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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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erleichtert darüber, dass jemand das Schweigen gebrochen hat.
    Â»Macht es dir etwas aus, wenn wir uns bei der Namensgebung eher an unseren Zielen als an unseren Problemen orientieren?«, fragt Juli.
    Â»Natürlich nicht«, murmelt Kurt.
    Â»Also gut. Dann möchte ich ›würdevoll‹ heißen.« Juli seufzt so sehnsüchtig, dass sie mir doch noch ein Grinsen entlockt.
    Â»Alles klar«, sagt Kurt.
    Â»Na, und was heißt das jetzt?«
    Er wühlt in seiner Tasche. »Keine Ahnung, das muss ich erst mal nachgucken. Wenn wir Glück haben, steht der passende Name auf meiner Liste.« Er hält einen zerknitterten Zettel hoch.
    Fragend hebt Juli die Augenbrauen.
    Â»Das ist ein Ausdruck. Darauf sind ganz viele Namen und ihre Bedeutungen festgehalten. Habe ich in einem Internet-Forum gefunden«, gibt Kurt verlegen zu. Schnell überfliegt er die Liste. »Ha!«, sagt er dann. »Also gut, Juli, du heißt von nun an Laranya.«
    Zufrieden lehnt sich Juli zurück. »Klingt schön. Einverstanden.«
    Ich lasse mich nicht so leicht abfertigen. »Aus einem Forum? Aber dann weißt du ja nicht mal, ob das alles stimmt. Die Leute stellen doch alles Mögliche ins Netz.«
    Juli verdreht die Augen. »Na und, stell dich nicht so an. Wie möchtest du heißen?«
    Â»Mut«, ist das Erste, das mir einfällt. Und es ist ja auch nicht so, als könnte ich davon nicht eine gehörige Portion gebrauchen, um die Situation hier zu meistern. Kurt schaut wieder auf seine Liste. »Sahasa«, sagt er dann leise und sieht mich das erste Mal an diesem Morgen direkt und fragend an. Ich beiße mir auf die Lippe.
    Â»Ich wähle die Therapien Kampf und Meditation«, fahre ich schnell fort – wie um zu bestätigen, dass ich meinem Namen gerecht werden möchte.
    Â»Meditation will ich auch«, ruft Juli. »Und dann will ich noch in den Heilkraftkurs. Ich lasse mich lieber pflegen als verprügeln«, erklärt sie.
    Zweifelnd sieht Kurt mich an.
    Â»Ich kann tatsächlich nicht dafür garantieren, dass es in dem Kampfkurs nicht hart zur Sache geht. Und ich werde drei Tage nicht da sein, weil ich dann ja mit Stefan und zwei anderen Anwärtern in dieser Hütte sitzen werde.« Kurt runzelt die Stirn.
    Dabei finde ich ihn fast ein wenig rührend. Er sieht manchmal so alt und erschöpft aus, dass ich ahne, mit was sich andere rumschlagen, die mit ihren Eltern inniger verbunden sind bzw. überhaupt noch welche haben. Die irgendwann auftauchende, erschreckende Erkenntnis, dass sie sterblich sind. Das sollte mich weniger überraschen als die meisten, tut es in diesem Moment aber trotzdem. Lässig winke ich ab. »Das schaffe ich schon, keine
Sorge.«
    Â»Ich kann dann ja Katzenurin auf die Wunden schmieren, sobald ich weiß, wie es geht«, unterstützt mich Juli.
    Kurt grinst.
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    I ch hätte seine Warnung beherzigen sollen, denke ich, als ich zwei Tage später im Schwitzkasten unter Ishira liege. »Das ist nichts Persönliches«, sagt sie, während sie mir das Knie in den Brustkorb presst.
    Â»Wehr dich, lass es raus«, ruft unser Trainer, dessen Namen ich nicht verstanden habe – aber er klang so ähnlich wie »Gandhi«, was für ein Hohn: Seine aggressiven Gesten der Ermutigung wirken bei mir leider überhaupt nicht. Ich hatte mir das Ganze eher wie einen »Tae-Kwon-Do-Kurs« vorgestellt, in dem man eine schicke Kampf-Choreografie einstudiert und nebenher noch seinen Körper kräftigt. Stattdessen sollen wir sinnlos aufeinander einhauen. Ich war aber noch nie der gewaltbereite Typ. Unter normalen Umständen würde ich an dieser Stelle versuchen, Ishira mit Worten zu beschwichtigen. Leider fehlt mir sogar dafür der Atem, als ich japsend unter ihr liege. Warum nur hat mir niemand erzählt, dass wir unser ganzes Gewaltpotenzial erst einmal ungefiltert rauslassen sollen, um es dann entweder loszulassen oder in eine hilfreiche Form zu bringen? Das ist der Grund, warum sie uns keine Technik an die Hand geben, sondern uns auffordern, uns ganz unverfälscht zu vermöbeln.
    Â»Das bringt mich so was von raus, wenn sie mich nur so krank anstarrt«, beschwert sich Ishira bei Ghandi.
    Â»Warum bringt dich das raus? Was fühlst du, wenn sie das tut?«
    Â»Es macht mich unglaublich wütend.«
    Â»Dann zeig es auch«, sagt Gandhi ungerührt. Ich habe sogar das Gefühl,

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