MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
ihm stand, und brummelte unterdrückt: »Dafür bist du mir was schuldig.«
Um den Spruch zur Wirkung zu bringen, entrollte er das Pergament und sprach das Zauberwort, das oben hingekritzelt war. Daraufhin benannte er das Wesen, zu dem er ein Tor zu öffnen wünschte. »Königin Pheobah der verdorbenen Lande«, brüllte er. Das Pergament wurde in einem feurigen Blitz verzehrt. Ein tiefer Knall ertönte, und der Boden erzitterte, während ein gewaltiges, blaues, halb durchscheinendes ovales Tor sich vor ihnen auftat.
»Was hast du getan?«, schrie der verzweifelte Zwerg ungläubig.
Obwohl Königin Pheobah, Herrin der Verdorbenen und Halbgöttin des Bösen, bloß ein Softwareagent im größeren Softwareprogramm von NeverWorld war, wusste sie dies nicht.
Jetzt lag sie völlig still da und sah direkt in die Weite ihrer hohen Kuppeldecke. Im Schlupfwinkel der Königin war es völlig dunkel, aber nichts konnte vor ihren uralten Augen verborgen bleiben. Die einzig wahre Dunkelheit bestand für die Königin im eigenen Kopf, dunkle Winkel, die sie zu vergessen bestrebt war. Erinnerungen an glücklichere Tage. Schöne Erinnerungen quälten sie weitaus mehr als die Parasiten, die seit langer Zeit ihren Leib heimsuchten, obwohl solche Würmer kein Anzeichen für ihr Eindringen zeigten, während ihre schreckliche Schönheit mit jeder verstreichenden Jahreszeit immer größer wurde.
Ihr Sohn, Salem, war nicht weit weg. Er wickelte seine Ewigkeit an Zeit mit immer verdorbeneren Vergnügungen ab. Ausgiebiges Foltern der Unschuldigen hatte für ihn schon längst ebenso jeglichen Reiz verloren wie sich an ihnen zu laben. Das Nächste, was an eine angenehmeZerstreuung heranreichte, war jetzt, sie zu verderben. Er grinste höhnisch und flüsterte in sich selbst hinein, während er sein Opfer durch seinen prächtigen Spiegel beobachtete. Ein kleiner Junge, ein Mensch, gerade mal sieben Jahre alt, weinte sich in den Schlaf. Vor einer Woche hatte Salem diesem kleinen Jungen einen Besuch abgestattet und ihm ein Geschenk überreicht, einen prächtigen roten Rubin. Er hatte dem Jungen gesagt, er solle ihn jemandem schenken. Der unglückliche Empfänger des Edelsteins war daraufhin in eben jener Nacht von Salem verschlungen worden, und der Junge hatte anschließend den Edelstein zurückerhalten und sollte ihn gleich am folgenden Tag wieder jemandem geben. Wenn der Junge den Stein nicht weitergäbe, würde Salem seine Eltern verschlingen. Es war ein sich selbst fortsetzender Folterplan, narrensicher.
Die Königin andererseits wünschte, sie könne nichts fühlen oder sehen oder aufhören zu existieren, aber das war selbst für eine Göttin wie sie unmöglich. Sie wollte verzweifelt sämtliche Sinne abschotten, aber als sie sich die Augen auskratzte, konnte sie nach wie vor sehen. Und ihre Augen wuchsen sowieso nach, strahlender und eindrucksvoller denn je.
Allein in ihrem Schlupfwinkel zu sein, war das Nächste an einer Erleichterung, was sie finden konnte. Allein, abgesehen von diesem verfluchten Sohn, den sie nicht loswerden konnte. Sie nährte sich von seiner Boshaftigkeit, eine Art von Macht, die sie krank machte, selbst wenn sie daran teilhatte. Aber wenn sie nicht teilhatte, litte sie stattdessen einen gewaltigen Hunger, einen Hunger, der sie dermaßen peinigte, dass selbst eine Göttin mit einem ewigen Willen wie dem ihren alles täte, ihn zu stillen.
Man stelle sich dann vor, was Pheobah, Königin der Verdorbenen und Mutter des Abscheulichen, dachte, als sich ein Portal in ihrem Schlupfwinkel auftat, unmittelbar neben ihren ausgestreckten Porzellanfüßchen. Und auf der anderen Seite dieses Portals stand eine sterbliche Frau, gekleidet in das Gewand einer Hexe, die mit einem idiotischen Grinsen auf dem Gesicht hereinspähte.
Die Königin überlegte, was da vor sich gehen mochte. Eine rivalisierende Gottheit, die eine Falle stellte? Nein, sie konnte keinerlei bedeutende Präsenz spüren; nur der Gestank des Menschen und der ihrer Art waberten durch das Portal.
Schon gut
, dachte sie.
Wenn dieses Insekt sich der Mühe unterzogen hat, uneingeladen bei mir zu erscheinen, muss es etwas Törichtes zu sagen haben. Ich werde es empfangen, und wenn es mit seinem Geplapper fertig ist und um eine Gunst bittet, werde ich Zeit haben, mir einen passenden Platz in der Hölle auszusuchen, wohin ich es schicke
.
Der Sohn der Königin stand bereits neben ihr und wirkte gleichfalls sehr unglücklich über den Eindringling. Pheobah sah in seinen
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