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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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kümmerte. »Geh hinein!«
    Es fing wieder an zu regnen. Sie eilte weiter.

    Obwohl ich nur kurze Zeit dagestanden und mit der Witwe geredet hatte, fühlte mein Körper sich steif an. Langsam humpelte ich über den Platz, aber vor der blauen Flügeltür verließ mich der Mut. Hier gab es Essen, Wärme, ein Lager, um sich auszuruhen. Und, wichtiger als alles andere, hier gab es die Hoffnung auf Vergebung, die ja der Anlass dieser Reise gewesen war. Irgendwo dort drinnen befand sich das strahlende Silbergeschöpf, das ich so sehnlichst treffen wollte. Doch jetzt erfüllte mich der Gedanke an eine solche Begegnung mit Schrecken.
    Widerwillig hob ich die Hand zum Türklopfer. Ein stechender Schmerz durchfuhr mich. Ich ließ den Klopfer los.
    Rumms!
    Stille.
    Stille.
    Eine kalte Windbö trieb den Regen über den leeren Platz.
    Ich geb’s auf, dachte ich. Ich werde mich einfach in einem Loch im Boden verkriechen und still und leise alles vergessen.
    Ich hatte mich bereits von der Tür abgewandt, als zu hören war, wie jemand innen die Riegel beiseiteschob. Der linke Flügel der riesigen Tür schwang auf, und dahinter kam ein kleiner, dicker Mönch mit lichtem Haar zum Vorschein.
    »Ich bin …« Einen Moment lang zögerte ich, weil ich mich nicht an meinen Namen erinnern konnte. »Ich bin George Simling, ein Illyrier. Ich dachte … Ich brauche etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen. Ich will den Maschinen-Messias sehen.«
    »Dann herein, immer herein.«

Kapitel 66
    K urz nachdem sich die Tür hinter mir geschlossen hatte, fand ich mich in einem fahl erleuchteten, mit Steinplatten gefliesten Gang wieder. Der Mönch nahm mich beim Arm. Zu unseren Seiten befanden sich zahlreiche kleine blaue Türen. Ich erhaschte einen Blick auf einen Baum, der hell und leuchtend grün in einem leeren Hof stand. Dann folgten viele weitere Türen.
    Ich spürte, wie ich langsam aus einem verworrenen Traum von Bergen, Kriegen und Wegen erwachte … Ich kam zu mir und erinnerte mich daran, dass die Wirklichkeit nichts weiter war als das hier: langsam durch einen stillen Korridor mit blauen Türen zu gehen. Immer weiter. Das war das Leben. Warum sollte man sich die Mühe machen, die Türen zu öffnen? Wozu die Mühe? Warum nicht einfach geradeaus weitergehen? Abgesehen von der Kälte war alles in bester Ordnung. Es war alles ganz wunderbar.
    Erneut kam ich zu mir. Ich hörte Stimmen. Ein weiterer Mönch war aufgetaucht, dieser war hochgewachsen und hatte sandfarbenes Haar. Die beiden berieten sich über mich. Zuerst verstand ich ihre Worte nicht. Ich glaube, ich lauschte ihnen in der falschen Sprache.
    Eine blaue Tür ging auf. Ich hatte ein bisschen Angst, also trat ich in den Himmel hinauf und schaute von oben hinunter wie in eine Puppenstube.
    In einem kleinen, kahlen Zimmer mit einem einzigen Stuhl und einem Bett redete ein Mönch mit einem blassen jungen Mann mit blutenden Füßen. (Nicht der schon wieder!, dachte ich. Warum nur immer der? )
    »Zieh die nassen Kleider aus«, forderte der Mönch ihn freundlich auf. »Wir bringen dir trockene Sachen und etwas zu essen, und wir verbinden dir die Füße. Anschließend musst du dich ausruhen. Du hast wirklich sehr hohes Fieber.«
    Ein weiterer Mönch traf ein. Noch ein Mönch dort unten in der Puppenstube, mit winzigen Verbänden und einer winzigen Schale Wasser.
    »Wir müssen ihn wohl ausziehen«, sagte der Erste. »Ich glaube nicht, dass er das allein hinkriegt.«
    »Bist du sicher, dass er Kroatisch spricht?«
    »Ja. Als er ankam, konnte er es noch eindeutig. Er heißt George. Er kommt aus der Stadt.«
    »Also gut, George«, meinte der zweite Mönch. »Wir ziehen dir jetzt die Hosen aus …«
    »NEIN!«, rief der junge Mann. »Nein, lasst mich in Ruhe!«
    Er hob abwehrend die Hände, um den Mönch von sich zu stoßen.
    »Ruhig, George, ganz ruhig!«, sagte der Mönch.
    Von meinem hohen Aussichtspunkt aus lächelte ich zu ihm hinab.
    Dummer Junge, dachte ich mir. Er denkt, dass sie ihn wieder vergewaltigen wollen. Dabei ist die Situation doch eine ganz andere.
    Als die Mönche also erneut versuchten, den jungen Mann auszuziehen, wehrte er sich nicht.
    »Hier ist auch Blut«, brummte der erste Mönch.
    »Ruhig, George, ganz ruhig!«
    Ich schloss die Augen und versank in einen Traum. Gemächlich ging ich an den blauen Türen entlang. Der kühle, ruhige Gang erstreckte sich bis in weite Ferne. Warum müssen wir ständig die Türen öffnen und Dinge aufstören? Doch dann fiel mir ein,

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