Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
kam, wo sie bei uns im Haus kaum noch den Besen schwang und stattdessen den Gästen ständig ihre Lotionen und Schminkartikel andrehen wollte, war der Traum mit Sonja ebenfalls ausgeträumt. Aida war da wieder total anders. Sie liebte unsere Villa, fühlte sich für alles verantwortlich, sah die Arbeit und ging mit einem sportlichen Elan daran, das Haus ordentlich und sauber zu halten. Sie klaute nicht, war immer pünktlich und machte auch mal Überstunden, wenn das Chaos wieder allzu heftig war. Sie hatte auch eine gewisse Ausstrahlung und alle Gäste waren von ihr begeistert, was ihr natürlich auch immer ein entsprechendes Trinkgeld einbrachte. Aida fühlte sich wohl bei uns und wir waren glücklich, dass wir sie gefunden hatten. Sie war die Perle, die nun zu uns gehörte und das sollte auch lange so bleiben. Bis der Tag kam, an dem sich einer von unseren Gästen unsterblich in sie verliebte und sie einfach mitnahm nach Kanada. Wir freuten uns über ihr Glück, aber sie war weg und wir wieder mal ratlos. Aber sie ließ uns nicht ganz im Stich, sondern schickte uns ihre Schwester Julieta.
Die Putzfrauen haben es bei uns wirklich gut, denn sie verdienen für mexikanische Verhältnisse viel Geld und dürfen immer die übrig gebliebenen Lebensmittel der abgereisten Gruppen mit nach Hause nehmen, und das ist oft keine schlechte Beute. Julieta freute sich auch immer sehr darüber, denn sie war alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Da war es jedes Mal ein kleines Fest, wenn sie mit den Resten in den Bus steigen konnte, der sie in ihre Hütte brachte. Einmal hatte sie sehr viele Tüten zu tragen und Robert wollte sie mit dieser schweren Last mit dem Auto nach Hause bringen, aber das lehnte sie ab. Sie wollte unbedingt mit dem Bus fahren, da war nichts zu machen. Ich hatte noch so meine Bedenken, als ich Julieta hinterher sah, wie sie gebeugt und schnaufend schwer beladen davonging. Und meine Bedenken waren nicht umsonst, denn Julieta fiel bei ihrer Ankunft mit den ganzen Tüten aus dem Bus und brach sich ein Bein. Da wir nicht so lange warten konnten, bis das Bein wieder heil war, ging die Suche von Neuem los. Carla war an sich ganz in Ordnung, aber sie ließ ihre drei Kinder die Arbeit bei uns machen, während sie selbst in der Ecke saß und mit ihrem Handy spielte. Kinderarbeit wollten wir nicht dulden und daher war nun Marisol an der Reihe. Wir verstanden uns auf Anhieb und arbeiten konnte sie auch. Da sie etwas stabiler ist, kann sie die Reste auch ohne Komplikationen nach Hause tragen, jedenfalls bis heute. Leider ist Marisol immer knapp bei Kasse, doch trotzdem beklaut sie uns nicht. Sie bittet dann mal des Öfteren um einen kleinen Kredit oder Vorschuss. Weil sie wirklich lieb und zuverlässig ist, bekommt sie den auch, denn sie muss alleine für ihre zehnköpfige Familie sorgen. Marisol hat auch noch einen anderen Job, sie arbeitet in einem Massagesalon in der Stadt. Und da sie die kleinen Kredite nie zurückzahlen kann, bekomme ich stattdessen immer mehr oder weniger unfreiwillig Massagen. Sie massiert sehr gut und daher haben wir sie trotz des kleinen Geldproblems behalten.
Kapitel 18
Die Zeit in Mexiko verging wie im Fluge und ich hatte mich wunderbar in mein neues Zuhause eingelebt. Langeweile gab es nie. Aber trotzdem blieb immer eine Sehnsucht: Es verging kein Tag, wo ich nicht an meine Kinder und an meine Eltern dachte. Für meine Eltern war in ihrem Alter diese lange Reise unmöglich, aber Simone und Christian wollten uns unbedingt besuchen. Voller Ungeduld erwartete ich den Tag ihrer Ankunft im April 2005. Ich war wie beflügelt, meine Kinder endlich wiederzusehen. Wie hatten sie sich wohl verändert, meine Große und mein Kleiner, der inzwischen auch groß geworden war? Es war nicht einfach diese Reise zu planen und den richtigen Zeitpunkt zu finden, damit beide zusammen hier bei uns Urlaub machen konnten, aber wir schafften es. Und ich war so stolz, ihnen mein neues Leben zu zeigen, dass was wir uns hier aufgebaut hatten.
Simone war schon sehr oft gereist und hatte viel von der Welt gesehen, aber Christian noch nicht. Dieser weite Flug in einen anderen Kontinent war seine erste große Reise, am Telefon war er immer ganz aufgeregt, wenn wir darüber sprachen. Viel zu früh standen wir am Flughafen und ich hatte feuchte Hände vor Aufregung. Ich würde endlich meine Kinder wieder in die Arme nehmen und sie nicht mehr loslassen. Meine Kinder, auf die ich so
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