Mich gibt s ubrigens auch fur immer
dem Boden liegst und deinen Vater beschimpfst. Das käme hier sicher nicht gut.«
Passiert mir ganz sicher nicht. Alle Blockaden, die ich gestern hatte, sind immer noch da. Ich habe sie sicher verwahrt. Ich beichte ihr, dass ich es eher als eine Frage des Stolzes sehe, weiter an der Therapie teilzunehmen.
»Blödsinn«, zischt Juli. »Echt emanzipiert bist du erst, wenn du ganz für dich allein entscheidest und nicht danach, dass du irgendetwas beweisen willst.«
»Ich glaube, ihr versteht da etwas nicht richtig«, fällt Stefan uns ins Wort. »Ihr könnt euch nicht einfach aussuchen, ob ihr lieber in der einen oder anderen Gruppe sein wollt. Euer Inneres gibt die Antwort. Und wenn Tanja in die Kampfgruppe gehört, sollte sie da auch bleiben.«
Keine von uns hält es für nötig, ihm zu antworten. Ich denke über Julis Worte nach. Sie klangen so banal wie wahr. Ich weià aber trotzdem nicht, ob ich es über mich bringe, jetzt gleich wieder zu schmeiÃen. Hey, vielleicht ist das schon mein erster Entwicklungsschritt, sonst schmeiÃe ich ja immer relativ schnell alles hin, sobald es nervt. Und verprügelt zu werden, nervt definitiv. Vielleicht sollte ich das doch als eine Art wichtiges Ãbungsfeld für die Zukunft sehen, so à la »Wenn ich das durchhalte, muss ich auch nie wieder einen Job hinschmeiÃen, bei dem man sich zumindest keine schweren körperlichen Verletzungen holt«?
Vielleicht ist es aber auch nur ein Zeichen besonderer Dummheit, so etwas durchziehen zu wollen?
»Ich sollte einmal etwas zu Ende bringen!«, sage ich zu Juli.
»Was wäre denn der gelungene Abschluss? Ein gleichmäÃig blau gefärbter Körper? AuÃerdem kannst du es gar nicht zu Ende bringen, weil wir in einer Woche wieder weg sind und so schnell hier keine Therapie beendet ist. AuÃerdem tun wir doch sowieso nur so als ob«, den letzten Teil hat sie geflüstert. »Also komm morgen mit in meine Heilkundestunde. Da lernen wir erst mal nur unseren eigenen Körper kennen und lieben, in dem wir ihn mit duftenden Ãlen massieren.«
»Ich werde drüber nachdenken«, verspreche ich Juli, bevor wir uns in den Schlafsaal zurückziehen. Ich weià nicht, ob die anderen uns absichtlich ärgern wollten, aber unsere Pritschen stehen an den beiden entgegengesetzten Enden des Raumes. Ich würde mich wirklich besser fühlen, wenn ich sie neben mir hätte. Stattdessen liegt Ishira neben mir und taxiert mich feindselig. Ich traue mich kaum, die Augen zu schlieÃen, aus Furcht, einen Dolch aus Kokosnussschale im Rücken zu haben. Was hat sie nur gegen mich?
»Ishira, was beschäftigt dich?«, fragt Aman, als er vor dem Einschlafen noch einmal eine Runde dreht, um die Fortschritte und Gedanken zu überprüfen.
»Sie gehört nicht in die Gruppe«, faucht sie und zeigt auf mich, »ihre ganze Art hat mich völlig aus meiner Spur gebracht. Ich konnte gar nichts Echtes mehr empfinden, als sie mich angesehen hat. Da ist kein Kampfgeist, nichts.«
Damit hat sie im Prinzip sogar recht.
»Falls es so sein sollte«, sagt Aman, »dann nimm es als Lehre, ganz bei dir selbst zu bleiben und nicht zu sehr auf die Reaktionen der anderen zu schielen. Und lass ihr etwas Zeit, nicht jeder kann sofort seinen Kern öffnen.«
Danke, Aman, wirklich sehr nett. Ich garantiere dir, dass du meinen Kern nicht knacken wirst, solange ich hier bin. Es scheint mir so sinnlos, hier mit den anderen von nun an tagelang im Haupthaus rumzuhängen. Ich bin gekommen, um meinen Vater zu meiner Hochzeit einzuladen, und nun werde ich ihn kaum noch zu Gesicht kriegen. Statt zu Hause mit Hrithik zu essen, zu kuscheln oder eine nette Serie im Fernsehen zu gucken, schwitze ich die ganze Zeit und muss mich mit diesen Gestörten auseinandersetzen. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ich kenne die Antwort: Ich habe gar nicht gedacht. Das kommt definitiv auf meine Liste mit den Dingen, die ich in Zukunft ändern will. Sobald ich meine persönliche Therapie in Sachen Durchhalten überstanden habe.
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D rei Tage vergehen, bis ich Kurt wiedersehe. Viel ist in der Zeit nicht passiert. Die Meditationsstunden machen mich wirklich gelassener, was sich aber negativ auf die Kampfstunden auswirkt, weil dort Gelassenheit das Aggressionspotenzial der anderen eher noch verschärft. Ich kann doch auch nichts dafür, dass mein erster Reflex immer
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