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Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum

Titel: Michelle Obama – Ein amerikanischer Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph von Marschall
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III.Vorarbeiter, der Monatslohn stieg um 200 Dollar. Wenige Monate darauf folgte die Beförderung zum «Befeuerungsbeauftragten», der für die Wassererhitzer im Klärwerk zuständig war, und 1969 zum «Operating Engineer», der Pumpen und Dampfturbinen beaufsichtigte. Binnen fünf Jahren hatte sich sein Lohn ungefähr verdoppelt, auf etwa 860 Dollar pro Monat oder rund 10000 Dollar im Jahr. Gegen Ende seiner Karriere, gut 20 Jahre später, würde er mehr als 40000 Dollar pro Jahr verdienen.
    Die Robinsons haben also von den Patronagemechanismen der «Chicago Machine» profitiert. Dennoch hört man von Michelle oder ihrem Bruder Craig kein gutes Wort über diesen Aspekt ihrer Kindheit. Der Vater ist ihr Held, das schon. Sie loben ihn als Vorbild wegen seines Arbeitsethos und seiner Disziplin. Er war noch in seinen 30ern, als die körperlichen Einschränkungen durch die multiple Sklerose einsetzten. Dennoch sei er jeden Tag zur Arbeit gegangen, selbst dann noch, als er sich auf Stöcke stützen musste. «Auf dem Weg zur Arbeit gestorben» sei er, so hat Michelle seinen Tod wiederholt in den Interviews beschrieben, die sie während des Wahlkampfs 2007/08 gab. Auch das war geschwindelt. Tatsächlich starb Fraser im Krankenhaus an den Komplikationen nach einer Nierenoperation.
    Als wegweisend beschreiben die beiden Kinder den Vater auch, weil er sie gedrängt habe, die bestmögliche Bildung an zustreben, ohne auf die Kosten zu achten. Als Craig die High School beendet hatte und sich um Studienplätze bewarb, nahm ihn sowohl die University of Washington als auch Princeton an. Der Unterschied: In Washington hätte er ein volles Stipendium bekommen, da er ein herausragender Basketballspieler war; in Princeton nur ein Teilstipendium, sodass pro Jahr noch 3500 Dollar Studiengebühren zu zahlen waren – eine beträchtliche Summe im Verhältnis zum Arbeitslohn des Vaters. Doch der, erzählt Craig, habe ihm damals gesagt: «Ich wäre sehr enttäuscht, wenn du deine Studienwahl davon abhängig machst, was ich zahlen muss.» Princeton galt als die bessere Universität, also wollte Fraser seinen Sohn – und später auch seine Tochter – dort sehen.
    Angesichts der vielen Erinnerungen, die Michelle und Craig an ihre Kindheit haben, und all der Zitate ihres Vaters, die sie seit 2007 verbreiteten, fällt auf, dass beide kaum über seine Rolle als «Precinct Captain» reden. «Unsere Familie hatte eine sehr zynische Einstellung zur Politik und zu Politikern», sagten Craig und Michelle auf Fragen dazu bei verschiedenen Gelegenheiten im Wahlkampf. Erst die Begegnung mit Barack Obama und die Begeisterung, mit der er die politische Arbeit anging, hätten ihre Einstellung zur Politik verändert.
    Die politische Arbeit spielte offenkundig eine wichtige Rolle bei Fraser III. Bei der Ausschmückung der offiziellen Biografie der angehenden First Lady wurde dieser Teil der Familienhistorie jedoch nicht als förderlich empfunden. Das wird man bei einem Blick in Chicagos Stadtgeschichte verstehen. Der große Boss dort zu jener Zeit war Richard Joseph Daley, Bürgermeister von 1955 bis 1976. Er war der Sohn katholischer Einwanderer aus Irland und stützte seine Macht neben der weißen Arbeiterschaft auf die Bezirke von sechs afroamerikanischen «Aldermen», den sogenannten «Silent Six». Im Rückblick wird ihnen vorgeworfen, dass sie die Interessen der schwarzen Bürger weniger vertreten als vielmehr verraten hätten und Daley vor allem unterstützten, um ihren eigenen Einfluss im Patronagesystem der «Chicago Machine» zu wahren. Sie durften ihren Anteil an städtischen Wohltaten an ihre Unterstützer verteilen, solange sie sich Daley nicht offen widersetzten.
    Als Barack 1985 nach Chicago kam, lernte er rasch, wie selbstkritisch schwarze Bürger rückblickend mit ihrer Beteiligung an dem politischen Machterhaltungssystem unter Daley umgingen. Sie hätten sich zu bereitwillig mit ihrer Rolle als Bürger zweiter Klasse abgefunden, hört Obama, als er sich in «Smitty’s Barbershop» die Haare schneiden lässt. Das hat er in seinem ersten Buch «Dreams from My Father» berichtet.
    Als «Plantagenpolitik» beschimpfte einer der Anwesenden die Rollenaufteilung zwischen Weißen und Schwarzen unter Daley. Und Friseur Smitty bestätigte: «Ja, das war es auch, wie auf einer Plantage. Die Schwarzen hatten die schlechteste Arbeit. Die schlechtesten Wohnungen. Die Polizei ging zügellos brutal vor. Aber wenn die sogenannten schwarzen Committeemen zur

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