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Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt

Titel: Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse
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allem Birgül machte keinen Hehl daraus, wie sehr sie es hasste, dass er trank. Zu sehr hatte sie unter dem Alkoholismus ihres Onkels in Istanbul gelitten. Wann immer Zoran betrunken war, verließ sie den Raum und vergrub sich in ihrem Zimmer. Ich wurde immer wütender und schimpfte mit ihm. Fast jeden Abend hatten wir Streit. Schließlich ging er fast jeden Abend ins Wirtshaus und kam sehr spät nach Hause. Betrunken war er dann immer. Aber ich wollte keinen Trinker als Freund. Eigentlich liebte ich ihn, aber so wie er jetzt war, wollte ich ihn nicht mehr.
    Insgeheim machte ich ihn auch dafür verantwortlich, dass meine großen Söhne mit mir gebrochen hatten. Sowohl Muhammed als auch Can waren nicht mehr gekommen, seitdem Zoran bei uns wohnte. Mein Ältester hatte den Kontakt komplett abgebrochen. Von ihm wusste ich nicht mal, wo er wohnte. Eher zufällig hatte ich erfahren, dass er mit Tanja Schluss gemacht und sie und das Kind verlassen hatte. Und Muhammed? Er rief ab und zu seine Geschwister an oder schickte ihnen eine SMS, aber zu mir kam er nicht. Mein Herz schmerzte, wenn ich an meine Söhne dachte. Bei Muhammed konnte ich es noch eher verstehen,weil wir nie so eine enge Bindung gehabt hatten. Aber Can? Nein, das verstand ich nicht.
    So lebte ich monatelang innerlich zerrissen. Aber irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste eine Entscheidung treffen. Es fiel mir nicht leicht, aber ich entschied mich für meine Kinder. Also teilte ich Zoran mit, dass ich mich von ihm trennen wollte. Denn wäre er endlich weg, würden meine Söhne sicher wieder zu mir kommen. Zoran schien von meiner Entscheidung nicht besonders überrascht und sagte, auch er habe die ewigen Streitereien und Sticheleien satt. Er versuchte nicht, mich zu überzeugen. Nein, er akzeptierte es einfach, packte seine Sachen und zog zu seinem Bruder. Aber wirklich aufgegeben hat er mich nicht. Oft rief er mich an und versuchte mich zu treffen.
    Wann immer wir uns begegneten, knisterte es. Auch für mich war es schwierig, weil ich ihn immer noch liebte. Mein Kopf hatte sich gegen ihn entschieden, aber mein Herz sehnte sich nach ihm. Wenn ich ihn eine Weile nicht gesehen hatte und er plötzlich vor mir stand, wurde ich schwach. Einmal trafen wir uns heimlich in einem Hotel und haben uns geliebt. Das war schön, aber ein Zurück gab es nicht mehr. Ich konnte es meinen Kindern nicht antun. Eines Tages rief er mich an und sagte: »Jetzt hast du es geschafft, ich gehe.«
    Verwirrt fragte ich nach, und Zoran erzählte, dass er in Rente ginge und beschlossen habe, Deutschland zu verlassen. Wir trafen uns noch einmal und schliefen miteinander. Dann haben wir uns verabschiedet – für immer. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Würde ich diesen Mann je vergessen können?
    Nach Zorans Abreise normalisierte sich unser Leben. Wir waren jetzt allein, Birgül, Ali und ich. Obwohl ich oft an Zoran denken musste, wusste ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Jetzt würde alles gut werden. Inzwischen hatte sich auch Mustafa beruhigt. An seinen Wochenenden holte er die Kinder wie vereinbart ab und brachte sie auch wieder pünktlich zurück. Meistens fuhr sowieso nur noch Ali mit ihm. Birgül wollte immer weniger bei ihm sein. Eines Tages hörte ich, dassMustafa wieder heiraten wollte. Er habe eine Frau in der Türkei gefunden, die er im nächsten Sommer mitbringen würde. Es war eine Geschiedene aus unserem Dorf. Sie war in meinem Alter, und ich kannte sie sogar. Dass es in Mustafas Leben eine neue Frau gab, interessierte mich überhaupt nicht.
    Seit Zoran weggegangen war, fühlte ich mich zwar oft alleine, aber die Hoffnung, meine Söhne wiederzugewinnen, hielt mich aufrecht. In der Zwischenzeit hatte ich auch die Schulden im Griff. Ich würde zwar noch ein paar Jahre zahlen müssen, aber ein Kredit war bereits abbezahlt. Zoran hatte mir freundlicherweise die Möbel überlassen, die er in seinem Überschwang vor anderthalb Jahren gekauft hatte. Als ich ihn fragte, ob er sie nicht mitnehmen wolle, da sagte er nur: »Nein, behalt du sie. Ich brauche sie nicht.« Ab und zu rief er mich an und fragte, ob er nicht kommen solle. Aber ich habe immer »Nein!« gesagt, ich wusste, dass ich schwach werden würde, wenn er erst einmal hier war.
    Die Kinder wurden groß. Birgül war dabei, ihren Hauptschulabschluss zu machen, nur der Kleine bereitete mir Sorge. Er interessierte sich nicht für die Schule, sondern verbrachte seine Zeit

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