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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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führten. Es waren harte Worte. Sie forderten die vollkommene Unterwerfung der Bauern, die unverzüglich heimkehren und wie früher ihre Zehnten und Dienste leisten sollten. Erst dann wollten ihre Hoheiten einen Ausschuß zur Untersuchung der zwölf Artikel einsetzen und ihre Entscheidung treffen, die für beide Seiten verbindlich sein sollte.
    Ulrich Schmid war in vollem Vertrauen auf Gottes Gerechtigkeit nach Ulm gezogen; nun kehrte er als geschlagener, müder Greis zurück und wich unseren Blicken aus. Mit kläglicher Stimme gestand er, daß die Wortführer der Bauern diesen Bedingungen zugestimmt und deren Annahme durch ihre Gefolgsleute zugesichert hatten.
    Sebastian schrie: »Seid Ihr von Sinnen, Ulrich Schmid? Habt Ihr Euren Glauben verloren? Wenn wir jetzt auseinandergehen, so ist Gottes Gerechtigkeit wertlos, und alle unsere Nöte werden siebenfach wiederkehren!«
    »Ich glaube an Gott, und das ist mein einziger Trost«, versetzte Ulrich Schmid, »aber Ihr wißt nicht alles und könnt die Sache nicht so beurteilen wie ich, denn die Fürsten und ihre kaiserlichen Ratgeber führten eine gar deutliche Sprache mit mir. Sie sagten mir offen, ihre Geduld müsse einmal ein Ende haben, und sie könnten ihre Söldner nicht auf unbestimmte Zeit unter Waffen halten; sie würden gezwungen, gegen uns zu kämpfen und uns alle zu erschlagen, wenn wir uns nicht unterwürfen.«
    Da schrien die Bauernführer einstimmig: »Ihr seid ein Narr, Ulrich Schmid! Die Fürsten müssen Euch bestochen haben. Sie haben keine Truppen, und ihr Feldherr Jürgen von Truchseß ist irgendwo in den Pässen Württembergs auf dem Marsch, wo Herzog Ulrichs Schweizer sein kleines Häuflein wie eine Erbse auf dem Amboß zerreiben!«
    Ulrich Schmid schüttelte müde den Kopf.
    »Ihr wißt immer noch nicht alles. Die Eidgenossenschaft hat vor Schreck über die Niederlage von Pavia ihre Leute aus des Herzogs Heer zurückberufen. Herzog Ulrich ist allein und verlassen nach Frankreich geflohen und hat seine Geschütze als Pfand für seine Schulden zurückgelassen. Jürgen von Truchseß zieht nun in Eilmärschen heran, und wir täten klug daran, auseinanderzugehen und auf das Wohlwollen der Fürsten zu vertrauen, das sie uns bei ihrer Ehre zusagten.«
    Da brach ein solches Geschrei aus, daß die Leute von allen Seiten herbeiliefen. Die Bauernführer stießen Beschimpfungen gegen Ulrich aus und hießen ihn einen Feigling, Schlappschwanz und Verräter. Als das Ergebnis seiner Sendung allgemein bekannt wurde, knufften und pufften sie ihn schier zu Tode. Schließlich sprach er unter Tränen, er wolle nichts sehnlicher, als für die gute Sache leben und sterben, und statt den Angriff der Fürsten im Felde abzuwarten, wolle er lieber für Gottes Gerechtigkeit das Schwert ziehen, wenn ihm einer zeigte, wie man es führe.
    Allein er hatte bereits verspielt. Schon steckten die besten und erfahrensten Führer mit ihren Leuten die Köpfe zusammen und berieten, was nun zu tun sei. Ihnen schlossen sich alle Landstreicher, beutelüsternen Söldner und rachsüchtigen Bauern an, die von friedlichen Maßnahmen nichts mehr wissen wollten. Es wurde viel von den blutrünstigen Taten erzählt, welche die Bauern sogleich nach der Erhebung ihrer Fahne verübt hätten; ich aber, der dabei war, kann bezeugen, daß wenigstens die aus Baltringen sich bis zu jenem Märztag keiner nennenswerten Gewalttat schuldig gemacht hatten. Erst in jener Nacht wurde Schloß Schemmeringen in Brand gesteckt, und das war meines Wissens das erste, obwohl die Bauernbewegung schon seit sechs Monaten im Gange war. Die Schuld fällt zur Gänze den Fürsten zur Last. Sie begannen den Krieg, nicht die Bauern. Die Bauern wünschten nur den Frieden und Gottes Gerechtigkeit.
    Doch schien es, als hätten die Bauern nur auf ein Zeichen gewartet, denn kaum loderten die Flammen von Schloß Schemmeringen zum Himmel, als auch schon Schlösser und Klöster brannten, so weit das Auge reichte. Die Rebellen nahmen für die erlittene Unbill persönliche Rache; so mancher grausame Verwalter mußte Spießruten laufen; mancher Edelmann wurde mit ihnen handgemein und blieb erschlagen liegen.
    Selbst die Besonneneren unter den Bauern, die zu Ulrich Schmid gehalten hatten, ließen sich durch den Anblick ihrer betrunkenen Kameraden hinreißen, die aus Schloß und Kloster Wagenladungen voll Beute heimschafften, und Banden von Plünderern suchten das Land bis zum Donautal heim.
    Sebastian kehrte bleichen Gesichts von einem

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