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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sagte schließlich: »Ihr redet recht und weise, Michael Pelzfuß. Gott hat Euch gewiß die Gabe der Vernunft verliehen. Die Bauernführer Schwabens gleichen Wildsäuen im Weingarten des Herrn. Sie haben den Glauben nicht; Jakob den Schneider haben sie mit ihrem Spott vertrieben. Aber was soll aus des Herrn Weingarten werden, wenn diese wilden Bestien auch in meiner Umgebung auftauchen und meine Gläubigen dazu verleiten, mein heiliges Banner zu ergreifen und sich damit in unheilvolle Abenteuer zu stürzen? Meine Aufgabe ist es, aus diesem Bund eine Waffe für die Hand des Herrn zu schweißen, aber meine Ratgeber sind des Satans und haben sich verschworen, mein Werk zu vernichten und sich die Wänste vollzuschlagen und ihre Beutel zu füllen. Steck dein Schwert ein, Pfeiffer, du Kind des Teufels!«
    Nun aber war Pfeiffer ergrimmt. Er stieß sein Schwert in die Scheide und entgegnete: »Die Pest an deinen Hals, Thomas Müntzer! Was sind du und ich anderes als arme Teufel, einander gleich vor Gottes Angesicht? Vergiß nicht, du bist schon einmal aus dieser Stadt vertrieben worden. In Mühlhausen habe ich mehr zu sagen als du, und an unserem Banner haben meine Weiber nicht weniger sorgfältig genäht als deine. Ich werde es dorthin tragen, wohin es mir beliebt. Langensalza hat mich so gepeinigt, daß ich es nicht entkommen lassen werde, jetzt, da seine Bevölkerung die Zeichen der Zeit erkannt und mich um Hilfe gebeten hat. Deine Feigheit soll uns nicht hindern, das Banner zu erheben, und wenn auch nur ein Körnchen von einem richtigen Mann dem schönen Aprilwetter muß ihr wie ein heiterer Spaziergang vorgekommen sein.«
    Müntzers Zuversicht wuchs von Tag zu Tag; Tag für Tag predigte er auch im Sattel unter dem Regenbogenbanner. Als er aber erfahren hatte, daß Doktor Luther selbst, ergrimmt über Müntzers Ruhm, nach Weimar gekommen war, um Herzöge und Markgrafen zum Krieg gegen ihn aufzustacheln, ließ er mich zu sich kommen und sprach: »Nun hat dieser Doktor Luther, von dem wir soviel hören und den die Vertrauensseligen nachgerade als ihren Herrgott betrachten, endlich Farbe bekannt. Er ist gewogen und zu leicht befunden worden. Seine Zeit ist um, seine eigenen Taten zeugen wider ihn, denn er hat sich mit dem schlimmsten und blutdürstigsten aller Tyrannen verbunden, dem Markgrafen von Mansfeld, der mich von meiner Gemeinde vertrieb und zum Bettler machte. Luther predigt gegen mich und warnt die Leute, sich um mein Banner zu scharen. Das soll er teuer bezahlen. Zuerst aber muß dafür gesorgt werden, daß er nicht Herzog Johann von Weimar gegen mich einnimmt. Ich muß den Herzog vor Luthers abscheulichen Ränken gegen mich warnen und ihn beschwören, nicht auf Menschen, sondern auf Gott zu hören. Ihr müßt nach Weimar reiten, Michael Pelzfuß, und dem Herzog meinen Brief persönlich überreichen. Bringt mir seine Antwort, wo immer ich auch sei – denn mich lenkt nun nicht mehr mein eigener Wille, sondern mein stets wachsendes Heer, wie es Gott gefällt.«
    Er zeigte mir die warnende Botschaft, die er an Herzog Johann hingekritzelt hatte, und das Wenige, was ich davon sah, ließ es mir nicht sehr ratsam scheinen, sie einem mächtigen Fürsten zu unterbreiten. Müntzer aber tadelte mich ob meines schwachen Glaubens und schwor, mir könne nichts zustoßen, denn er führte in seinem Haufen viele Geiseln mit, die man unverzüglich töten konnte, wenn mir auch nur ein Haar gekrümmt würde.
    So blieb mir denn nichts anderes übrig; ich wählte das beste Pferd und bat Andy, mich durch das aufgewühlte Land zu begleiten. Ich versicherte Madame Geneviève, wir würden kaum länger als vier Tage fernbleiben, und empfahl sie in gewählten Worten der Obhut Jakobs, des Schneiders. Sie aber erwiderte von oben herab, sie brauche keinen Schneider zum Beschützer, und ich erkannte, daß ich mich nicht mehr ihrer uneingeschränkten Gunst erfreute.
    So stiegen wir denn in den Sattel, Andy und ich, und machten uns auf den Weg. Städte und dichtbesiedelte Gegenden mieden wir, so gut wir konnten. Am Nachmittag des zweiten Tages waren wir in Weimar, wo viele bewaffnete Reiter versammelt waren. Ich hielt es für ratsam, nicht zu sagen, wer mich gesandt hatte. Als ich daher vor dem Schloß anlangte, erklärte ich dem Offizier der Wache, ich hätte eine dringende Geheimdepesche für Seine Gnaden. Zum Beweis meiner guten Absicht gab ich ihm drei Gulden, die auf ihn tiefen Eindruck machten. Er ließ uns sogleich in den Hof und sandte

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