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Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt

Titel: Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse
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schmolz.
    Als die Spiegeleier auf dem Tisch standen und die Teegläser gefüllt waren, kamen Mustafa und die Kinder in die Küche. Hungrig stürzten sie sich aufs Frühstück und verschlangen gierig die Eier. Danach machten sie sich über den Käse, die Tomaten und das Brot her. Ich konnte nichts essen. Mein Magen war wie zugeschnürt. Seit ich mich hingesetzt hatte, musste ich ständig an zu Hause denken. Jetzt würden sie auch gerade frühstücken. Vater würde – wie üblich – als Erster anfangen zu essen. Die anderen würden warten müssen. Oft war es so gewesen, dass er schon fast fertig war, bevor wir überhaupt anfingen. Wie anders es doch hier lief. Es wurde gewartet, bis alle am Tisch saßen, und sprechen durfte man auch. Bei uns zu Hause war das verboten. Im Vergleich dazu war das Frühstück hier unterhaltsam, das reinste Vergnügen. Die Kinder waren übermütig und redeten unentwegt. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Schweigendsaß ich da und versuchte ein paar Bissen hinunterzubringen.
    Als wir fertig waren, lief es wieder wie am Abend davor. Die Jungen und mein Onkel verließen den Raum, die Schwiegermutter gab mir kurz Anweisungen, dann ging auch sie. Ich musste den Tisch abräumen und das Geschirr spülen. Aber es ging ihr nicht schnell genug, sie trieb mich zur Arbeit an: »Beeil dich, wir haben heute noch mehr vor.« Als die Küche aufgeräumt war, hatte der Schwiegervater mit den Jungen die Wohnung verlassen. Ich weiß nicht, wohin sie gegangen sind. Mustafa war auch weg.
    Schwiegermutter und ich waren allein. Es widerstrebte mir, sie anne zu nennen, aber ich wollte sie nicht wieder verärgern, also bemühte ich mich. Sie saß schon am Tisch und hatte eine große Kiste vor sich. Ich setzte mich zu ihr und wartete ab. Sie hatte eine Kittelschürze aus leichtem Stoff an, ihr Kopftuch war vorne am Kopf gebunden, und an den Füßen trug sie Plastikschlappen. »Setz dich hin und hilf mir«, sagte sie. Ich war ziemlich verwirrt. Irgendwie begriff ich gar nicht, was sie von mir wollte. Vor ihr standen verschiedene Kisten. In der einen war eine dicke Kabelrolle, in einer anderen lagen viele kleine, schwarze Stecker. Sie rollte etwa einen Meter Kabel von der Rolle ab und kappte es dann ab. Mit einem Spezialwerkzeug entfernte sie die Isolierung und legte die Drähte frei. Danach nahm sie einen der kleinen, schwarzen Stecker und verschraubte jeden Draht mit einem dafür vorgesehenen Zugang. Das war ziemlich schwierig, weil die Drähte sehr dünn waren. Aber meine Schwiegermutter war sehr geschickt, und innerhalb von einer Minute hatte sie den ersten Schalter mit dem Kabelstück verbunden. Während ihre Hände zwischen Kabelrolle und Schalterkisten hin und her flogen, überlegte ich, wie um alles in der Welt ich das hinkriegen sollte.
    Da ich nicht verstand, was von mir erwartet wurde, fragte ich sie: »Was soll ich machen?«
    Da erst schien sie zu begreifen, dass das eine Arbeit war, die ich noch nie gemacht hatte. Vielleicht stimmte sie das milde, ich weiß es nicht. Jedenfalls erklärte sie mir dann genau, was zu tunsei. Ganz langsam zeigte sie mir die Arbeitsschritte und sagte: »Schau, kız , das machst du so«. Als die Drähte isoliert und der Schalter verschraubt war, sagte sie freundlich: »Das ist doch gar nicht so schwer, oder?«
     
    Ich versuchte mein Glück. Aber die Drähte waren so winzig, dass ich mich mit dem Verschrauben schwer tat. Auch die Spezialwerkzeuge waren neu für mich, und ich konnte nur sehr langsam arbeiten. Meine Schwiegermutter arbeitete sehr schnell. Sie schaffte ein Teil in weniger als einer Minute, während ich für meines drei-, viermal so lange brauchte. Nach ein paar Stunden taten meine Finger so weh, dass ich kaum mehr etwas mit ihnen halten konnte. Tante Songül arbeitete verbissen. Sie sprach nicht, schaute vor sich hin. Mechanisch rollte sie ein Kabelstück ab, schnitt es auf die vorgeschriebene Länge zu und montierte – fast ohne hinzugucken – den Schalter dran. Die fertigen Teile warf sie in eine weitere Kiste, wo sich viele schwarze Plastikschalter türmten. Es war Mittag geworden und ziemlich heiß in der Wohnung. Ich wollte ein Fenster aufmachen, aber das war ein Fehler. Sofort fing sie an zu zetern, was mir einfiele, die Fenster müssten zubleiben, weil es sonst unerträglich heiß würde. So saßen wir also, arbeiteten schweigend vor uns hin und schwitzten.
    Es war fünf oder sechs Uhr abends, als die anderen wiederkamen. Die Kleinen stürmten in die

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