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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Anklägerin biss sich an ihr die Zähne aus. An verschiedenen Stellen versuchte sie, widersprüchliche Antworten zu bekommen, aber Lisa hielt sich hervorragend. Nachdem Freeman eine halbe Stunde lang versucht hatte, mit einem Zahnstocher eine Tür aufzubrechen, gelangte ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass meine Mandantin nichts mehr zu befürchten hätte. Aber es bringt nie etwas, sich in Sicherheit zu wiegen, bevor ein Mandant den Zeugenstand verlassen hat und wieder neben einem sitzt. Freeman hatte zumindest ein Ass im Ärmel, und schließlich spielte sie es aus.
    »Als Mr. Haller Sie vorhin gefragt hat, ob Sie die Tat begangen hätten, haben Sie gesagt, Sie seien nicht gewalttätig. Sie haben gesagt, Sie seien Lehrerin und nicht gewalttätig, erinnern Sie sich noch?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Aber ist es denn nicht so, dass Sie vor vier Jahren die Schule wechseln und sich einem Antiaggressionstraining unterziehen mussten, nachdem Sie einen Schüler mit einem Dreikantlineal geschlagen hatten?«
    Ich stand rasch auf und legte Einspruch ein und bat darum, nach vorn kommen zu dürfen. Der Richter winkte uns zu sich.
    »Richter Perry«, flüsterte ich, bevor Perry dazu kam, eine Frage zu stellen, »in der Offenlegung steht absolut nichts von einem Dreikantlineal. Wo kommt das plötzlich her?«
    »Euer Ehren«, flüsterte Freeman, bevor Perry dazu kam, eine Frage zu stellen, »das sind neue Informationen, die wir erst letzte Woche erhalten haben. Wir mussten sie erst auf ihre Richtigkeit hin prüfen.«
    »Ach, kommen Sie«, sagte ich. »Wollen Sie etwa behaupten, Sie hätten nicht von Anfang an ihre vollständigen Personalunterlagen gehabt? Sie erwarten doch nicht, dass wir Ihnen das glauben?«
    »Sie können von mir aus glauben, was Sie wollen«, konterte Freeman. »Wir haben es nicht in die Offenlegung einfließen lassen, weil ich nicht vorhatte, es überhaupt zur Sprache zu bringen, bis Ihre Mandantin anfing, ihre nicht gewalttätige Vergangenheit zu Protokoll zu geben. Diese Behauptung wird dadurch widerlegt, und deshalb ist es legitim, es jetzt vorzubringen.«
    Ich wandte mich wieder Perry zu.
    »Euer Ehren, ihre Begründung tut nichts zur Sache. Sie hält sich nicht an die Offenlegungsregeln. Die Frage sollte gestrichen werden, und es sollte ihr nicht gestattet werden, dieser Frage weiter nachzugehen.«
    »Euer Ehren, das ist …«
    »Der Verteidiger hat recht, Ms. Freeman. Sie können sich das für die Widerlegung aufsparen, vorausgesetzt, Sie haben dafür Zeugen, aber jetzt brauchen Sie nicht damit anzukommen. Es hätte in der Offenlegung sein müssen.«
    Wir kehrten an unsere Plätze zurück. Jetzt musste ich Cisco auf diese Geschichte ansetzen, weil Freeman zweifellos später noch einmal darauf zurückkommen würde. Das ärgerte mich, denn als wir den Fall übernommen hatten, war eins der ersten Dinge, mit denen ich Cisco beauftragt hatte, unsere Mandantin gründlich zu durchleuchten. Dieser Vorfall war irgendwie übersehen worden.
    Der Richter wies die Geschworenen an, die letzte Frage der Staatsanwältin unberücksichtigt zu lassen, dann forderte er Freeman auf, fortzufahren. Aber ich wusste, dass die Geschworenen hellhörig geworden waren. Die Frage mochte aus dem Protokoll gelöscht worden sein, aber nicht aus ihrem Gedächtnis.
    Freeman fuhr mit dem Kreuzverhör fort und nahm Trammel an verschiedenen Stellen unter Beschuss, ohne irgendwo durch die Rüstung ihrer Zeugenaussage zu kommen. Die Behauptung meiner Mandantin, am Morgen des Mordes nicht in der Nähe der WestLand National gewesen zu sein, ließ sich nicht erschüttern. Mit Ausnahme des Dreikantlineals war es ein verdammt guter Start, denn unser Auftritt hatte den Geschworenen sofort deutlich gemacht, dass wir eine affirmative Verteidigungsstrategie zu fahren beabsichtigten. Wir würden uns nicht widerstandslos ergeben.
    Die Anklägerin nutzte die ganze Zeit bis Verhandlungsschluss und wahrte sich so die Möglichkeit, Trammel am nächsten Morgen noch einmal in die Zange nehmen zu können, sollte sich über Nacht etwas Neues ergeben. Als der Richter um fünf Uhr die Verhandlung für beendet erklärte, konnten alle nach Hause. Außer mir. Ich musste noch in die Kanzlei. Es gab noch einiges zu tun.
    Bevor ich den Gerichtssaal verließ, hatte ich noch ein Hühnchen mit meiner Mandantin zu rupfen.
    »Danke auch, dass Sie mir das von dem Dreikantlineal erzählt haben«, zischte ich sie wütend an. »Was gibt es sonst noch alles, was ich nicht

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