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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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meinen Beinen schmerzten mich.
    »Gehen wir schlafen«, meinte ich; »hoffen wir, daß das Morgen uns besseren Rat schafft als das Heute.«
    Madame Genevièves Augen leuchteten; meine Anspielung auf die Schlafenszeit ganz und gar verkennend, umarmte sie mich und machte sich erbötig, mich ins Bett zu geleiten, wenn ich nicht fest auf den Beinen stehen könne, und meine Wunden zu verbinden. Die Witwe weigerte sich standhaft, ihr ihr eigenes Bett zu überlassen, und sagte uns allen ein schlimmes Ende voraus. So stiegen wir in die Dachkammer empor und lagen zu dritt auf meinem Ruhebett, Madame Geneviève in der Mitte. Andy schlief ein und schnarchte, kaum daß sein Kopf auf dem Kissen lag, worauf Madame Geneviève mich liebevoll umarmte und mir ins Ohr flüsterte. Ich aber widerstand ihren Verführungskünsten, da ich allzu müde war, und schlief ein, ihre weichen Arme um den Hals.
5
    Erst am nächsten Morgen kam mir die Unmäßigkeit des vergangenen Tages recht deutlich und kräftig zu Bewußtsein. Ein Morgentrunk kühlen Bieres aber machte mir wieder den Kopf einigermaßen klar, und ich machte mich mühsam auf den Weg zu Ulrich Schmid. Seine Hauptleute berichteten, ein Bauernheer von fünftausend Mann ziehe nach Leipheim an der Donau, wo es ringsum viele reiche Klöster und Schlösser gebe. Ich verkündete, auch ich wolle unverzüglich dahin reiten, denn ich war überzeugt, je eher wir Madame Geneviève loswürden, um so besser für uns. Ulrich Schmid begrüßte meinen Entschluß und beschwor mich in Gottes Namen, den Bauern aufzutragen, so bald wie möglich zum Hauptheer zu stoßen, denn der schwäbische Feldherr Jürgen von Truchseß ziehe in Eilmärschen heran und erschlüge, köpfe, blende und brenne die in vielen verstreuten Haufen Herumziehenden. Deshalb täten die Leipheimer Bauernhaufen gut daran, sich zu sputen.
    So brachen wir nach Leipheim auf. Frühlingsregen hatte die Straße aufgeweicht, auf den Wiesen standen wilde Blumen in leuchtenden Farben, und in der Luft hing Lindenduft, obwohl der Monat April kaum begonnen hatte. Wir dachten an unsere karge Heimat, die um diese Jahreszeit noch unter Eis und Schnee lag, mit ihren grauen, unter Schneewehen halb begrabenen Hütten und ließen die Köpfe hängen. Andy erzählte mir, er sei unter den deutschen Söldnern einem dänischen Leutnant begegnet, der seinerzeit unter König Christian gedient hatte. Der habe ihm erzählt, König Christian habe mittlerweile längst Krone und Länder an seinen Onkel, den Herzog von Holstein, verloren und sei nach den Niederlanden geflohen, um bei seinem Schwager, dem Kaiser, Schutz zu suchen. In einem schwachen Augenblick hätten die schwedischen Edlen Gustaf zum König gewählt – Gustaf aus dem Hause Vasa, der Schweden und Finnland so kräftig gegen ihren rechtmäßigen Monarchen aufgewiegelt hatte.
    Wir vertrieben uns unterwegs die Zeit mit munteren Reden, und Madame Geneviève unterhielt uns mit vielen unerbaulichen Geschichten vom französischen Hof und den Gewohnheiten des französischen Königs. Als wir das. Städtchen Leipheim erreichten, sahen wir, daß die Bauern auf den Hängen um die Stadt ihr Lager aufgeschlagen hatten; dort herrschten Unordnung, Trunkenheit und Schwelgerei – das wohlbekannte Bild. Auf dem Marktplatz der Stadt blühte der Handel; aber die Juden, die aus allen Richtungen dort zusammengeströmt waren wie die Fliegen auf dem Misthaufen, hatten ihre Karren schon mit den wertvollsten Waren beladen, die sie um einen Pappenstiel von durstigen Bauern erworben hatten und nun zu Schandpreisen losschlagen wollten. Wir kehrten dem Markt den Rücken und wanderten im nahen Lager umher, vom Schafstall zum Kuhstall, von der strohgedeckten Hütte zur Scheune; denn an allen diesen Orten hatten die Bauern sich eingenistet. Sie breiteten bereitwillig ihre Beute aus, und wenn ich auf einen ihrer Führer stieß, oder besser auf die, die am lautesten brüllten, gab ich ihnen Ulrich Schmids Rat weiter, nach Baltringen zurückzukehren und ihre Forderungen in friedlichen Verhandlungen mit dem Feldherrn der Fürsten vorzubringen, der unterwegs sei, die Bauern Mores zu lehren. Aber diese Leute waren von ihrer eigenen Stärke und ihren vielen Erfolgen förmlich berauscht und meinten, sie glaubten weder an Verhandlungen noch an Feldherren und schon gar nicht an Ulrich Schmid; der sei ein altes Weib.
    Während wir dergestalt verhandelten, entdeckte Madame Geneviève eine Truhe voll herrlicher Gewänder – Seiden, Samte,

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