Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
Vom Netzwerk:
nicht die Aufforderung, mit ihnen zu kommen. Doch als sie sich folgsam umgedreht hatte, hatte sie gleich eine Veränderung an ihm bemerkt, obwohl sein furchterregendes Gesicht wie immer keine Regung gezeigt hatte. Es waren seine Augen gewesen: Plötzlich hatte durch diese unbeweglichen schwarzen Pupillen jemand anders auf sie geblickt. Jemand, der sich für sie interessierte.
    Jemand, dem sie jetzt ihr Leben verdankte. Sollte sie ihm ihren Silberring geben, mit derselben Andeutung wie damals ihre Mutter? Was, wenn der Kahle das Zeichen nicht verstand? Aber wie sollte sie ihm sonst danken?
    Ihm ein Messer zu schenken, als Ersatz für jenes, das er um ihretwillen verloren hatte, war zumindest etwas. Als sie, ganz erleuchtet von diesem einfachen Gedanken, vor dem Laden des Waffenschmieds stand und sich vorstellte, wie sie ihm die Klinge überreichte, wie er sie dabei ansehen, was er sagen würde, vergaß sie völlig, dass sie damit einem Mörder ein neues Werkzeug kaufte, mit dem er Kehlen durchschneiden und Bäuche aufschlitzen würde.
    Nein, in diesem Augenblick war er für sie kein Bandit, sondern ein Held, kein Killer, sondern ein Krieger, vor allem aber - ein Mann. Und dann hatte sich noch ein weiterer undeutlicher, mehr erahnter Gedanke in ihrem Kopf gedreht: Seit seine Klinge zerbrochen war, wollte er einfach nicht zu sich kommen. Vielleicht, wenn er wieder ein ganzes Messer hatte . wie ein Amulett . Also hatte sie es gekauft.
    Und nun, wie sie so vor seinem Bett stand und das Geschenk hinter ihrem Rücken verbarg, hoffte Sascha, dass er auf sie reagierte oder zumindest die Nähe der Schneide verspürte. Der Kahle zuckte hin und her, machte krächzende Geräusche, begann einzelne Worte zu stöhnen, erwachte jedoch nicht. Die Finsternis hatte ihn fest im Griff. Bis jetzt hatte Sascha seinen Namen kein einziges Mal ausgesprochen, weder laut noch zu sich selbst. Nun flüsterte sie ihn, wie zur Probe, und dann sagte sie: »Hunter.« Der Kahle wurde still, er schien zu horchen, als befände sie sich unvorstellbar weit weg und ihre Stimme dränge als kaum wahrnehmbares Echo an sein Ohr, doch er antwortete nicht. Sascha wiederholte es noch einmal, lauter, nachdrücklicher. Sie würde nicht nachgeben, bis er die Augen öffnete. Sie wollte sein Tunnellicht sein. Vom Gang aus ertönte ein überraschter Aufschrei, Stiefel begannen auf dem Boden zu scharren. Schnell ging Sascha in die Hocke und legte das Messer auf den kleinen Tisch am Kopfende der Liege. »Das ist für dich«, sagte sie. Plötzlich umschlossen stählerne Finger ihre Hand mit einem Griff, der in der Lage war, ihr sämtliche Knochen zu brechen. Die Augen des Verletzten waren geöffnet, doch sein Blick irrte sinnlos umher. »Danke«, murmelte er. Das Mädchen machte keine Anstalten, sich aus der Falle zu befreien.
    »Was machst du da?« Ein schlaksiger Bursche in einem speckigen weißen Kittel rammte dem Kahlen eine Spritze in den Arm, so dass dieser augenblicklich schlaff wurde. Dann riss der Krankenpfleger Sascha in die Höhe und zischte mit zusammengepressten Zähnen: »Begreifst du nicht? Sein Zustand . Der Arzt hat verboten.«
    »Du bist es, der nichts kapiert!Er braucht etwas, woran er sich festhalten kann. Von euren Spritzen werden ihm nur die Hände schwach.« Der Krankenpfleger stieß Sascha zum Ausgang, doch diese lief einige Schritte voraus, wandte sich um und blitzte ihn mit zornigen Augen an. »Dass ich dich hier nie wieder sehe!Und was ist das hier?« Er hatte das Messer bemerkt. »Das . gehört ihm«, stammelte Sascha. »Ich habe es ihm gebracht. Wenn er nicht gewesen wäre . hätten mich diese Tiere in Stücke gerissen.« »Und mich reißt der Doktor in Stücke, wenn er das erfährt«, knurrte der Pfleger. »Los, zieh Leine!« Sascha zögerte einen Augenblick, wandte sich erneut Hunter zu, der jetzt tief betäubt schlief, und beendete, was sie hatte sagen wollen: »Danke. Du hast mich gerettet.«
    Dann, als sie das Zimmer verließ, hörte sie plötzlich seine heisere Stimme: »Ich wollte es nur töten . das Ungeheuer .« Die Tür schlug ihr ins Gesicht, und der Schlüssel klirrte im Schloss.
    Das Messer war für etwas anderes bestimmt. Das begriff Homer sofort, als er hörte, wie sie den fiebernden Brigadier rief: fordernd, sanft und klagend zugleich. Zuerst hatte er sich einmischen wollen, doch dann besann er sich und zog sich zurück - hier gab es niemanden, den er beschützen musste. Alles was er tun konnte, war, sich so schnell wie möglich

Weitere Kostenlose Bücher