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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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nach etwa zehn Minuten, »ich bin eine ganz schöne Plaudertasche, was? Erzähl mir von dir, Lucy. Wo kommst du her?«
    Was konnte ich schon machen? Das hier war nicht wie bei Manolis. Ich konnte Lucy nicht unbemerkt Stichwörter geben. Ich konnte nur darauf hoffen, dass ihr kein ernsthafter Patzer unterlaufen würde.
    Lucy zögerte. Stacey strahlte sie an. Staceys griechischer Schwager stand hinter ihr und lächelte aus reiner Solidarität ebenso breit, obwohl er kein Wort verstand. Selbst der Vertreter am anderen Ende des Raums lächelte uns über seine gesenkte Zeitung hinweg wohlwollend zu.
    DAS HEILIGE KONSTANTINOPEL IST …
    Lucy lächelte zum Dahinschmelzen. »Ich komme aus Wiltshire«, sagte sie in ihrem zuckersüßen, ländlichen Englisch. (Gut gemacht, Lucy, dachte ich, gut gemacht.) »Unser Vater war der Chef des örtlichen Postamts«, fuhr sie fort, »und ich hatte drei Schwestern. Wir waren sehr ungezogene Mädchen und haben immer gern die Jungs aufgezogen. Manchmal, wenn wir zur Schule gegangen sind, haben wir unsere Kleider …«
    Doch glücklicherweise hörte Stacey schon gar nicht mehr hin.
    »Wiltshire!«, rief sie. »Na so was! Meine Großmutter hat in Wilton gewohnt. Und wir gleich in Dorset. Wo genau in Wiltshire bist du denn aufgewachsen, Lucy?«
    Lucy starrte sie an, bis Staceys Lächeln schließlich unsicherer wurde. Dann erwiderte Lucy das Lächeln, ohne die Frage beantwortet zu haben. Ein Lächeln war ermutigend für sie. Ein Lächeln bedeutete, dass sie etwas richtig machte.
    »Manchmal, auf dem Weg zur Schule, haben wir …«
    »Faraday war das, nicht wahr, Lucy?«, unterbrach ich sie. »Das Dorf, aus dem du kommst, heißt Faraday.«
    »Faraday?«, sagte die einsame Engländerin. »Davon habe ich noch nie gehört, glaube ich. Was ist denn da in der Nähe?«
    Ich war ein amerikanischer Illyrier. Ich hatte keine Ahnung, ob Wiltshire im Norden, Süden, Osten oder Westen lag oder um was für eine geografische Einheit es sich dabei überhaupt handelte.
    »Ziemlich in der Nähe von Liverpool«, riet ich. Das war eine der vier oder fünf englischen Städte, die ich vom Namen her kannte.
    Stacey wirkte verwirrt. Selbst der Hotelier Takis hinter ihr bemerkte das, und seine Miene wirkte mit einem Mal unbehaglich und weniger freundlich. Der Vertreter lächelte nun nicht mehr. Er schaute uns bloß mit der Zeitung in den Händen an.
    DAS HEILIGE KON…
    Lucy sah, dass Staceys Begeisterung verflogen war. Etwas Neues musste her, um sie wieder aufzumuntern.
    »Soll ich mich ausziehen?«, fragte sie zuckersüß.

Kapitel 43
    W ir fuhren über eine weite Ebene voll gelber Sonnenblumen und weißer Windmühlen. »Also, versuchen wir es noch mal, Lucy. Wenn dich jemand fragt, wo du herkommst, was sagst du dann?«
    »Wiltshire«, antwortete Lucy.
    »Ja, und worüber redest du nicht? «
    »Über meinen Vater vom Postamt.«
    »Und auch nicht von der Sportlehrerin oder der Reitschulbesitzerin, die …«
    »Die uns immer die engen Hosen runtergezogen und uns einen Klaps auf die nackten Hinterbacken gegeben hat, wenn wir ungezogen waren …«
    »Vergiss das einfach, Lucy. In Ordnung? Vergiss es einfach. Also, was gibt es noch, was du nie und unter keinen Umständen sagen darfst?«
    »Soll ich mich ausziehen?«
    »Ja, sehr gut …«
    Mir wurde klar, dass mein Tonfall genervt und ungeduldig klang, also zwang ich mich zu lächeln und wandte ihr das Gesicht zu. »Das ist sehr gut, Lucy. Also, lass uns überlegen, was gab es da noch? Sollst du sagen: ›Ich liebe dich‹?«
    »Nur zu dir.«
    »Gut.«
    »Und was noch?«
    »Ich darf nicht sagen: ›Soll ich es dir mit der Hand machen?‹«
    »Gut. Und dann ist da noch etwas, was du wirklich nie, nie, nie sagen darfst. Was ist das?«
    »Ich bin eine Maschine.«
    »Gut. Sag das niemals. Nie. Wenn du das sagst, werden sie dich zerstören.«
    Ein paar Minuten lang fuhren wir schweigend dahin. In der Ferne waren kahle, rote Berge zu sehen.
    »Zerstören?«, fragte Lucy. »Was bedeutet das?«

    Am späten Nachmittag hielten wir in einem hübschen Dorf mit weiß verputzten Häusern. In der Mitte des Dorfplatzes stand eine große Platane. Ich stellte das Auto im Schatten ab, und wir gingen zu einem Café auf der anderen Seite des Platzes, wo man unter massigen Weinranken auf einer Bank sitzen konnte. An einem Tisch in der Nähe saßen ein paar alte Männer, die mit Murmeln klapperten, rauchten und Lucy unter ihren Brauen hervor nachdenklich musterten.
    Der Besitzer des

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