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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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ist und Gottes Gerechtigkeit auf Erden herrscht.« Erbittert über diese Antwort und über die Brandwunden an meinen Beinen, die nun wie rasend schmerzten, schmähte ich ihn, hieß ihn einen meineidigen Lumpen und forderte wenigstens die Hälfte des Geldes auf der Stelle. Nach vielem Schimpfen und erbittertem Wortgefecht entrang ich ihm hundert Gulden, die Hälfte davon untergewichtig, und dazu eine schriftliche Anweisung auf weitere neunhundert, begleitet von der Mahnung, auf Gott zu vertrauen. Ich habe nie erfahren, was aus dem gesamten Schatz des Bischofs geworden war, denn Jürgen Knopf konnte nur einen Bruchteil davon zur Anwerbung von Söldnern aufgewendet haben, und als man ihn enthauptete, war der Schatz spurlos verschwunden. Allein ein Sperling in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach, wie die gute Mutter Pirjo zu sagen pflegte, und Knopf gab mir zum Zeichen seines guten Willens noch ein leidlich gesundes Pferd aus des Bischofs Stall. Bei Tagesgrauen, als die hellen Sterne der Sommernacht noch am Himmel standen, ritt ich mit der Botschaft von unserem großen Sieg und der schmählichen Flucht des Bischofs nach Baltringen zurück.
4
    Aber Ulrich Schmid war über meine Botschaft nicht sonderlich erbaut; sein Glaube war ins Wanken geraten. Gewalt erzeuge Gewalt, meinte er, und Jürgen Knopf würde durch das Schwert, zu dem er gegriffen habe, umkommen. Ich wurde seiner bald überdrüssig, kehrte in mein Quartier zurück, führte mein Pferd in den Stall und humpelte auf meinen versengten Beinen die schmale Treppe zur Dachkammer empor, die ich glücklicherweise für mich allein hatte behalten können. Meine Wirtin, die biedere Witwe eines Gewürzhändlers, deren Obhut ich meinen Hund anvertraut hatte, hatte mir versprochen, keinen ungebetenen Gast in meine Kammer einzulassen. Man kann sich daher meine Entrüstung ausmalen, als ich eintrat und einen fremden Söldner auf meinem Bett hingestreckt fand, der mit offenem Munde schnarchte. Er trug bunte geschlitzte Hosen; sein Wams stand offen und ließ die behaarte Brust sehen. Selbst im Schlaf umfaßte die eine Hand den Schwertknauf, die andere umklammerte die Börse. Mein Hund lag zusammengerollt auf des Mannes Bauch und erhob sich nicht, mich zu grüßen, sondern wedelte nur mit dem Schweif und blinzelte mir zu, als wolle er sagen, es schicke sich nicht, des Kriegers Ruhe zu stören. Ich erkannte den Schlafenden nicht, obwohl sein breites, einfältiges Gesicht mich bekannt dünkte; in meiner Entrüstung schüttelte ich ihn barsch, um ihn zu wecken. Als er erwachte, redete er in vielen Sprachen, gab einen Feuerbefehl und fluchte auf spanisch.
    Als er aber ganz zur Besinnung kam, setzte er sich auf den Rand des Bettes, sah mich an und sprach: »Michael Pelzfuß, mein Bruder! Du lebst also. Warum humpelst du wie ein lahmes altes Weib?«
    Nun gingen mir die Augen auf, und ich erkannte Andy, den ich so schmerzlich vermißt und totgeglaubt hatte. Ich weinte vor Freude und umarmte ihn, und er nahm mich wie einst in seine Bärenpranken, daß ich mich krümmte und er mir schier die Rippen brach. Er war größer und breiter geworden; seine ganze Erscheinung hatte etwas von der brutalen Roheit des Söldners angenommen; allein er blickte mich wie einst aus seinen schläfrigen grauen Augen an, und das Haar stand ihm wie gewöhnlich zu Berg. Er sprach nur stockend finnisch und mischte viele fremde Brocken darein; auch ich sprach keineswegs fließend, waren doch viele Jahre vergangen, seit ich in meiner Muttersprache geredet hatte.
    »Gott sei gelobt, daß du wieder wohlbehalten bei mir bist!« rief ich. »Nun kann ich für dich sorgen und zusehen, daß du nicht mehr Unfug treibst – und ich habe Geld, so daß es dir an nichts fehlen wird. Wie du diese ganze Zeit über ohne mich zurechtgekommen bist, kann ich mir nicht denken.«
    Aber Andy schüttelte stolz seine pralle Börse und sagte: »Ich bin nicht als armer Teufel zurückgekommen. Als ich von den Unruhen in Deutschland hörte, machte ich mich sogleich aus dem kaiserlichen Lager auf, um dich zu suchen, denn meine dreijährige Dienstzeit war um, und der Kaiser schuldete mir mehr als ich ihm. Einen so bettelarmen Kaiser wie diesen hat es nie gegeben! Er schuldet nicht nur allen Königen und Fürsten Europas Geld, sondern auch dem gemeinsten Pikenier und Maultiertreiber in seinem Heer. Sei dem wie immer, ich habe Glück gehabt und kann nicht klagen. Bin froh, daß ich von dem Schlamassel hier hörte, bevor ich all mein

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