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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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behauptet, er sei mein Sohn.«
    »Jeder Irrtum ist ausgeschlossen«, bemerkte Madame Geneviève. »Ich wußte es, sobald er geboren war. Er gleicht Andy aufs Haar, und es kostete mich die größte Mühe, meinem ersten Beschützer einzureden, er sei der Vater des Kindes. Ihr entsinnt Euch seiner, Meister Michael, nicht wahr? Er ließ sich jedoch schließlich überzeugen und anerkannte nach vielem Hin und Her das Kind als seinen Bastard. Der Knabe steht nun unter dem Schutz einer edlen Familie, obwohl sein Vater – ich meine natürlich seinen gesetzlichen Vater – ein Verschwender und ein Tölpel war. Friede seiner Asche. Er kam bei Pavia um, wie so viele andere; glücklicherweise ertrank er, während er über den Fluß zu entkommen versuchte, und entging so der offenkundigen Schmach der Feigheit. Ich habe meinen Sohn André Florian genannt, auf daß er die Namen seiner beiden Väter trage, des gesetzlichen und des natürlichen. Oft dachte ich mit Verlangen nach Andys Zärtlichkeiten, wenn ich in den Armen schwächerer und weniger angenehmer Liebhaber lag, bis ihn endlich die göttliche Vorsehung zu meiner Rettung aus der Gewalt der Spanier bei Pavia herbeiführte.«
    Madame Geneviève sprach so sanft und überzeugend und warf Andy aus ihren Veilchenaugen so hingebungsvolle Blicke zu, daß ich an ihren Worten nicht zweifeln konnte und anfing zu glauben, Andy hätte doch recht gehandelt, daß er die Mutter seines Sohnes in seinen Schutz nahm, ungeachtet der Mühen und Auslagen, die uns daraus entstehen würden.
    Andy aber fragte: »Glaubst du ihr, Michael? Wenn ja, dann ist es deine Pflicht, deinen Anteil an der schweren Last der Vaterschaft auf mich zu nehmen, da der Knabe in Wirklichkeit zur Hälfte dir gehört und eigentlich André Michel Florian heißen müßte!«
    Darauf rief ich in größter Überraschung und Entrüstung, daß ich Madame Geneviève niemals auch nur berührt hätte, obwohl es mir in meiner jugendlichen Torheit am Willen dazu nicht gefehlt habe; daß ihre Falschheit mich gerettet habe, wofür ich Gott nun dankte angesichts der Zwickmühle, in die sie Andy gebracht habe. Andy aber betrachtete mich spöttisch aus seinen ehrlichen, schon etwas umflorten Augen und wies darauf hin, daß sie mir schuldig war, was er an meiner Statt an Ort und Stelle eingestrichen hatte, und ich daher an dem Kinde mindestens ebenso schuld sei. Dies konnte ich nicht leugnen, und mich packte eine ohnmächtige Wut. Madame Geneviève legte mein Schweigen als Zustimmung aus und setzte die wehleidige Geschichte ihrer Abenteuer fort: wie sie nach der Schlacht in der Klosterzelle, die ihr Beschützer ihr gesichert hatte, Zuflucht nahm und sich mit all ihren schönen Sachen herausputzte, in der Hoffnung, ein edler Herr käme des Weges und böte ihr seinen Schutz; wie statt dessen ihre Zufluchtsstätte zuerst von einem schmutzigen und blutigen Pöbelhaufen heimgesucht wurde, der ihr alles raubte, und darauf von den Spaniern, die, da sie sonst nichts mehr vorfanden, sie mit Gewalt und nacheinander ihrer Ehre beraubten.
    Sie weinte, da sie ihrer üblen Behandlung gedachte, und schloß, als sie endlich mit ihrer Erzählung zu Ende war: »Ihr müßt verstehen, Michael, der Erfolg einer Frau hängt von ihren Kleidern, ihren Schönheitsmitteln und ihrer Haartracht ab. Der Verlust meines Geldes betrübte mich nicht so sehr, denn ich hätte mir bald wieder ebensoviel verdienen können, wenn ich nur die Kleider und die übrigen Gegenstände besessen hätte, die mir erlaubten, mich nach einem hochgestellten Beschützer im kaiserlichen Lager umzusehen. Ohne sie war ich so übel dran wie die gemeinste Dirne. Aber durch die Gnade der Vorsehung fand ich den Vater meines Sohnes, der mich aus dieser schlimmen Lage befreite, obwohl er mir noch nicht die Garderobe verschafft hat, die ich brauche, um in meinen alten Stand zurückzukehren und ehrenhaft für meine Kinder zu sorgen.«
    Andy schwor, er würde nie seine sauer verdienten Dukaten für ihren Flitterkram hinauswerfen, und wenn sie tausendmal die Mutter seines Sohnes wäre, allein ich erkannte, wir würden Madame Geneviève nicht früher loswerden, als bis wir sie mit den für ihren Beruf nötigen Effekten versehen hätten. Ich erzählte ihr daher, die Bauern plünderten die Schlösser ringsumher und ihre Weiber spreizten sich in Samt und Seide und Pelzen, und wir könnten gewiß für sie passende Kleider zu mäßigen Preisen auftreiben. Vorläufig aber sei ich müde, und die Brandwunden an

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