Mias verlorene Liebe
Finger in Ethans Haar. Ihr Atem kam heftig und keuchend …
Ethan wusste nicht, wie er sein Begehren zügeln sollte. Am liebsten hätte er die Lehnen der Sitze zurückgeklappt und Mia die Kleider vom Leib gerissen …
„Ethan? Ethan? Bist du das?“
Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Stimme aus der Gegensprechanlage in ihr Bewusstsein drang. Es war die Stimme von Grace!
Ein Eimer kaltes Wasser hätte nicht ernüchternder sein können. Mias Herz krampfte sich zusammen, und ruckartig richtete sie sich auf.
9. KAPITEL
„Musst du unbedingt ein Gesicht ziehen, als gingest du zum Zahnarzt?“, machte Ethan seiner Ungeduld – und seiner sexuellen Frustration – Luft, während sie ausstiegen.
Eigentlich konnte er es Mia jedoch kaum verübeln, die leidenschaftlichen Küsse so abrupt beendet zu haben. Auch für seine eigene Libido war es ein Dämpfer gewesen, die Stimme seiner Mutter zu hören, während er sich gerade der Vorstellung hingab, wie er Mia ganz langsam entkleidete.
Trotzdem hätte Mia ruhig etwas weniger entsetzt wirken können, als sie sich seinen Armen entwand.
Bei diesem Blick fühlte er sich ja fast wie ein Monster. Ein Monster, dem es zu entfliehen galt – oder eben Grace Blacks Sohn.
Resolut schob er das Kinn vor. „Sollen wir es hinter uns bringen?“
Mias Gesicht war wieder sehr blass, und tiefe Schatten lagen unter ihren Augen. „Oh Gott, ich habe keine Ahnung, was ich zu meinem Vater sagen soll … oder zu deiner Mutter!“
„Dir wird schon etwas einfallen, da bin ich mir ganz sicher.“ Gleichmütig zuckte Ethan die Achseln, während er den Kofferraum öffnete und ihr Gepäck herausholte.
Mia wünschte sich, sie könne seine Überzeugung teilen. Immerhin hatte sie ihren Vater seit fünf Jahren nicht mehr gesehen.
Bei Grace war es sogar noch länger her. Wie verhält man sich denn in so einer Situation? Gibt es dafür eine bestimmte Etikette?
Ethan schienen Zweifel dieser Art nicht zu quälen. Beschwingt schritt er mit den Koffern die Steintreppe zur Eingangstür der Villa hinauf. Er benimmt sich, als hätte es diese Küsse vorhin überhaupt nicht gegeben, wütete Mia innerlich. Ergeben folgte sie ihm jedoch die Stufen hinauf.
Vielleicht spielte diese Episode eben ja wirklich keine besondere Rolle in seinem Leben? Wahrscheinlich hatte er sie nur zur Ablenkung geküsst.
Ihr selbst bedeuteten diese Küsse jedoch etwas …
Wie sehr sie sich auch das Gegenteil wünschte, Ethans Ausstrahlung übte eine verheerende Wirkung auf ihre Selbstbeherrschung aus. So war es schon immer gewesen … und heute vielleicht sogar noch stärker als damals.
Mias Gedankenkarussell kam zu einem abrupten Ende. Wie angewurzelt blieb sie stehen, als die Tür aufflog und sie auf der Schwelle ihren Vater erblickte.
Ihr Herzschlag stockte, und plötzlich fiel es ihr schwer, zu atmen. Mit einem Blick erfasste sie seine Gestalt. Wie sehr er sich verändert hatte – und doch … eigentlich auch wieder nicht. Er sah viel dünner aus als früher, jedoch nicht gebrechlich. Seine hochgewachsene Gestalt wirkte nach wie vor kraftvoll und aufrecht. Das volle graue Haar war an den Schläfen weiß, und das sonnengebräunte Gesicht erschien Mia schmaler geworden mit deutlich mehr Falten um Mund und Augen.
Mia fühlte sich, als befinde sie sich jenseits von Zeit und Raum. Die Sekunden, in denen Vater und Tochter einander stumm musterten, schienen sich ins Unendliche zu dehnen – und plötzlich war die Gegenwart wieder da. Vor ihr stand ihr Vater. Attraktiv, stark, der Fels in der Brandung … auf den sie sich in der Vergangenheit immer stützen konnte.
Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie die Sehnsucht im Blick dieses Mannes sah, die Sehnsucht eines Vaters nach seiner Tochter. Sie machte einen Schritt auf ihn zu … als sie im Inneren des Hauses eine Bewegung registrierte. Grace! Die elegante, wundervolle Grace, die sich im Hintergrund aufhielt, um sofort zu Hilfe eilen zu können, falls diese nötig werden sollte.
Falls sie William stützen müsste – falls er zusammenbrach.
Oder sie ihm zur Seite stehen müsste, sollte Mia einen Eklat heraufbeschwören.
Mia erstarrte. Der Zauber des Augenblicks war verflogen. „Du siehst gut aus“, sagte sie steif.
Der warme Ausdruck in Williams Augen erlosch, und seine Schultern sanken unwillkürlich nach vorn. Dann nahm er sie entschlossen zurück und richtete sich auf. „Und du hast dein wundervolles Haar abgeschnitten“, murmelte er.
Ist das nun gut oder
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