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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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Unklarheiten planten wir, wie es mit dem Business und der „Wendy“ weitergehen sollte. Das war wenig realistisch, aber wir wollten uns ablenken, und auch Robert versuchte zumindest positiv zu denken. Das Seltsame war nur, dass Ernesto sich ständig bei uns treffen wollte. Sonst hatten wir unsere Meetings immer in seinem Großraumbüro mit den vielen Angestellten abgehalten, die emsig an ihren Computern arbeiteten, und wo im Hintergrund die Präsentationen der verschiedenen Boote auf den riesigen Bildschirmen liefen.
           Bei einem dieser Treffen in unserem Haus bat er mich, ob er an meinem Computer kurz seine E-Mails abrufen könnte. Als ich mich dann am Abend in mein Postfach einloggen wollte, führte der Computer mich automatisch zu Ernestos Postfach, da sein Passwort noch gespeichert war und wir beide den gleichen E-Mail-Provider hatten.
           Ich war ja nicht wirklich neugierig, aber das, was mir da förmlich entgegensprang, konnte ich einfach nicht übersehen, und dann wollte ich es auch nicht mehr.
           Ernesto war nicht der, für den wir ihn die ganze Zeit gehalten hatten. Viele E-Mails hatte er von Menschen bekommen, die er um ihr Geld betrogen hatte, und die es nun zurückhaben wollten. Mit seiner Frau Carolyn verkehrte er nur noch schriftlich und ich konnte lesen, wie die beiden sich beschimpften. Nachdem ich mich bis Mitternacht durch seine E-Mails gearbeitet hatte, wurde mir schwindelig, weil ich nun alles von ihm wusste. Ernesto war ein Heiratsschwindler und lebte mit seiner Frau Carolyn im heftigsten Rosenkrieg. Er hatte sie nur wegen ihres Vermögens geheiratet, doch das hatte er schon lange für sich verbraucht. Mit der Zahlung seiner Angestellten und der Miete für sein prunkvolles Büro war er schon seit Monaten im Zahlungsrückstand. Der Strom und das Wasser waren abgestellt worden, und nun war auch klar, warum die Meetings in letzter Zeit bei uns stattgefunden hatten. Im Prinzip war er schon lange pleite, versuchte aber mit Lügen sein Scheinleben aufrechtzuerhalten.
           Was jedoch für uns das Schlimmste war: Die „Wendy” gehörte ihm tatsächlich nicht.
           Er hatte sie einem Freund aus Florida gestohlen und mit gefälschten Papieren über die Grenze nach Mexiko gebracht. Nachdem ich diese ganzen E-Mails gelesen hatte, war mir klar, dass Ernestos Leben schon lange drohte, wie ein Kartenhaus zusammenzufallen. Gleich am nächsten Morgen machten wir uns wutentbrannt auf den Weg, um Ernesto zu Rede zu stellen. Nicht nur das, wir wollten auch unser Geld, das wir in diese Scheinfirma eingebracht hatten, zurückbekommen. Doch Ernesto war nicht da. Weder in seinem Büro noch in seiner Wohnung. Meine ersten Gedanken waren sofort: Er ist geflohen. Vollkommen aufgelöst und noch wütender machten wir uns unverrichteter Dinge wieder auf den Heimweg. Während der Fahrt versuchte ich ihn auf seinem Handy zu erreichen, doch auch das war vergebens. Was sollten wir jetzt tun und wo war Ernesto? Um mich etwas abzulenken, kaufte ich noch schnell eine Tageszeitung von einem Verkäufer, der an einer Ampelkreuzung mit den neuesten Nachrichten herumwedelte. Ich war einem Schock nahe, als ich auf das Titelblatt sah. Eine halbe Seite war ausgefüllt mit einem Bild von Ernesto! Er war verhaftet worden und saß jetzt im Gefängnis. Immer wieder musste ich das Bild ansehen, aber die Zusammenhänge konnte ich nicht erfassen.
           Wir hatten ihn nicht angezeigt, wer also hatte das veranlasst? Sofort rief ich Peter an, um ihn zu bitten, ob er für uns dolmetschen konnte. Dann fuhren wir gemeinsam zum Staatsanwalt, um dort die ganze Wahrheit über Ernesto zu hören: Nicht nur uns hatte er betrogen und mit gefälschten Papieren hinters Licht geführt, sondern mit vielen anderen hat er das gleiche Spiel gespielt. Und einer von den Betrogenen hat ihn hinter Gitter gebracht. In den USA war er vorbestraft und hat dort mehrmals im Gefängnis gesessen, denn seit den achtziger Jahren führte er ein Leben als Hochstapler und Betrüger. Da er vom FBI wegen weiterer Verbrechen gesucht wurde, hatte er sich nach Mexiko abgesetzt, um mit dort mit den gleichen Mitteln weiter zu „arbeiten“. Eigentlich hätten wir froh sein können, dass dieser Mann nun hinter Gittern war, doch unser Geld bekamen wir dadurch nicht zurück. Versuche mit einem privaten Anwalt unser Recht zu bekommen, schlugen ebenso fehl, denn Ernesto besaß nichts mehr, womit er seine Schulden bei uns hätte

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