Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
Vom Netzwerk:
ist, mit den Leuten zu reden, statt ihnen gleich eine reinzuhauen.
    Kurt wirkt etwas geschockt, als er mich beim Abendessen wiedersieht, mittlerweile habe ich nämlich auch einen dicken blauen Fleck unter dem Kinn. Er sagt nichts, zieht mich aber hinterher beiseite, nachdem er kurz mit Juli getuschelt hat.
    Â»Du kommst mit«, sagt er so bestimmend, dass ich ihn trotzig ansehe. Früher war ich von uns beiden die Erwachsene, da muss er jetzt nicht versuchen, die Sache umzudrehen. Als mir bewusst wird, dass alle uns anschauen, folge ich ihm aber doch, damit es nicht noch peinlicher wird. Als wir in seiner Hütte angekommen sind, setzt er mich wortlos auf einen Stuhl in der Küche.
    Â»Wo ist eigentlich Megan?«, frage ich.
    Â»Die besucht ihre Eltern. Ihr werdet wohl schon wieder weg sein, bevor sie wiederkommt.«
    Â»Schade«, sage ich.
    Ãœberrascht schaut er mich an. Was hat er denn gedacht? Wenn ich ihm irgendetwas nicht übel nehme, dann, dass er fast dreißig Jahre nach dem Tod meiner Mutter keine Lust mehr hatte, allein zu leben.
    Â»Autsch«, entfährt es mir, als er ganz vorsichtig eine Tinktur auf eine aufgeplatzte Stelle schmiert. Eigentlich fühlt es sich ganz gut an, so umsorgt zu werden, aber auch ein wenig seltsam, weil ich es nicht gewohnt bin. Wenn ich nur nicht so angespannt wäre.
    Â»Ich möchte nicht, dass du da weiter hingehst.« Missbilligend schaut er mich an. Erst will ich reflexartig etwas Schneidendes erwidern. Dann schauen wir uns in die Augen, sehen darin die jeweils eigenen, und müssen beide lachen.
    Â»Na gut, es ist wohl ein bisschen spät, jetzt die Vaterrolle einzunehmen, was?« Er grinst verlegen.
    Â»Ein bisschen«, antworte ich huldvoll.
    Jetzt gibt es kein Zurück mehr, wir können jetzt unmöglich die Rede wieder auf etwas Belangloses wie das Wetter bringen. Vielleicht sind wir uns doch ähnlicher als ich dachte: Wir verfallen in stumpfsinniges Schweigen.
    Kurz stelle ich mir vor, ich würde es jetzt machen wie Ishira, mich auf dem Boden wälzen und all die schrecklichen Traumata meiner Kindheit herausschreien, die mir im Nachhinein gar nicht mehr so schlimm vorkommen. Außer die Sache mit meiner Mutter, aber dafür kann er nichts. Wenn, war es schon eher meine Schuld. Hätte ich mir nur nie den verdammten Plüschhund gewünscht. Würden die Menschen doch zu Weihnachten nicht so gemeingefährliche Riesenbäume aufstellen. Wenn wir sie so beharrlich fällen, ist es ja kein Wunder, dass die Natur irgendwann zurückschlägt.
    Â»Wer hat dich eigentlich so zugerichtet?«, will Kurt wissen und setzt sich zu mir an den Tisch.
    Ich berichte ihm von der Kampfstunde mit Ishira und dass ich Prügel bezogen habe, weil sie als Kind in ein Cowboykostüm gezwungen wurde. Es fühlt sich etwas merkwürdig an, sich bei ihm über die Eltern-Kind-Konflikte anderer lustig zu machen. Aber es ist schön, mit meinem Vater zu lachen. Das haben wir seit dem Tod von Mama nicht mehr getan.
    Â»Das tut mir leid«, sagt er. »Das habe sicher ich dir eingebrockt. Sie hat versucht, etwas mit mir anzufangen. Schien mir so eine kranke ödipale Geschichte zu sein. Offenbar verstrickt sie sich immer in Affären mit älteren Männern. Ich habe deshalb gesagt, dass sie meine Tochter sein könnte, und ich hätte schon eine, die ich in der Rolle vorziehe.«
    Â»Autsch«, sage ich. »Aber danke.« Ich versuche zu lächeln, obwohl mir ganz beklommen ist. Wieso nur habe ich plötzlich Lust, wie ein kleines Mädchen zu heulen, mich an seine Knie zu klammern und ihm zu sagen, dass ich ihm gar keine Schuld an irgendetwas gebe und mir die Sache mit dem Hund unsäglich leidtut.
    Â»Ich würde mich übrigens freuen, wenn ich wirklich zu deiner Hochzeit kommen darf.«
    Â»Darfst du«, sage ich schnell. Bei der Größe von Hrithiks Familie nehme ich jeden halbwegs vertrauten Kerl, den ich der fremden Masse entgegensetzen kann.
    Wir schweigen wieder. Das hier ist ja peinlicher als damals, als er mich zur Seite genommen und versucht hat, mit mir ein Aufklärungsgespräch zu führen. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er alles dafür gegeben hätte, eine Frau zu haben, die er hätte vorschieben können. Ging aber nicht, geht heute auch nicht. Megan ist ja bei ihren Eltern.
    Â»Ich dachte, du willst vielleicht nichts mehr mit mir zu tun haben. Du hast nie auf eine der

Weitere Kostenlose Bücher