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Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt

Titel: Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse
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macht. Aber ich habe nicht richtig zugehört, weil ich ja schon wusste, was passiert. Nur über die Folgen war ich mir immer noch nicht im Klaren. Nach dem Bad kamen die »Freundinnen«. Aber es waren nicht wirklich meine Freundinnen, denn die waren ja zu Hause in der Türkei. Zu meiner Hennanacht kamen nur Frauen, die ich größtenteils überhaupt nicht und erst seit kurzem kannte. Aber alle bemühten sich, mir einen netten Abend zu bereiten. Als es um das Henna ging, habe ich mich verweigert. Ich wollte nicht an Händen und Füßen bemalt werden, also habe ich mir nur ein bisschen in die Handflächen machen lassen. An diesem Abend war ich sehr traurig. Ständig musste ich an zu Hause, an meine anne denken, und ich fragte mich, warum sie an diesem wichtigen Tag nicht bei mir sein konnte.
     
    Der nächste Tag, der 15. August, war mein offizieller Hochzeitstag. Ich bin um sieben Uhr morgens aufgestanden. In dieser Nacht hatte ich nicht bei den Schwiegereltern geschlafen, sondern war bei der Tante im Erdgeschoss geblieben. Nach dem Frühstück halfen mir die Frauen beim Anziehen. Das hat ewig gedauert. Hier fehlte noch eine kleine Naht, da wurde noch etwas hochgesteckt. Bis alles richtig saß, waren zwei Stunden vergangen. Danach sind wir alle zum Frisör gefahren. Die Tante, die Schwiegermutter, ein paar Freundinnen und ich. Ich hatte damals ganz lange Haare und ließ sie mir vorne hochstecken, hinten sollten sie auf die Schultern fallen. Danach wurde ich geschminkt. Das war für mich das erste Mal. Noch nie hatte ich Wimperntusche oder Lippenstift benutzt. Ich kam mir ganz fremd vor, als ich in den Spiegel guckte. Als alle Frauen fertig frisiert und geschminkt waren, machten wir uns auf den Weg nach Hause. Dort warteten bereits die Männer.
    Der Schwiegervater begleitete mich zum Brautauto. Das warder Wagen von einem entfernten Verwandten, ein BMW, glaube ich. Auf der Kühlerhaube war kein Blumengesteck, sondern eine Puppe befestigt. Ich fand das eigentlich ganz hübsch, gedacht habe ich mir nichts dabei. Auf dem Rücksitz wartete Mustafa bereits, er nickte kurz und schaute dann wieder aus dem Fenster. Wie zwei Fremde saßen wir nebeneinander. Als sich der Wagen in Bewegung setzte, folgten ihm die Autos von der Familie und den Freunden. Ein ziemlich langer Korso fuhr laut hupend über die Dörfer. Das war nett, weil ich so endlich etwas von der Gegend zu sehen bekam. Viele Leute und Kinder standen am Straßenrand und winkten uns zu. Das gefiel mir. Ein paar Stunden später, wir hatten alle Dörfer in der Umgebung abgefahren, kamen wir schließlich in dem Restaurant an, das mein Schwiegervater ausgesucht hatte.
    Im Gasthaus »Zum Weißen Schwan« erwartete man uns bereits. Mustafa und ich mussten als Erste den Saal betreten. Wir sollten ganz vorne am ersten Tisch Platz nehmen. Neben mich setzte sich meine Tante Gül, deren Schwiegertochter Serpil und eine Freundin, neben Mustafa saßen seine Eltern. Nach und nach füllte sich der Saal. Es waren tatsächlich sehr viele Freunde und Verwandte gekommen. Ich kannte allerdings die wenigsten. Auf einer Bühne hatte sich inzwischen eine türkische Tanzkapelle eingefunden. Die acht Musiker spielten einen Tusch, und Mustafa und ich mussten in die Mitte des Saals. Um uns herum bildete sich ein Kreis, und Mustafa nahm mich an der Hand und versuchte sich mit mir in einem türkischen Tanz. Das sah, glaube ich, ziemlich merkwürdig aus, weil wir beide keine Übung im Tanzen hatten. Wir bewegten uns ein bisschen zur Musik, klatschten in die Hände und hofften insgeheim wohl beide, dass es bald vorbei sei. Es dauerte aber eine Ewigkeit, bis sich uns andere Paare anschlossen und mittanzten. Ich habe mich ziemlich geschämt und war erleichtert, als ich mich endlich wieder hinsetzen durfte. Ich war am Ende. Mir war schwindelig, und ein bisschen flau im Magen war mir auch. Ich musste dringend etwas trinken. Mustafa war sicher auch froh, als er mich zum Platz begleiten konnte.
    An unserem Tisch angelangt, bestellte er uns ein Cola-Mix-Getränk. Alkohol wurde an diesem Abend nicht getrunken. Das schickt sich nicht bei einer türkischen Hochzeit. Dann saßen wir beide auf unseren Ehrenplätzen und haben zugeschaut, wie die anderen getanzt und gelacht haben. Ich fühlte mich wie ein Zaungast auf meiner eigenen Hochzeit. Und je näher die Nacht rückte und vor allem das, was danach kommen sollte, umso flauer wurde mir im Magen. Irgendwann gab es was zu essen. Aber ich hatte keinen Hunger. Die

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