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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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warteten darauf, was Khan als Nächstes sagen würde. Die Kontrolle über die Situation war wieder hergestellt.
    »Ich gehe davon aus, dass die Diskussion beendet ist und wir uns einig geworden sind. In fünfzehn Minuten gehen wir los«, erklärte Khan. Dann wandte er sich Artjom zu. »Du sagst, es sind Menschen? Nein, mein Freund, es sind Tiere. Ein Rudel Schakale. Sie wollten uns zerreißen. Und hätten es auch getan. Aber eines haben sie nicht bedacht: Sie mögen Schakale sein, ich aber bin ein Wolf. Es gibt Stationen, wo man mich nur unter diesem Namen kennt.«
    Artjom schwieg, überwältigt von dem, was er soeben gesehen hatte. Endlich wusste er, an wen Khan ihn die ganze Zeit erinnert hatte.
    »Und wie mir scheint, bist du ... ein Wolfsjunges«, fügte dieser nach einer Weile hinzu, ohne sich umzudrehen. Und in seiner Stimme glaubte Artjom einen warmen Unterton zu vernehmen.
    7
    DAS KHANAT DER FINSTERNIS
    Er war tatsächlich absolut leer und sauber, dieser Tunnel. Der Boden war trocken, ein angenehmer Luftzug strich ihnen ums Gesicht, und keine einzige Ratte weit und breit. Nirgends gab es verdächtige Abzweigungen oder schwarz gähnende Stollen, nur ein paar verschlossene Seitentüren von Diensträumen. Hier würde man wahrscheinlich nicht schlechter leben als an jeder beliebigen Station ... Diese vollkommen unnatürliche Ruhe und Sauberkeit kam keinem von ihnen verdächtig vor. Jegliche Befürchtungen, die die Leute zuvor gehegt hatten, waren im Nu vergessen. Die Geschichten von spurlos verschwundenen Reisenden erschienen ihnen hier wie Lügenmärchen, und Artjom fragte sich bereits, ob die wilde Szene mit dem vermeintlich pestbefallenen Unglücksraben sich tatsächlich zugetragen hatte, oder ob es nur ein Traum gewesen war, den er auf der Zeltplane beim Feuer des wandernden Philosophen geträumt hatte.
    Khan und er bildeten den Abschluss des Zuges, denn dieser befürchtete, die Leute würden einer nach dem anderen zurückbleiben, und dann würde niemand bis nach Kitai-gorod kommen. Er ging mit federndem Schritt neben Artjom, als wäre nichts passiert. Die tiefen Falten, die sein Gesicht während des Konflikts an der Sucharewskaja durchzogen hatten, hatten sich geglättet. Der Sturm hatte sich gelegt, und vor Artjom stand nicht mehr ein wild gewordener, durchtriebener Wolf, sondern wieder der weise, verhaltene Khan. Eine Rückverwandlung war jedoch jederzeit in wenigen Sekunden möglich, das spürte Artjom.
    Da er ahnte, dass sich so bald keine Möglichkeit mehr bieten würde, den Schleier von einigen Geheimnissen der Metro zu lüften, konnte er es sich nicht verkneifen zu fragen: »Wissen Sie, was in diesem Tunnel vor sich geht?«
    »Das weiß niemand, auch ich nicht«, erwiderte Khan. »Oh ja, es gibt Dinge, über die sogar mir rein gar nichts bekannt ist. Ich kann dir nur eines sagen: Es ist ein Abgrund. Wenn ich mit mir selbst spreche, nenne ich diesen Ort Schwarzes Loch. Du hast wahrscheinlich noch nie die Sterne gesehen? Doch, einmal? Weißt du denn über das Weltall Bescheid? Also: Ein sterbender Stern kann sich in ein solches Loch verwandeln, wenn er erlischt und sich unter dem Einfluss seiner eigenen, unvorstellbar hohen Gravitation selbst zu verschlingen beginnt, Materie von der Oberfläche in sein Zentrum zieht und somit immer kleiner, aber auch immer dichter und schwerer wird. Und je dichter er wird, desto höher wird seine Schwerkraft. Dieser Prozess ist unumkehrbar und ähnelt einer Schneelawine: Mit steigender Gravitation wird eine immer größere Menge Materie immer schneller ins Innere des Monsters gesogen. Ab einem bestimmten Moment ist seine Kraft so groß, dass er beginnt, seine Nachbarn in sich hineinzuziehen - die gesamte Materie, die sich in seinem Wirkungsbereich befindet, und schließlich auch die Lichtwellen. Seine berserkerhafte Kraft ermöglicht es ihm sogar, die Strahlen anderer Sonnen zu verschlingen. Der Raum um ihn herum ist tot und schwarz, und nichts, was sich in seinem Besitz befindet, kann sich jemals wieder losreißen. Er ist der Stern der Finsternis, die schwarze Sonne, die um sich nur Kälte und Dunkelheit verbreitet.« Khan verstummte und lauschte den Gesprächen derjenigen, die vor ihnen liefen.
    Fünf Minuten lang gingen sie schweigend, dann brach es wieder aus Artjom heraus: »Aber was hat das alles mit dem Tunnel zu tun?«
    »Wie du weißt, bin ich hellsichtig. Manchmal kann ich in die Zukunft oder in die Vergangenheit sehen oder mich geistig an andere Orte

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