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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Blutbad blickte; das seine Leute so meisterhaft anrichteten. Aber die Ritter seines Gefolges drangen in ihn, dem sinnlosen Schlachten ein Ende zu machen, und erinnerten ihn gewiß daran, daß Bauern nicht auf Bäumen wüchsen und man ihrer zum Pflügen und Säen bedürfe.
    Schließlich ließ von Truchseß die Trompeten blasen und den Generalprofos herbeiholen, um nach Gebühr Gerechtigkeit walten zu lassen. Er schrie so laut, daß der Wind seine Stimme zu uns herübertrug. Als ich ihn nach dem Scharfrichter rufen hörte, trieb ich meine Gabel in den Boden und schüttete Pulver auf die Pfanne, ungeachtet der Müßiggänger neben mir, die mich baten, nicht zu feuern, und schreckensbleich das Hasenpanier ergriffen. Selbst Andy meinte, es sei unnötig, in ein Wespennest zu stochern. Ich schüttete frisches Pulver auf, zündete die Lunte an, befestigte sie am Hahn, zielte und feuerte. Aber Jürgen von Truchseß traf ich nicht. Meine schöne Büchse zerbarst mit einem Knall. Zweifellos war auf der Überfahrt Wasser in den Lauf geraten, und wie durch ein Wunder Gottes wurden weder ich noch die Umstehenden durch die scharfen Splitter verletzt, obwohl mir das Pulver das Gesicht versengte.
    Unser kleiner Gefährte begann aus Leibeskräften zu predigen und behauptete, dies sei ein Beweis, daß die schwäbischen Bauern einer falschen Lehre verfallen seien. Diese Bemerkung verfehlte ihre Wirkung auf mich keineswegs, saß mir doch noch der Schreck in den Gliedern, daß mir meine gute Waffe in der Hand zerborsten war. So fragte ich ihn, wer er sei und warum er die schwäbischen Bauern für verirrte Schafe halte, obwohl sie zu Luther hielten und für Gottes Gerechtigkeit und die zwölf Artikel kämpften. Der Fremde erwiderte, er sei der Geringste und Niedrigste im Land, heiße Jakob der Schneider und stamme aus der guten Stadt Mühlhausen in Thüringen. Er habe den Leuten in dieser Gegend Briefe und Botschaften seines Herrn und Lehrmeisters überbracht, in der löblichen Absicht, sie gegen ihre Herren aufzuhetzen und zum Anschluß an die Auserwählten Gottes zu bewegen. Jakob habe Weiterreisen wollen, in Leipheim aber hätten sie ihn nur verlacht und seine Briefe angespuckt, und nun empfingen sie ihre wohlverdiente Strafe; denn Gott lasse seiner nicht spotten.
    Es war wahrhaftig eine Strafe. Der Scharfrichter stand bereit. Die Reisigen schleppten die Bauernführer herbei, und dazu einen Priester, den wir auf einem Esel inmitten der Verteidiger hatten reiten sehen. Die Soldaten hatten leichtes Spiel, denn die Niederlage hatte die Bauern gedemütigt, und nun wetteiferten sie miteinander im Angeben ihrer Führer und halfen ihnen mit harten Rippenstößen aus dem Gedränge nach vorn. Köpfe rollten vor die Hufe des Rappen, darunter der des Priesters.
    Jakob frohlockte. »Luther ist kein heiliger Prophet«, sagte er, »sondern eher ein Wolf im Schafspelz. Gottes wahres Sprachrohr ist mein Meister und Lehrer, der, wie der heilige Johannes der Täufer, aus der Wüste gekommen ist, um die Gemeinschaft der Auserwählten Gottes und das Tausendjährige Reich zu predigen. Was mich betrifft, so habe ich hier nichts mehr verloren und werde zu meinem Meister zurückkehren. Die Pikeniere suchen scheint’s ein Floß, um herüberzufahren.«
    Er hatte recht, und wir eilten von dannen; der Schneider führte uns. Jeder Schritt trug uns weiter von Baltringen fort, wo ich Rael unter der Obhut der Witwe zurückgelassen hatte. Aber Baltringen war nun weit weg; zwischen uns und der Stadt lag die Donau und lag der Feind. Es war klar, daß ich Ulrich Schmid nicht weiter von, Nutzen sein konnte; er wurde denn auch kaum eine Woche darauf enthauptet. Sein Heer wurde aufgelöst, ohne einen Streich geführt zu haben, und die Bauern kehrten zu ihren verkohlten Türschwellen zurück – denn das war alles, was von Truchseß von ihren Heimstätten übriggelassen hatte. Davon hörte ich aber erst viel später.
    Wir keuchten neben dem kleinen Schneider her, über sumpfiges Brachland, an Gräben entlang und durch das dichte Gebüsch, um nicht behelligt zu werden. Madame Geneviève weinte bitterlich und unaufhörlich und machte uns Vorwürfe, weil wir ihre Truhe im Stich gelassen hatten und sie nun ärmer war als zuvor, da sie ihre Schuhe im Schlamm verloren hatte.
    Die vielen Zeichen, unsere wundersame Rettung und das Bersten meiner Flinte gaben mir viel zu denken, und ich fürchtete, es könne eine göttliche Absicht dahinter verborgen liegen. Daher befragte ich den

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