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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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seinem Glanz und seiner Pracht. Nein, sie trugen keine Schuld. Schuld trug die heilige Kirche durch grausamen Mißbrauch der Macht. Der Papst allein war schuld an Barbaras Leiden und Sterben. Während der Herold die Kundmachung verlas, bahnte ich mir einen Weg nach vorne an das Gerüst und fing in meinen Händen Barbaras letzte Blutstropfen auf. Und ich schwor in meinem Herzen einen fürchterlichen Eid, daß ich des Papstes Macht bis zum letzten Atemzug bekämpfen und mir nicht Ruhe gönnen würde, bis Clemens VII. vom päpstlichen Thron vertrieben und ein heimatloser, schutzloser Flüchtling geworden sei und die Macht Roms im Staube läge.
    Ich weiß nicht, ob Gott oder der Satan mir diesen Eid eingab. Nie zuvor hatte ich solche Gedanken genährt. Doch ich glaube, er kam von Gott, denn er ließ es zu, daß ich ihn vollführte, und mein Wunsch sollte in Erfüllung gehen, bevor noch drei Jahre vergangen waren.
    Damals aber konnte ich das nicht wissen, und ich fühlte mich allein und ohnmächtig in meinem Haß, als der Scharfrichter Barbaras Leichnam auf den Scheiterhaufen hob und ihr den Kopf zwischen die Knie legte. Das Feuer erfaßte das Birkenholz, und der Geruch, der sogleich bis zu mir drang, raubte mir die Kraft. Ich fiel auf den Steinen in die Knie und barg das Gesicht in den Händen.

SIEBTES BUCH
DIE ZWÖLF ARTIKEL
1
    Ich hatte meine Schulden an Bischof und Rat beglichen und dem Scharfrichter seinen Lohn entrichtet. Nun stand es mir frei, die Stadt zu verlassen, und ich hoffte, ihre Türme nie wieder zu erblicken. Ich holte meinen Hund vom Schließer, der ihn betreut hatte, und mietete einen Wagen, der uns samt meinem Reisekoffer nach Memmingen bringen sollte.
    Mein armer Hund war außer sich vor Freude, mich zu sehen. Er hatte, während mein Weib im Fieber lag, treu zu ihren Füßen gelegen, bis die guten Väter ihn vertrieben. Barbara hatte seine Geschwüre mit den Heilsalben des Scharfrichters behandelt, und er hatte sich zusehends erholt. Auf der geschorenen Haut wuchs ihm ein neues Fell, doch war es nicht mehr schwarz, sondern grau, und das Tier war noch so schwach, daß es lieber auf meinem Schoß lag als die Straße entlangzulaufen und nach guten Gerüchen zu schnuppern. Als ich das arme Tier in den Armen hielt, fühlte ich, daß Barbara uns nahe war, und so trösteten wir einander in unserem Elend.
    Doch in meinem Kummer und meiner Einsamkeit sehnte ich mich nach einem Freund, mit dem ich offen reden und bei dem ich Trost finden konnte. Zum erstenmal seit vielen Monaten dachte ich an Andy, der in des Kaisers Dienste getreten und nach Italien gezogen war. Obgleich seine Dienstzeit längst abgelaufen war, war er noch nicht zurückgekehrt. Wenn irgend jemand, so war er es, der mich trösten konnte, sprach er doch meine Muttersprache. Freilich war er ein närrischer Kerl, der ohne meine Führung zweifellos Hals über Kopf dem Tod in die Arme gerannt sein mochte.
    In Memmingen angekommen, machte ich mich unverzüglich auf den Weg zu Sebastian Lotzer; doch traf ich nur seinen Vater an, der sehr um ihn bangte. Er verachtete mich nicht, obwohl mein Weib als Hexe verbrannt worden war.
    »Wir leben in einer schlimmen Zeit, Michael Pelzfuß«, sagte er, »und die Bauern rotten sich, wie Ihr wißt, in vielen Bezirken gegen ihre Herren zusammen. Sie haben selbst Klöster und Konvente geplündert. Die Reden und das Gebaren meines irregeleiteten Sohnes haben mich so in Verruf gebracht, daß ich ihm die Tür weisen mußte. Ich weiß von ihm nur, daß er in die Dörfer hinausgezogen ist, mit Luthers Ketzerbibel unter dem Arm und einem Bettelstab in der Hand, unter Drohungen und Scheltworten gegen seinen alten Vater. Die Zeit steht kopf. Ihr seid stets ein anständiger und wohlgesitteter junger Mann gewesen, Michael Pelzfuß, aber ich verstehe nicht, warum die Jugend heute so auf den Umsturz der alten Ordnung versessen ist. Seit heidnischer Zeit haben unsere Ahnen sich abgemüht, unsere so vollkommene Gesellschaftsordnung zu errichten, in der jedem sein bestimmter Platz zukommt. Der Sohn übernimmt das Gewerbe seines Vaters; Gesetz, Brauch und Zunftregeln bestimmen das Leben eines Menschen von der Wiege bis zum Grab, und die heilige Kirche sorgt für unsere arme Seele. Alles hat seinen Preis. Die Bauern zahlen Steuer und Zehnt und leisten ihren Frondienst, und selbst die Sünden haben ihren von der Kirche genau festgesetzten Wert – auch Stoff und Schnitt unserer Kleider sind durch die Gesetze über den Luxus

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