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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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zuzuflüstern: »Sei ein bisschen vorsichtig. Ich weiß nicht, ob du es schon gemerkt hast, aber die Alte hat einen Knall!«
    Â»Ach, Lothar, ich habe wenigstens nur einen Stock zum Gehen, aber du hast einen im A … Allerwertesten.«
    Ich halte schockiert die Luft an. Es passiert aber nichts. Er wirft nicht mal einen Zuckerwürfel nach uns. Lothar schnappt sich hocherhobenen Hauptes seinen Kaffee und setzt sich schweigend an einen freien Tisch.
    Â»Es ist so schade. Er könnte richtig süß sein. Wenn er doch nur mal lächeln würde. Aber da ist diese tief sitzende Traurigkeit in ihm.« Lilly schaut ihn mitleidig an.
    Ich sehe bei Lothar eigentlich nichts dergleichen. Zwar ist er mir mit seiner grummeligen Art auch irgendwie ans Herz gewachsen, aber er bleibt eben doch ein mürrischer alter Herr. Obwohl ich glaube, dass er uns vielleicht immer mehr mag. Früher zumindest hätte er sein Zimmer nicht so oft verlassen, um sich zum »Pöbel«, also uns, zu gesellen. In letzter Zeit hängt er häufiger hier rum, auch wenn er uns immer deutlich zeigt, was für eine Zumutung das ist.
    Â»Vielleicht sollte ich mich etwas um ihn kümmern«, sagt Lilly nachdenklich.
    Â»Oh, Lilly, meinst du nicht, du hast dich schon genug um ihn gekümmert?« Ich probiere einen ermahnenden Blick und muss dann doch losprusten. Mit zugekniffenen Augen fixiert Lothar uns wachsam, als würde gleich wieder jemand durchdrehen. Lilly prostet ihm ausgelassen mit ihrer Kaffeetasse zu. Er guckt rasch wieder aus dem Fenster.
    Â»Mein Gott, dieses Schäkern. Also ich habe für so etwas ja keinen Elan mehr. Und irgendwie finde ich es auch unnatürlich«, erklärt eine von Doras Begleiterinnen gut vernehmlich. Die sind sicher bloß neidisch. Hier kommt auf vier Frauen höchstens ein Mann, da ist der Konkurrenzkampf natürlich groß.
    Â»Blöde Schnepfen«, brummelt Lothar. Seltsam, nimmt er etwa schon wieder Lilly in Schutz? Vor ein paar Minuten hat er sie doch noch beleidigt?
    Dass das Leben im Alter irgendwie unkomplizierter wird, brauche ich wohl gar nicht erst hoffen. Es wird wohl höchstens überschaubarer, weil die Reihen der Bekannten sich langsam lichten. Und weil die Sache mit dem Sex wegfällt. Aber man muss immer noch höllisch aufpassen, was man tut und sagt, wenn man nicht ein Außenseiter der Gesellschaft werden will. Auch wenn die dann nicht mehr von Facebook, Ikea, Starbucks und H&M gelenkt wird, sondern von einem Kaffeekränzchen in den eng begrenzten Wänden eines Altersheims. Werde mir demnächst mal eine Liste für diesen Lebensabschnitt machen. Vielleicht mit guten Büchern, die ich immer schon mal lesen wollte. Dann kann ich den ganzen Tag in schönen Parks herumhängen, lesen, meinen Gedanken nachhängen. Zuhause tue ich dann so, als könnte ich mich nicht mehr bewegen, damit Jungs von »Essen auf Rädern« mich so richtig betüddern. Das klingt ja fast so, als würde ich davon ausgehen, alleine alt und grau zu werden. Dabei will ich das natürlich nicht, sondern gemeinsam mit Hrithik. Der Gedanke versetzt mir einen Stich, weil genau diese Zukunft plötzlich in Frage gestellt ist. Und selbst wenn wir sie gemeinsam erleben, was wäre eigentlich, wenn er mal nicht mehr ist. Würde ich dann durchdrehen wie mein Vater?
    Â»Träumst du?« Lilly winkt mit der Hand vor meiner Nase auf und ab.
    Â»Entschuldigung«, ich lächle zerknirscht. »Was hast du gesagt?«
    Â»Ich brauche noch etwas Gutes zu lesen, und du hast doch gleich Feierabend. Begleitest du mich noch zu ›Rosenbaums‹?«
    Das ist ein hübscher kleiner Buchladen direkt um die Ecke. Ich stand schon oft vor dem liebevoll gestalteten Schaufenster des modernen Antiquariats. Von außen sieht es sehr britisch aus. Eine Fassade in Weinrot, und die hölzernen Fensterrahmen sind dunkelgrün gestrichen. Der Laden wirkt plüschig und gemütlich. Jede Woche wechselt im Schaufenster das Thema. Mal liegen dort nur Bücher über Italien, dann ausschließlich alles zum Gelingen perfekter Kuchen oder Schiffsknoten. Leider habe ich es noch nie geschafft, diesen Laden zu betreten – wegen der knappen Öffnungszeiten.
    Ich schaue auf die Uhr. »Ich hätte tatsächlich noch Zeit, aber es ist schon sieben Uhr. Er schließt doch jetzt, oder?«
    Â»Elizabeth ist eine Freundin von mir. Die lässt uns garantiert

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