Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)
fallen ließ.
Allein schon seine Beine über die Kante zu hieven war ein Kraftakt.
„Warte hier!“, sagte
ich unnötigerweise und eilte ins Badezimmer um feuchte Lappen und Handtücher zu
holen.
Als ich wieder in
Zimmer trat, lag er noch immer auf dem Rücken. Sein Brustkorb hob und senkte
sich mühsam und verriet seine unregelmäßige Atmung.
Ich schob die Angst
um ihn beiseite und machte mich daran, sein T-Shirt aufzureißen. Der Anblick,
der sich mir bot, war grauenhaft. Sein Oberkörper war das reinste Schlachtfeld.
Er musste das T-Shirt frisch angezogen haben, denn nach den zugefügten Wunden,
hätten nur mehr Stofffetzten übrig sein dürfen.
Unzählige Schnitte
verunstalteten seine Haut. Doch es war die tiefe Furche, die sich von seiner
linken Seite, bis zu seinem Bauch zog, wo sie in einem riesigen Loch endete,
die mich wirklich beunruhigte.
Reiß dich jetzt
zusammen, ermahnte ich mich, drückte ein Handtuch auf die noch immer blutende
Bauchwunde, und begann, mit zittrigen Händen, das viele Blut abzuwischen.
Beim Geruch von
Luciens Blut meldete sich unweigerlich meine vampirische Seite. Meine Sinne
begannen sich zu schärfen und mein Zahnfleisch begann zu pulsieren. Sein
unverwechselbarer Duft, eine herrliche Versuchung, die jede Sünde wert war,
drohte Hunger und Verlangen in mir zu erwecken.
Luciens Körper
zuckte unter meiner Berührung und da wurde mir bewusst, dass ich in meinem
Versuch, ihn zu säubern, inne gehalten hatte. Stattdessen sein Blut anstarrte,
seinen Duft in mir aufnahm und mir über die Lippen leckte. Beschämt von meiner
mangelnden Selbstkontrolle schalt ich mich im inneren und wechselte das
blutgetränkte Handtuch gegen ein neues. Obwohl ich versuchte, sanft zu sein,
wand er sich immer wieder und stieß Schmerzlaute aus.
„Schschsch“, wollte
ich ihn beruhigen. „Alles wird gut!“
Seine Augenlider
flatterten und er versuchte von mir wegzurücken. „… dich fernhalten … weg von
mir …"
„Warum zum Teufel
hört das nicht auf zu bluten?“ Ich wechselte erneut das Handtuch und drückte
noch fester zu.
Plötzlich begann
sein Körper zu zittern. Anstrengung ließ seine Muskeln anschwellen. Seine Hände
ballten sich zu Fäusten und er murmelte Wörter in der Alten Sprache, während
sein Kopf hin und hergerissen wurde, als würde ihn jemand als Punchingball
verwenden.
Prompt begann die
Wunde wieder stärker zu bluten, riss an den Seiten auf, wo die Heilung bereits
eingesetzt hatte, wieder auf.
„Lucien!“, sagte ich
mahnend und drückte wieder fester auf das Handtuch. „Hör auf damit!“ Doch es
kam keine Reaktion. Als würde er im Fieberwahn nichts um sich herum wahrnehmen.
Entschlossen ihn zu
erreichen, beugte ich mich über ihn und nahm sein Gesicht zwischen meine Hände.
Zu spät merkte ich,
dass diese Geste ein gewaltiger Fehler war.
Bevor ich noch
reagieren konnte, schlug er die Augen auf, starrte mich mit diesen tierhaften
Pupillen an und im selben Moment schoss seine Hand nach vor und packte meinen
Hals.
Mein Keuchen wurde
durch seinen Daumen erstickt, der unerbittlich gegen meine Luftröhre drückte
und mir die Atemzufuhr abschnitt. Der Sauerstoffmangel und der Schmerz auf
meinem Kehlkopf, machten sich sofort bemerkbar. Silberne Punkte tanzten vor
meinen Augen, aus denen Tränen quollen und meine Sicht trübten. Meine
Fingerspitzen wurden taub und meine Knie drohten einzuknicken. Ein
Schwindelgefühl drohte mich zu überrollen, kündigte eine nahende
Bewusstlosigkeit an.
Ich fürchtete mich
nicht vor meinem Tod. Meine alleinige Sorge galt Lucien. Was würde mit ihm
geschehen, wenn er wieder klar bei Sinnen wäre, und er realisierte, zu was er
in einem Moment, der absolut verlorenen Kontrolle, fähig war?
Ich könnte es
nicht ertragen dich zu verletzten! Ich bin gefährlich! Ich bin nicht der den
ich dir wünsche, und ich werde nie der sein, den du verdienst!
Längst
ausgesprochene Worte hallten durch meinen blutleeren Kopf und mir wurde klar,
dass diese Aktion ihn zerstören würde.
War das Schicksal
denn so grausam? Würde ich durch die Hand des Mannes sterben, der mein
Seelengefährte war?
Mit letzter Kraft
hob ich meine Hand und strich über seine Wange. Meine Lippen formten seinen
Namen, flüsterten eine stumme Vergebung, bevor sich meine Augen schlossen und
ich wünschte, ich wäre nie nach London gekommen.
Plötzlich löste sich
der schraubstockartige Griff um meinen Hals und ich taumelte rückwärts.
Keuchend rang meine Lunge nach Luft,
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