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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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stolz bin. Die Zeit wurde zur Ewigkeit. Alle möglichen Leute kamen uns mit ihren Koffern entgegen, aber die, die ich sehen wollte, kamen nicht. Meine Fantasie bekam schon wieder Flügel und ich malte mir im Kopf die schlimmsten Geschichten aus. Aber das war natürlich vollkommen unnötig. Sie standen noch in der Kontrolle, aber wir konnten uns schon zuwinken.
           Schon von Weitem sah ich, dass sich Simone kaum verändert hatte. Ihre lockigen blonden Haare fielen wie ein Wasserfall über ihre blaue Jacke und in diesem Moment war mir so, als hätten wir uns nie getrennt. Bei Christian war das ganz anders. Sein Äußeres war mir nicht mehr vertraut, denn er war lang und schlaksig geworden, bestimmt einen Kopf größer, als ich ihn in Erinnerung hatte. Die Sachen, die er trug, die kannte ich nicht mehr. Einen Augenblick fühlte ich mich furchtbar schlecht. Was war ich für eine Mutter, die ihren eigenen Sohn nicht mehr wiedererkennt! Und ich musste kurz schlucken, damit die Tränen wieder verschwanden, die so langsam in mir aufstiegen. Christian war achtzehn Jahre alt und da war es doch ganz normal, dass er sich rasend schnell entwickelt und verändert. Außerdem lebte er bei seinem Vater, der gut für ihn sorgte und da gehörten aus seiner Sicht nun mal auch häufige Klamottenkäufe dazu. So sprach die Stimme meiner Vernunft und dann waren die Zweifel auch schon wieder weg. Endlich konnten wir uns in den Armen liegen und ich musste meine Kinder immer wieder anfassen, um mich zu vergewissern, dass es kein Traum war. Sie waren wirklich hier und wir freuten uns wahnsinnig auf die gemeinsame Zeit. Wir wollten ihnen so vieles zeigen und sie sollten einen unvergesslichen Urlaub haben. Die Fahrt vom Flughafen nach Hause war erfüllt von vielen Gesprächen und alle sprachen wild durcheinander, wie in einer amerikanischen Komödie, wo jeder spricht und niemand wartet, bis der andere ausgeredet hat. Es fiel schwer, aufmerksam dem Geschehen zu folgen, weil schon wieder das nächste Thema anfing. Simone erzählte ganz aufgeregt von ihrer Arbeit und ihrem Freund, während Christian von der Schule und dem bevorstehenden Abitur berichten wollte. Ich sprach von unserem Leben in Mexiko und Robert übernahm die Rolle eines Reiseleiters, der seinen Gästen erläutert, was sich gerade links oder rechts der Straße befindet.
           Meine Kinder waren bei uns in Mexiko! Ich glaube an diesem Tag war kein Mensch glücklicher als ich. Ich wünschte, der Moment würde ewig dauern. Auf einmal hatte ich das Gefühl, wir sind wieder eine perfekte Familie. Aber die Zeit war begrenzt und ich versuchte, jede Minute, jede Stunde und jeden Tag zu genießen, die wir gemeinsam haben würden. Es machte mich auch stolz, dass sich Simone und Christian so gut mit Robert verstanden, denn so intensiv hatten wir vier noch nie längere Zeit zusammengelebt. Die ersten Tage verbrachten wir gemeinsam, denn wir wollten ihnen die Stadt und die vielen Strände zeigen und ich freute mich, dass sie endlich meine neue Heimat erleben konnten. Einen Ausflug machten wir nach San Jose, einer wunderschönen alten mexikanischen Stadt, die noch nicht so sehr unter dem verändernden Einfluss der USA gelitten hatte. Kurz vor unserem Ziel hielten wir an einer idyllisch gelegenen Palapabar dicht am Meer, um uns einen Margarita zu gönnen. Der erste war wunderbar, der zweite auch noch, aber der dritte war einer zu viel. Und die Folgen waren absehbar. Wir fühlten uns so wohl und immer wieder tranken meine Tochter und ich einen Schluck auf unser Wiedersehen, und unser Zustand wechselte dann rasend schnell von lustig über sehr lustig hin zu grundlos albern.
           Der Barkeeper beobachtete uns mit einem Schmunzeln und ich glaube, bei jedem Margarita hatte er den Schuss Tequila verdoppelt! Robert und Christian hielten sich die ganze Zeit an ihrer Cola fest und wurden immer ernster, denn sie ahnten wohl schon, welche Last sie mit uns haben würden. Von der schönen Stadt nahmen wir danach nur noch alles sehr unwirklich und verschwommen wahr, und unsere überdrehte Albernheit nervte die beiden. Aber irgendwann setzte dann die weniger schöne, verkaterte Phase der Ernüchterung ein, und in diesen Zustand wollten wir uns nicht noch einmal bringen, auch wenn die Wiedersehensfreude noch so groß war. Trotzdem erzählen wir immer noch gerne von diesem Tag, im Nachhinein ist sowieso alles nur halb so schlimm gewesen. Aber den heimtückischen Margarita genossen wir

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