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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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einem Londoner Nachtclub wiederfindet, wo er »Just Another Night« in einem paillettenbesetzten Mantel und mit dick aufgetragenem Make-up singt.
    Es gab in den 80ern Hollywood-Filme, die sogar noch armseligere Plots besaßen (wobei auffällt, dass in den meisten dieser Streifen Andrew McCarthy mitspielt).
    In Running Out of Luck sehen wir Mick, der uns seine Vorstellung von sich selbst verkauft. Die witzigste Szene ist zugleich eine Metapher für die Misere der 80er: Hungrig und übermüdet stolpert Mick in einen Tante-Emma-Laden und bittet darum, das »telephone, you know, the blower« benutzen zu dürfen. Um den Inhabern klarzumachen, wer er ist, kramt er aus deren Plattenkiste ein Album hervor, das er ihnen zeigt (die Best-of-Sammlung Through the Past, Darkly , auf deren Cover sein Gesicht leicht entstellt wirkt, weil er es gegen eine Glasschreibe presst) und hampelt rum zu »Jumpin’ Jack Flash«. Ein netter Trick, um die Leute daran zu erinnern, wer er ist, ohne sich von dem Gewicht der Oldies erschlagen zu lassen. »Er wollte unbedingt, dass seine Platte ein Hit wird. Deshalb war er auch ziemlich nervös«, so Chong.
    Mick trat bei dem Live-Aid-Spektakel in diesem Sommer ohne die Stones auf und holte sich Unterstützung bei den zu MTV-Superstars aufgestiegenen Rock’n’Roll-Kollegen Hall and Oats. Damit seine Botschaft auch bei wirklich allen ankam, holte er mit Tina Turner als Duettpartnerin eine weitere Überlebende der Sixties auf die Bühne, die mittlerweile auch ein MTV-Superstar geworden war. Nach dem Live-Aid-Auftritt tat sich Mick Jagger wieder mit den Stones zusammen. Gemeinsam gingen sie ins Studio, um Dirty Work einzuspielen – ihr erstes Album für CBS Records. Die meiste Zeit über brodelte es zwischen ihm und Keith Richards, der wegen Micks heimlich eingefädelter Solokarriere immer noch ziemlich angefressen war. Dirty Work war mit der Coverversion des 63er-R’n’B-Hits »The Harlem Shuffle« (im Original von Bob and Earl) immerhin für einen Top-Ten-Hit gut. Keith wollte mit dem Album auf Tour gehen, doch Mick zog es vor, sich wieder seiner Solokarriere zu widmen. Nach Ruthless People , einem weiteren Gemeinschaftsprojekt mit Daryl Hall von Hall and Oats – dem Titelsong zu Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs . Stone mit Danny DeVito und Bette Midler in den Hauptrollen – begann er die Arbeit an seinem zweiten Soloalbum. Dabei unterstützte ihn ein weiterer MTV-Liebling: Dave Stewart von den Eurythmics. Stewart hatte bereits den Sound von Tom Petty and the Hearbreakers mit »Don’t Come Around Here No More« modernisiert, und Mick Jagger hatte er versprochen, dasselbe auch für ihn zu tun. Keith Richards wäre fast durchgedreht, und dieses Mal lag er gar nicht so sehr daneben mit seiner Vermutung, dass Mick eines Tages nur noch den Trends und Moden hinterherlaufen würde.
    Primitive Cool bietet 80er-Jahre-Musik in Reinform: heulende Licks, zu denen die Gitarristen aufs Übelste grimassieren, Syntheziser-Sounds à la Miami Vice und geradlinig abgemischte, aber arg künstlich klingende Rhythmen. Das hätte auch ein Pointer-Sisters-Album gewesen sein können, auf dem man die Gesangsspur gelöscht und neu eingesungen hatte. »I’m so greasy, I’m so slick, I leave no traces, I just get out quick«, singt Mick auf »Throwaway«, und zum ersten Mal will man diese Geständnisse, die mitten ins Herz treffen, nicht hören. Der Titelsong ist ganz nett und annehmbar in seiner Offenheit. Mick klingt seinem Alter entsprechend: »It all seemed so different then«, gibt er zu. Die erste Singleauskopplung »Let’s Work« ist eine enorme Taktlosigkeit, jede vermeintlich enthaltene Ironie vermag es nicht, die dem Song implizit zugrunde liegende Botschaft, dass die Armen einfach nur härter arbeiten müssen, in ein anderes Licht zu rücken. Das Video dazu war allerdings urkomisch: Verfolgt von einigen Arbeitern aus verschiedenen Berufssparten läuft Mick eine Straße entlang. Einmal ist ihm sogar ein Metzger auf den Fersen, der ein totes Schwein umherschwenkt.
    Mit Primitive Cool begann auch Jaggers unselige Offene-Hemden-Phase, in der er verschiedene bonbonfarbene, locker sitzende T-Shirts mit offen darüber getragenen Hemden kombinierte. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er sich von diesem Look verabschiedete, aber irgendwann hat er sich glücklicherweise doch noch dazu durchgerungen. Heute bevorzugt er eng sitzende schwarze T-Shirts mit entsprechenden Hosen, was gut zu seiner

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