Messi
Daran muss Messi denken, wenn er ganz oben steht.“
34 Der lange Weg zum Gold
22. Mai 2008
„Ich bin aufgeregt, weil es die argentinische Nationalmannschaft ist. Und ich habe immer gesagt, dass ich für mein Land spielen will. Es sind die Olympischen Spiele … das ist eine Gelegenheit, die ein Spieler nur einmal in seiner Karriere bekommt, wenn er sie überhaupt bekommt, nicht wahr? Vielleicht bekomme ich die Chance, dabei zu sein, und ich würde liebend gerne hinfahren. Was wäre, wenn es einen Konflikt mit dem Verein gäbe? Ich glaube nicht, dass es einen geben wird. Ich schätze, dass der Verein meine Gefühle versteht und … dass es keine Probleme gibt.“
Es ist kurz nach halb zwei Uhr nachmittags an einem grauen Donnerstag. Im Hesperia Tower Hotel nahe Barcelonas Flughafen El Prat herrscht ein ziemlicher Auflauf. Heute kommt der Kader der argentinischen U23 erstmals zusammen. Damit beginnt für die Jungs von Sergio „Checho“ Batista das olympische Abenteuer. Es herrscht ein großes Hallo zwischen den Spielern, Trainerstab und Journalisten. Letztere haben sich nun schon seit einer ganzen Weile im Foyer in Stellung gebracht, um ein Interview zu bekommen.
Nach einer anstrengenden ersten Trainingseinheit folgt eine Prozession weißer Hemden in Richtung Speisesaal. Nach dem Essen findet in dem riesigen Auditorium eine Pressekonferenz statt. Theoretisch handelt es sich dabei lediglich um eine Veranstaltung im Vorfeld des Freundschaftsspiels zwischen Argentinien und der katalanischen Auswahl, das zwei Tage darauf, am Samstag, den 24. Mai, im Camp Nou stattfinden soll. Die Ankündigungsplakate stilisieren es zu einem Aufeinandertreffen zwischen zwei noch sehr jungen Barça-Stars hoch – auf der einen Seite Lionel Messi, auf der anderen der serbischstämmige Bojan Krki ć . Doch der 17-Jährige aus dem katalanischen 3.000-Seelen-Nest Linyola wird nicht auf dem Platz stehen. Der katalanische Auswahltrainer Pere Gratacós setzt ihn lieber nicht ein, hat Bojan doch gerade mit der Begründung, erschöpft zu sein, den Ruf von Luis Aragonés abgelehnt, mit Spanien an der Europameisterschaft teilzunehmen. Leo aber ist da und wird zur Hauptfigur vor den dichtgedrängten katalanischen und argentinischen Journalisten. Batista sitzt neben ihm und beobachtet die Reporter, die Leo mit Fragen zu allen aktuellen Themen beim FC Barcelona löchern: zum neuen Trainer und zu den möglichen Abschieden von Ronaldinho und Deco – zwei ihm sehr nahestehende Mannschaftskollegen. Schließlich aber kommen die Presseleute doch noch auf das Thema Olympische Spiele zu sprechen. Messi redet ganz offen mit ihnen. Er will nach Peking fahren. Er glaubt auch nicht, dass sein Fehlen bei Barças Qualifikationsspielen für die Champions League das Team allzu sehr schwächen wird (das Hinspiel soll am 12. oder 13. August stattfinden, das Rückspiel am 26. oder 27. August, und der Gegner ist noch unbekannt). Ganz im Gegenteil betont er, „dass Barcelona nicht allein von mir abhängig ist, um Spiele zu gewinnen. Man will dort eine Mannschaft zusammenstellen, die den Sieg in allen Wettbewerben anstrebt. Ich glaube nicht, dass es viel ausmachen wird, wenn einmal ein Spieler fehlt.“ Messi ist überzeugt, dass sowohl der Verein als auch die Fans von Barça seine Entscheidung verstehen werden.
Damit liegt er falsch. Sehr falsch. Das wird augenblicklich deutlich, wenn man die Kommentare der im Raum Anwesenden hört. Mögen die aus Buenos Aires angereisten Journalisten auch zufrieden mit der von Leo vertretenen Position, der Verkündung seines olympischen Traumes, sein – die katalanischen Pressevertreter jedenfalls sind angesäuert. Barça hat bereits die beiden letzten Spielzeiten verkorkst. Die einstmaligen Titel sind inzwischen vergessen. Die Mannschaft, die einmal der ganzen Welt imponierte, hat sich unter Kabinenstreitigkeiten aufgelöst. Ronaldinho hat schon seit Monaten keine Schlagzeilen mehr gemacht. Frank Rijkaard, Trainer und fünf Jahre lang Dirigent des Orchesters, ist entlassen worden. Gleichzeitig wurde der Abschied jener Superstars verkündet, die den FC Barcelona in der Champions League und in der Meisterschaft einst zum Titel führten. Kurzum: Barça steckt in einer Krise. In solchen Zeiten fällt es schwer, Leos Entscheidung zu akzeptieren. „Aber wie … soll Barcelona die Champions-League-Qualifikation ohne ihn spielen? Wer bezahlt ihn eigentlich, Barça oder Argentinien?“ Auch der mögliche „Mega-Vertrag“ über acht
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