Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
-, trafen mich tief,
doch es war die Traurigkeit, gespickt mit Reue, die in mein Herz stach.
Ich erinnerte mich
an den Moment, als Lucien vor meinem blutüberströmten Körper kniete. Es waren
dieselben Worte, die er mir, begleitet von dem Schmerz in seinen Augen,
zugeflüstert hatte. Doch ich wusste weder damals, noch jetzt, auf was sie sich
bezogen.
Bereute er es, mich
aufgesucht zu haben? Hatte er Schuldgefühle, weil ich verletzt, ja sogar fast
getötet wurde? Oder meinte er den Umstand, dass er mir sein Blut gegeben hatte?
Ich wusste nicht, wie
lange er schon direkt vor mir stand, mich eingehend musterte, während ich zu
ergründen versuchte, was in mir, beziehungsweise in Lucien vorging. Doch das
Glas, das in mein Blickfeld rückte, ließ mich aufsehen, in diese unglaublich
blauen Augen, in denen immer noch ein Schatten lag.
Und dann, ohne
Vorwarnung, ergriff er meine Hand. Vor Schreck hielt ich den Atem an. Unser
Kontakt weckte meine Gabe und nun konnte ich den bitteren Geschmack der Wut und
die Schärfe seines Ärgers auf meiner Zunge spüren. Sie schwelten in ihm wie ein
Waldbrand und es kostete ihn viel zu viel Anstrengung, diese vor mir zu
verheimlichen.
Während er meinen
Blick suchte, versuchte ich ihn auszusperren, meine Barriere hochzufahren, um
nicht laut aufzukeuchen. Doch bevor ich meinen Schutzschild auch nur
ansatzweise gebildet hatte, drückte er mir das Glas in die Hand und ließ mich
wieder los.
"Du siehst
besser aus.", kam es nun von ihm. Seine Stimme war beherrscht und ruhig
und wollte somit nicht so ganz zu seinem aufgewühlten Inneren passen.
Ich nahm einen
Schluck Whisky und versuchte mich auf das Brennen in meiner Kehle zu
konzentrieren. "Ja, Iljas ist sehr fürsorglich." Kaum hatte ich die
Worte ausgesprochen, wusste ich, dass dies ein schlechter Anfang war. Eine neue
Welle von Zorn schwappte mir entgegen und ließ mich instinktiv einen Schritt
zurückweichen.
Meinen Blick auf den
rotbraunen Teppich geheftet, hörte ich ein tiefes Seufzen. "Mia, ich weiß
dass du meine Emotionen spürst. Und wie es scheint, kann ich sie, so sehr ich
mich auch bemühe, nicht vor dir verbergen." Seine Stimme war leise und
genauso leise schien die Traurigkeit, die darin mitschwang und mich dazu
brachte, ihn anzusehen.
Er hatte sich wieder
auf das Sofa gesetzt. Sein Oberkörper lehnte schwer in dem weichen Polstermöbel
und seine Schultern waren unübersehbar abgesackt. Es war nicht das erste Mal,
dass ich den Eindruck hatte, als würde die Last der ganzen Welt auf seinem
Rücken liegen. Er sah erschöpft und ausgelaugt aus.
"Ich will dir
jedoch sagen", fuhr er fort. "dass ich nicht gekommen bin, um dir
Angst zu machen. Im Gegenteil, das ist das Letzte was ich möchte!"
Ich wollte ihm
sagen, dass ich keine Angst hatte, doch das stimmte so nicht ganz. Der ganze
Umstand ängstigte mich. Durch meine Gabe hatte ich früh gelernt, mit Gefühlen
anderer umzugehen. Doch nun schien es, als stünde ich wieder am Anfang. Ich
hatte Luciens Gefühlen, die wie ein stetiger Strom in mich flossen, nichts
entgegenzusetzen. Meine Barriere schien Luft für sie zu sein und seine
Emotionen zerrten an mir. Dazu kam noch die Tatsache, dass ich genau spürte,
dass seine Wut gegen mich gerichtet war, und dies festigte meine Befürchtung,
dass er mir nie verzeihen könnte.
"Ich weiß.",
flüsterte ich, und erinnerte mich daran, dass es sein gutes Recht war, wütend
auf mich zu sein. Ich hatte ihm nichts als Ärger eingebrockt. Seit wir uns das
erste Mal über den Weg gelaufen sind, hatte ich sein Leben auf den Kopf
gestellt und eine Spur von Verwüstung hinter mir hergezogen.
"Es tut mir
leid, Mia!", waren seine nächsten Worte.
Ich schluckte
schwer, denn der Kloß in meinem Hals wurde stetig größer. Vor meinem geistigen
Auge sah ich schon den Abschied, der mir nun bevorstand. Ein Abschied, den ich
glaubte, nicht noch einmal ertragen zu können. Iljas Worte waren es gewesen,
die wieder Hoffnung in mich gepflanzt hatten. Doch im Grunde hatte er Recht
behalten - Lucien war gekommen -, nur ich hatte fälschlicherweise angenommen,
dass er auch bleiben würde.
Wie dumm war ich
bloß, erneut zu glauben, dass er mich noch wollte?
"Dann mach,
dass es aufhört!", hörte ich Iljas in Gedanken, und so flüsterte ich: "Dir muss nichts Leid
tun. Ich weiß was du für ein Opfer gebracht hast, und das werde ich dir nie
vergessen!"
"Opfer?",
wiederholte er etwas verwundert.
Ich nickte. "Ich
weiß, dass du immer nur in
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