Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
gespielt.
"Geh von mir
runter!", fauchte ich.
"Noch
nicht!", knurrte er. "Ich bin keiner der Ratschläge erteilt, weil mir
im Grunde jeder scheiß egal ist! Doch wenn ich dir einen gebe, dann liegt mir
etwas daran, dass du mir zuhörst!" Plötzlich schien es, als habe er seine
Gleichgültigkeit abgelegt. Denn ich starrte in die Augen eines Schwarzen
Kriegers, eines äußerst aufgebrachten Mannes, dessen Emotionen durch seine
Berührung auf mich übergingen.
"Du weißt, dass
ich mich nicht gerne wiederhole, aber für dich mach ich das jetzt! Wut lässt
uns Fehler machen und falsche Entscheidungen treffen, sie lässt uns Dinge tun,
die man später bereut, und Worte sagen, die wir nicht sagen wollten! Auch du
kennst diesen Umstand!" Er sah mich an und wartete auf mein Nicken.
"Deshalb rate
ich dir, Lucien nicht zu verurteilen! Du hattest dein ganzes Leben, um zu
lernen, mit der Vielzahl von Gefühlen umzugehen. Lucien lernt erst seit er dich
kennt! Und das schlimmste ist die Angst. Ich sehe sie in seinen Augen, wie er
gegen sie kämpft und befürchtete, er könnte diesen Kampf verlieren! Mia, ich
kenne Lucien mein Leben lang und ich habe diesen Mann noch nie so gesehen!
Selbst mir bereitet es Sorgen, wenn ich in sein Gesicht blicke, in dem sich die
ganzen Emotionen abspiegeln, die seine Seele quälen!"
Eine Träne lief über
meine Wange. Nicolais Worte trafen mich tief, genauso tief wie sein Schmerz,
über einen Verlust, den er durch Kaltherzigkeit zu verbergen versuchte.
"Kann ich dich
jetzt loslassen, ohne dass du mir den Kopf abhacken willst?"
Ich nickte, da meine
Stimme mir nicht gehorchen würde.
Als sein Gewicht von
mir abfiel, setzte ich mich auf und kauerte mich zusammen. Weitere Tränen
liefen über mein Gesicht. Stumme Tränen, die die ganze Pein in meinem Inneren
zum Ausdruck bringen wollten.
London schien auf
meiner Tränendrüse zu hocken, denn kaum hier, wollte diese nicht aufhören zu
arbeiten.
Als Nicolai sich
entfernen wollte, packte ich seinen Arm, wobei er unter meiner Berührung
erstarrte, bis ich ihn wieder losließ.
"Bitte geh
nicht! Lass mich nicht allein!" Ich war erbärmlich! Doch ich konnte nicht
anders. Ich wollte nicht allein sein, wollte jemanden bei mir haben, der mich
nicht verurteilte, der mich nicht als irgendetwas abstempelte. Der immer nur
ehrlich zu mir war und mich so hinnahm, wie ich nun einmal war.
"Kannst du mich
hier rausbringen?", fragte ich hoffnungsvoll. "Ohne dass uns jemand
sieht?"
Nun warf er mir
einen fast schon verzweifelnden Blick zu. "Du meinst, ich soll dich
teleportieren?"
Ich nickte.
"Ich … ahm …
wohin?"
Ich zuckte mit den
Schultern. "Vielleicht in mein altes Zimmer?"
"Da wohnt jetzt
Logan!"
Ich seufzte. "Ist
sonst irgendein Zimmer frei?"
Er schüttelte den
Kopf. "Max, Bruce und Dave bewohnen den Rest!"
Eine neue Träne
bahnte sich einen Weg über meine Wange. Gerade wurde mir bewusst, dass ich im
Grunde nichts mehr hatte. Nichts!
Ich wohnte in eines
anderen Haus, trug geschenkte Kleider und nicht einmal meine Träume konnte ich
mehr mein Eigen nennen.
Und plötzlich kam
ich mir wie eine Gefangene vor. Eine Gefangene des Schicksals, das mein Leben
mit Füßen trat.
Selbstmitleid,
dachte ich, so fühlte sich also wahres Selbstmitleid an.
Doch auch wenn mir
bewusst war, dass ich gerade darin badete, war es mir unmöglich dieses Gefühl
abzustellen.
Getränkt mit Hoffnungslosigkeit,
legte ich meinen Kopf auf meine angezogenen Knie und wischte meine Tränen an
meiner Jean ab. "Dann bleib ich einfach hier sitzen.", flüsterte ich
wie ein Häufchen Elend und badete, und badete, und...
"Das werde ich
noch bereuen.", hörte ich Nicolai seufzen, bevor er meine Hand nahm und
mich auf die Beine zog. "Du musst dich festhalten, mein Teleportieren
fühlt sich etwas anders an, als Luciens."
Ich schlang meine
Arme um seinen massigen Oberkörper und spürte, wie er bei dieser Geste vollends
erstarrte. Doch auch er legte seine Arme um meine Schultern und im nächsten
Moment begann die Welt zu schweben. Es war fast so, als würde ich auf Wolken
gehen. Mit Lucien war es immer eine Achterbahn, die mir, ohne dass er mich mit
Küssen ablenkte, den Magen umdrehte. Aber mit Nicolai war es etwas völlig
anderes. Es war wie ein getragen werden, schwerelos und leicht.
"Wir sind da.",
flüsterte er und trat schnell einen Schritt zurück.
"Das war …
wundervoll!", sagte ich und kassierte einen bösen Blick von ihm.
Wundervoll war wohl
kein Wort, das er gerne
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