten so, als würden sie einen freien Platz suchen. Sofort erkannten sie Goran. Ihre Blicke trafen sich aber nicht. Glücklicherweise wurde direkt hinter Goran gerade ein Tisch frei. Die Beamten gingen den Gang entlang. In wenigen Sekunden würden sie ihn passieren.
»Im Nachhinein frage ich mich, ob es richtig war, zwei männliche Beamte in das Schnellrestaurant zu schicken«, zweifelte Reis draußen. »Vielleicht ist das doch zu offensichtlich. Zwei Männer! Ein Mann und eine Frau wären sicherlich unauffälliger gewesen!«
Kroll zuckte mit den Achseln. »Was soll’s. Ich denke, das ist momentan eh egal!«
Der vordere Beamte im Restaurant war jetzt auf einer Höhe mit Goran, keinen halben Meter von ihm entfernt. Seine Arme wurden steif vor Aufregung. Das Tablett fing leicht an zu zittern, sodass der Colabecher wackelte. Goran drehte sich um und sah ihm direkt in die Augen. Der Polizist beschleunigte seinen Schritt und ging auf den freien Tisch zu.
Der andere Beamte spürte, wie sich unzählige Schweißperlen auf seiner Stirn sammelten. Im Schneckentempo ging er hinter seinem Kollegen her, das Tablett fest umklammert. Goran hatte einen Kaffeebecher in beide Hände genommen und die Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt. Sein Blick schien über den Becherrand durch den ganzen Raum zu wandern, wie der Leuchtkegel einen Scheinwerfers.
Der Polizist traute seinen Augen nicht, als ein kleiner Junge auf sie zugerannt kam und sich zwischen ihnen hindurchdrängte. Ein Arm berührte das Tablett, die Cola fiel zu Boden.
»Kannst du nicht besser aufpassen, du Blödmann!«, schrie ihm der Beamte mit bebender Stimme hinterher. Der Junge drehte sich auf dem Treppenabsatz kurz um und zeigte lachend den Mittelfinger.
Eine Mitarbeiterin des Restaurants kam schnell mit einem Eimer und einem Aufnehmer zu Hilfe.
»Das ist mir wirklich sehr unangenehm, aber …«
»Kein Problem!«, erwiderte sie. »Sie können mir glauben, ich habe hier schon Schlimmeres erlebt als eine umgekippte Cola.«
Während des Gespräches mit der Angestellten hatte der Polizist sich einen Moment vorgebeugt. In diesem winzigen Augenblick wurde der obere Trägergurt seines Waffenhalfters sichtbar. Nur ein Stückchen Kunstleder, nicht mehr.
Aber Goran war es nicht entgangen. Ruhig ließ er seine rechte Hand unter die Tischplatte gleiten. Links hielt er noch immer den Kaffeebecher und beobachtete den Raum. Das Klappmesser, das er aus seinem Stiefelschaft holte, versteckte er in der flachen Hand. Dann stellte er den Kaffeebecher auf den Tisch und legte die Hände zusammen, als würde er beten. Erneut sah er sich um.
Von hinten kam ein Mädchen auf ihn zu, das er auf circa 13 Jahre schätzte. Sie wollte die leeren Verpackungen ihrer Mahlzeit entsorgen.
Goran stand auf und ging zu dem
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