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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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Beifahrertür hing Ernesto und so, halb drinnen und halb draußen, wurde er durch den Wüstenstaub gezogen, bis seine Kräfte irgendwann nachließen und sich seine Hände von der Beifahrertür lösten.
           Ernesto lag im aufgewirbelten Staub der Wüste, Terri war schon außer Sichtweite und Robert und ich standen wie zwei Statisten in einem Krimi am Rande des Tatorts und waren sekundenlang handlungsunfähig. Aber schnell befanden wir uns wieder in der Realität und in der Ferne konnten wir sehen, wie sich Ernesto scheinbar unverletzt aus dem staubigen Wüstensand aufrappelte. Seine Liebe zum Essen war bei diesem akrobatischen Akt sicherlich sein Vorteil, denn über seinen Knochen hatte sich eine ansehnliche Menge Fleisch angesammelt, die den ganzen Sturz abfangen konnte. Vielleicht sollte ich den Gedanken an eine Diät doch einfach wieder verwerfen, denn man weiß ja nie, in welche Situation man hier in Mexiko selbst mal kommen kann. Vollkommen aufgelöst und wütend stapfte Ernesto zu uns rüber, die Nummer seines Anwaltes tippte er noch im Laufen ein. Das, was wir hier gerade erlebt hatten, konnte so nicht im Raum oder besser in der heißen Wüstenluft stehen bleiben. Es musste geklärt werden. Zum einen handelte sich es um Betrug und zum anderen um vorsätzliche Körperverletzung. Ein Fall für den Anwalt und wir waren erstaunt, wie schnell er da war, denn üblich ist das in Mexiko nicht. Sein Auto hatte ihn zwar schnell hergebracht, aber dann hörte die Schnelligkeit auch schon auf. Ernesto war ja schon etwas kräftiger gebaut, aber dieser Mexikaner konnte sich vor lauter Leibesfülle kaum noch bewegen und war auch sonst ziemlich träge und müde. Aber das mochte vielleicht auch an der Hitze der Mittagszeit liegen, wo normalerweise kein Mexikaner hier ansprechbar ist. Wir schilderten alles, was gerade hier passiert war und mein Vertrauen und meine Hoffnung in das Recht wuchsen gewaltig. Doch genauso schnell, wie sie gewachsen waren, lösten sie sich in heiße Luft auf. Denn als der dicke Anwalt die Namen Ari und Terri hörte, wurde er ganz klein und sah jetzt noch dicker aus. Für diese beiden Amerikaner, die hier Eigentümer der Bootswerkstatt sind, reichten seine Kompetenz und seine Macht leider nicht aus. Mit anderen Worten: Er konnte uns da nicht weiterhelfen. Aber er würde die Polizei anrufen und die hatte die Macht, auch gegen Ari und Terri vorzugehen. Na, das Wort Polizei hörte sich in meinen Ohren sehr gut an, aber nur weil ich zu der Zeit noch nicht wusste, dass die Polizei hier in Mexiko zwar die größte Macht hat, aber auch am korruptesten und bestechlichsten ist. Doch erst mal fühlte ich mich gut. Zusammen fuhren wir dann zum Hafen, um uns in Aris Büro zu treffen und dort auf die Polizei zu warten. Schon von Weitem sahen wir die Blaulichter von drei Streifenwagen. Obwohl wir schon wie die Wilden über den Highway gerast waren, kamen wir zu spät, denn Ari und Terri wurden gerade in Handschellen abgeführt. Ich war nie ein schadenfroher Mensch, aber diesen Anblick konnte ich unendlich lange und genüsslich in mich einsaugen. Und mein Gesicht muss sich genau zu so einem fiesen Grinsen verzogen haben, wie ich es bei Ari gesehen hatte. Nur mit seinen gebleichten Zähnen konnte ich nicht mithalten. Ari grinste nicht mehr und Terris Gesicht war maskenhaft versteinert wie immer. Es gab also auch in Mexiko noch Gerechtigkeit, dachte ich. Für zwei Tage war jetzt der mexikanische Knast das Zuhause der beiden Amerikaner Ari und Terri. Nur zwei Tage, dann saßen sie wieder an ihren Schreibtischen. Ari hatte sein Grinsen wiedergefunden und Terri hatte seine Maske nie abgelegt, also brauchte er sie auch nicht wieder aufzusetzen.
           Wie hatte das passieren können und warum wurden wir nicht unterrichtet, wie unser Fall weiter behandelt würde? Man sollte nie schadenfroh sein, denn diese Freude ist oft von kurzer Dauer. Hier in Mexiko ist alles etwas anders. Jeder kann jeden anzeigen und jeder kann jeden in den Knast bringen. Da muss kein Grund vorliegen, das ist einfach so. Wenn man dann hinter Gittern ist, hat man zwei Möglichkeiten, dort wieder raus zu kommen. Entweder man ist in der Lage, seine Unschuld zu beweisen, was oft sehr schwierig und kompliziert werden kann, oder man hat genug Geld und kann sich einfach freikaufen. Ari und Terri wählten die zweite Möglichkeit. Diese Variante liebt die Polizei natürlich über alles, denn besser kann man in kurzer Zeit nicht so viel Geld

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