Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)
sein Kopf war vorne über
gebeugt. Sein Atem ging schwer und röchelnd, seine Muskeln waren so angespannt,
dass das enge T-Shirt zu reißen drohte. Die Luft vibrierte vor Energie,
mächtiger, wütender Energie.
Wieder trat ein
gequälter Laut aus seiner Kehle, wobei sich seine Muskeln anspannten, seinen
Rücken durchbogen und er sich leicht aufbäumte, bevor er wieder vorneüber
sackte.
Ohne weiter
nachzudenken, eilte ich zu ihm und ließ mich neben ihn auf die Knie fallen.
„Lucien?“
Als ich meine Hand
auf seine Schulter legte zuckte er zurück und ein tiefes tierartiges Knurren
drang aus seiner Kehle. Seine Hände krallten sich in die Bettdecke und nur
mühsam hob er den Kopf.
Sein Anblick – voll
ausgefahrene Fangzähne, tierähnliche grelle Pupillen, die seine schwarzen Augen
teilten, Schweißperlen, die auf seiner Stirn standen, wo eine Ader vor
Anstrengung hervorgetreten war -, hätte mich warnen sollen, hätte jeden anderen
in die Flucht geschlagen. Doch sein ganzer Ausdruck, der von unendlichem
Schmerz geprägt war, ließ mich verharren. Ja sogar eine Hand nach ihm
ausstrecken, um ihm die Haare aus dem schweißnassen Gesicht zu streichen.
Doch ich griff ins
Leere.
Verdutzt sah ich zur
gegenüberliegenden Wand, wo er keuchend dagegen lehnte. „Hau ab! Du bist hier …
nicht sicher!“ Kaum waren die Worte aus seinem Mund gekommen, krümmte er sich
vor Schmerz und griff sich auf den Bauch. Da sah ich die klaffende Wunde, aus
der das Blut sickerte.
Es war die Art von
Déjà-vu, das man nie erleben wollte, das einem vor den Kopf stößt und
kurzzeitig lähmt, unfähig macht, zwei Realitäten voneinander zu unterscheiden.
Und diese Art von Déjà-vu, dieser wahr gewordene Alptraum, traf mich in dem
Moment mit voller Wucht. Bilder von Luciens Tod setzten mich kurz außer Gefecht
und die Angst lähmte mich, bevor mich mein Verstand zum Handeln zwang.
„Oh mein Gott!“,
stieß ich hervor und eilte zu ihm.
Er wollte sich
gerade entziehen, als ich schon meine Handfläche auf die offene Wunde presste,
wo augenblicklich warmes Blut über meine Haut rann und alles rot färbte. Er
keuchte vor Schmerz, stieß ein Knurren aus und packte meine Handgelenke mit
dermaßen festem Griff, dass ich befürchtete, sie würden brechen.
Mit einer Mischung
aus Angst und Besorgnis, blickte ich in sein Gesicht, und da wurde mir bewusst,
in welcher Gefahr ich mich befand.
Er war ein
verwundetes Raubtier, das mich aus schmerzverzerrten Augen anstierte, als wäre
ich diejenige, die ihn in diese Lage gebracht hatte, die ihm Schmerzen zufügte,
und nicht jemand, der ihm helfen wollte.
Das bedrohliche
Funkeln in seinen veränderten Pupillen, ließ mich daran zweifeln, ob er
überhaupt wusste, wer da vor ihm stand.
„Lucien?“, flüsterte
ich, und musste feststellen, dass meine Stimme leicht brüchig klang.
„… bin nicht ich …
selbst!" Seine vollausgefahrenen Fänge ließen seine Wörter verzerrt und
abgehackt klingen. „musst gehen … will dich … nicht verletzen!“
Nur zu genau wusste
ich, dass er auf meinen Hals starrte, wo mein Puls wie behämmert in meiner Vene
pochte. Bei dem Blutverlust den er bereits erlitten hatte, musste sein Durst
fast unerträglich sein.
Mein erster Impuls
war zu fliehen, mich in Sicherheit zu bringen. Doch die Art, wie er die Worte
aussprach, die Qual, die darin zu vernehm war, ließ mich bleiben
„Dann tu es nicht!“,
flüsterte ich mit möglichst ruhiger Stimme. „Ich vertraue dir!“, fügte ich noch
hinzu.
„Kann … mir nicht
vertrauen … Monster!“, keuchte er, und ließ meine Hände los, um sich wieder an
der Mauer abzustützen.
Monster? Wut stieg
in mir hoch. Er war kein Monster!
Im nächsten Moment,
sackte er in sich zusammen und viel auf die Knie. Ich hatte nicht die leiseste
Chance seinen Fall zu stoppen. Das waren 120 kg Muskelmasse, die einmal in
Bewegung, nicht aufzuhalten waren.
„Jetzt hör mir mal
genau zu!“, fuhr ich ihn an. „Du wirst mir jetzt helfen deinen Arsch hier auf
das Bett zu schwingen, damit ich mir deine Wunde ansehen kann. Und wenn du noch
einmal so von dir redest, verpass ich dir gleich noch eine Kopfverletzung!“
Er erwiderte nichts.
Als ich jedoch aufstand und an seinem Arm zog bemühte er sich aufzustehen. Ich
legte seinen Arm um meine Schulter und stütze so viel von ihm wie ich tragen
konnte. Jeder Schritt war schleppend. Irgendwie schafften wir es jedoch von der
einen Zimmerecke in die andere zu gelangen wo ich ihn aufs Bett
Weitere Kostenlose Bücher