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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Diözese und damit offenen Aufruhr nach sich gezogen hätte. Hexerei aber zu verurteilen war das anerkannte Recht und die anerkannte Pflicht der Kirche, wie selbst der verbohrteste Ketzer zugegeben hätte. So kamen der Fürstbischof und seine Richter und vielleicht auch die vermögenden Bürger der Stadt zu dem kaltblütigen Schluß, der Geruch versengten Fleisches würde eine heilsame Wirkung auf die erregte Bevölkerung ausüben. Diesem schlau ersonnenen Plan fiel mein Weib Barbara zum Opfer; der Erfolg jedoch rechtfertigte die Mittel nicht. Selbst heute, da ich die Angelegenheit unparteiisch betrachten kann, kann ich nicht zugeben, daß jene Herren sehr weitblickend waren. Ich hasse sie so grimmig und bitter wie nur je, obwohl sie zweifellos überzeugt waren, recht und zum Besten der heiligen Kirche zu handeln.
2
    Ich war es selbst, der den graugekleideten Mann mit dem Rattengesicht, dessen Ruf ich nicht kannte, in den Ratssaal einließ. Er redete mich freundlich an und klopfte mir auf die Schulter, während er unaufhörlich den Kopf hierhin und dorthin wandte und seine grausamen kleinen Augen überallhin blickten, als seien sie beständig auf der Suche. Äußerlich schien er unbedeutend, und ich konnte mir nicht erklären, warum die Ratsherren ihn so ehrerbietig empfingen und sogleich alle Türen zu einer geheimen Sitzung, zu der ich keinen Zutritt hatte, zu schließen befahlen. Es dauerte nicht lange, bis die Türen sich wieder öffneten, der Mann auf mich zutrat und, gefolgt von zwei Ratsherren, meinem Blick etwas befangen auswich.
    »Euer Name ist Michael Pelzfuß, nicht wahr?« forschte er freundlich. »Ich bin Meister Fuchs, komme vom Vorstand dieser Diözese und möchte gerne Euer Weib Barbara sprechen. Ich habe ihr etwas mitzuteilen. Seid so gut und führt mich zu ihr.«
    Immer noch arglos – sein freundliches Wesen war so trügerisch –, wollte ich vorauseilen und Barbara den Besuch ankündigen; er aber packte mich am Arm und hielt mich fest. So mußte ich ihn und die beiden Ratsherren unangemeldet in unsere Behausung führen, obwohl ich mich unserer Armut schämte und es lieber gesehen hätte, wenn Barbara sich hätte umkleiden können, um sie zu empfangen.
    Es war ein heller Frühlingstag, und nach der dunklen Kellertreppe schienen die Stuben erfüllt vom Sonnenschein, der durch die kleinen Fenster unter der Decke einfiel. Barbara rührte eben im Schmortopf, als wir eintraten. Überrascht blickte sie auf.
    »Bist du es, Michael?«
    Dann fiel ihr Blick auf den Fremden, und sie fuhr sichtlich zusammen. Ihre Hand, die noch den Löffel hielt, sank herab; sie trat einen Schritt zurück. Ihr Gesicht wurde weiß, ja beinahe durchsichtig, so daß die häßlichen gelbbraunen Sommersprossen auf ihren Backenknochen hervortraten.
    Der Fremde musterte sie forschend mit seinen grausamen Augen. Dann lächelte er, wobei er zwei gelbe Rattenzähne freigab.
    Er wandte sich an die Ratsherren und meinte: »Das genügt. Wir können gehen.«
    Die Herren waren überrascht. Der eine warf mir einen mitleidigen Blick zu und fragte: »Wollt Ihr die Stuben nicht durchsehen, Meister Fuchs?«
    »Das genügt«, wiederholte er, indem er Rael, der unschuldig herbeigeeilt war, um ihn zu begrüßen, einen Tritt versetzte. Dann wandte er sich zum Gehen. Die Ratsherren folgten ihm schweigend, und ich schloß mit einer tiefen Verbeugung die Tür hinter ihnen. Dann wandte ich mich voller Staunen an Barbara.
    »Was soll das heißen?«
    Sie stand da, den Löffel in der Hand, starrte in die Ferne und schwieg eine Weile. Die Suppe lief über und ergoß sich ins Feuer. Wir beachteten es nicht, und Rael begann leise zu jaulen, als fühle er ihre Beklemmung. Barbara beugte sich zerstreut zu ihm nieder und streichelte ihn.
    »Ich muß fort, Michael«, sagte sie. »Je weniger du von dieser Sache weißt, desto besser. Mein einziger Trost ist, daß sie dir nichts anhaben können. Aber was auch geschieht – selbst wenn wir uns nie wiedersehen sollten –, ich bitte dich, glaube nichts Böses von mir, liebster Michael. Ich habe immer dich, und nur dich geliebt und werde dich immer lieben.«
    Mir krampfte sich das Herz bei diesen Worten zusammen.
    »Wer war der Mann?« fragte ich.
    »Fuchs, der Kommissär des Bischofs«, antwortete sie, als erklärte der Name schon alles. Als sie aber meinen ratlosen Blick bemerkte, lächelte sie leise und dünkte mir plötzlich wieder schön.
    »Ich vergaß, daß du ein Fremder bist, Michael, obwohl du natürlich

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