Metro2033
geschickte Leute an der WDNCh aus Isolierschläuchen verschiedenen Durchmessers zurechtschnitten, jedoch nur zum Verkauf, denn an der Station selbst mochte man sie nicht. So ähnlich wie ein Saxophon war höchstens noch das Horn, mit dem manchmal Alarm geblasen wurde, wenn die Sirene aus irgendeinem Grund streikte.
Auf dem Boden vor den Musikern lag ein offener Gitarrenkoffer, in dem sich bereits ein gutes Dutzend Patronen gesammelt hatten. Jedes Mal, wenn der lauthals singende Langmähnige etwas besonders Lustiges von sich gab und dazu komische Grimassen schnitt, reagierte die Menge mit frohem Gelächter, applaudierte, und eine weitere Patrone flog in die Hülle.
Als das Lied zu Ende war, machte der Langhaarige eine Pause und lehnte sich zurück, worauf der Saxophonist sogleich ein Artjom unbekanntes, aber hier offensichtlich sehr beliebtes Motiv zum Besten gab. Die Leute begannen erneut zu klatschen, und noch ein paar Patronen glitzerten in der Luft und landeten auf dem abgewetzten roten Samt des Koffers.
Khan und Tus standen vor der nächsten Auslage und unterhielten sich. Sie ließen Artjom in Ruhe, der wahrscheinlich noch eine ganze Stunde hier stehen und diesen einfachen Liedern hätte zuhören können, wenn nicht plötzlich alles ein abruptes Ende gefunden hätte: Den Musikern näherten sich in typischer Gangstermanier zwei kräftig gebaute Gestalten. Sie ähnelten denen, die sie am Stationseingang getroffen hatten, und waren auch so angezogen. Einer davon ging in die Hocke und begann ohne Umschweife, die Patronen aus dem Gitarrenkoffer einzusammeln und in seine Jackentasche zu befördern. Der langhaarige Gitarrist stürzte los, um ihn daran zu hindern, doch der Mann warf den Musiker mit einem Stoß gegen die Schulter zurück, riss ihm die Gitarre aus der Hand und hob sie, als wolle er das Instrument an der Ecke einer Säule zertrümmern. Der zweite Bandit drückte den alten Saxophonisten ohne große Mühe gegen die Wand, als dieser seinem Freund helfen wollte.
Von den Umherstehenden wagte es niemand sich einzumischen. Die Menge war deutlich kleiner geworden, die wenigen, die geblieben waren, sahen weg oder betrachteten interessiert die Waren an den nächstgelegenen Ständen. Artjom empfand heiße Scham für sie und sich selbst, doch er wagte es ebenfalls nicht, sich einzumischen.
»Ihr wart doch heute schon da«, argumentierte der Langhaarige mit weinerlicher Stimme und hielt sich mit einer Hand die Schulter.
»Hör mir mal gut zu. Wenn ihr heute einen guten Tag habt, dann haben wir auch einen, kapiert? Und wie kommst du mir denn überhaupt? Lust auf ne Runde Waggon, du schwule Sau?«, brüllte der Kerl und ließ die Gitarre sinken. Offenbar hatte er sie nur zur Einschüchterung geschwungen.
Bei dem Wort »Waggon« verstummte der Langhaarige sofort und schüttelte hastig den Kopf.
»So ist's recht... Schwuchtel!« Der Muskelmann spie dem Musiker vor die Füße, was dieser schweigend ertrug. Nachdem sie sich überzeugt hatten, dass sein Widerstand gebrochen war, entfernten sich die beiden ohne Hast, bereits auf der Suche nach dem nächsten Opfer.
Artjom blickte sich verwirrt um und bemerkte, dass Tus neben ihm stand. Er hatte die ganze Szene aufmerksam beobachtet.
»Wer war das?«, fragte Artjom.
»Wonach sehen sie denn deiner Meinung nach aus? Ganoven, was sonst. In Kitai-gorod gibt es keine Regierung. Alles wird von zwei Gruppierungen kontrolliert. Diese Hälfte untersteht den slawischen Brüdern. Der ganze Abschaum der Kaluschsko-Rischskaja-Linie hat sich hier versammelt, alles Mörder und Banditen. Kaluger nennen sich die meisten, oder auch Rigaer, aber natürlich haben sie weder mit Kaluga noch mit Riga irgendwas am Hut. Dort, siehst du, wo die Brücke ist« - Tus deutete auf eine Treppe, die etwa in der Mitte der Station nach oben rechts führte - »da oben gibt es noch einen Saal, der haargenau so aussieht wie der hier. Dort herrscht das gleiche Chaos, aber die Herren sind dort kaukasische Moslems, hauptsächlich Aserbaidschaner und Tschetschenen. Früher herrschte hier Krieg, jeder wollte dem anderen so viel wie möglich wegschnappen. Am Ende haben sie die Station in zwei Hälften geteilt.«
Artjom fragte nicht nach, was diese schwer auszusprechenden Namen bedeuteten. Er vermutete, dass sie von ihm unbekannten Metrostationen abgeleitet waren, von denen all diese Gauner stammten.
»Derzeit geht es relativ friedlich zu«, fuhr Tus fort. »Die Banden nehmen die aus, die in Kitai-gorod
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