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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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wegen des Prozesses ausfallen lassen müssen – und weil ich mich beim letzten Mal mit einem Misston von Maggie verabschiedet hatte, hatte ich das starke Bedürfnis, bei ihnen vorbeizuschauen.
    Maggie öffnete mir mit einem Stirnrunzeln. Offensichtlich hatte sie mich bereits durch den Spion gesehen.
    »Das ist leider kein guter Abend für Überraschungsbesuche, Haller«, begrüßte sie mich.
    »Ich würde nur gern Hayley kurz sehen, wenn das okay ist.«
    »Sie ist diejenige, für die es kein guter Abend ist.«
    Maggie trat zurück und zur Seite, um mich nach drinnen zu lassen.
    »Ach?«, fragte ich. »Was ist?«
    »Sie hat sehr viele Hausaufgaben auf und möchte von niemandem gestört werden, nicht einmal von mir.«
    Ich schaute aus der Diele ins Wohnzimmer, sah aber meine Tochter nicht.
    »Sie ist in ihrem Zimmer und hat die Tür abgeschlossen. Viel Glück also. Ich mache gerade die Küche sauber.«
    Damit ließ sie mich stehen, und ich blickte die Treppe hinauf. Hayleys Zimmer war dort oben, und plötzlich erschien mir der Aufstieg furchteinflößend. Meine Tochter war in der Pubertät und allen Stimmungsschwankungen unterworfen, die mit dieser Entwicklungsphase einhergingen. Man wusste nie, was einen erwartete.
    Trotzdem machte ich mich auf den Weg nach oben, und mein höfliches Klopfen an ihrer Tür wurde mit einem barschen »Was ist?« quittiert.
    »Ich bin’s, Dad. Darf ich reinkommen?«
    »Dad, ich habe endlos Hausaufgaben auf!«
    »Heißt das, ich kann nicht reinkommen?«
    »Wenn du meinst.«
    Ich öffnete die Tür und betrat das Zimmer. Sie war im Bett und hatte sich zugedeckt. Sie war umgeben von Ordnern, Büchern und einem Laptop.
    »Und küss mich bitte nicht. Ich habe Antipickelcreme drauf.«
    Ich ging an die Seite des Betts und bückte mich. Ich schaffte es, sie auf den Scheitel zu küssen, bevor ihr Arm hochschnellte, um mich wegzuschieben.
    »Musst du noch viel machen?«
    »Ich hab dir doch gesagt, endlos.«
    Das Mathematikbuch lag mit der aufgeschlagenen Seite nach unten, damit die Stelle nicht verblättert wurde. Ich hob es hoch, um zu sehen, welchen Stoff sie gerade hatten.
    »Verblättre es bloß nicht!«
    Blanke Hysterie, Weltuntergangspanik in ihrer Stimme.
    »Keine Angst. Ich habe jetzt schon vierzig Jahre mit Büchern zu tun.«
    Soweit ich es beurteilen konnte, ging es um Gleichungen mit zwei Unbekannten, irgendwas mit x und y, und ich war total überfordert. Sie lernte Dinge, die mein Begriffsvermögen überstiegen. Nur schade, dass es etwas war, was sie nie brauchen würde.
    »O Mann, dabei könnte ich dir nicht mal helfen, selbst wenn ich es wollte.«
    »Ich weiß, Mom auch nicht. Ich bin ganz auf mich allein gestellt.«
    »Sind wir das nicht alle?«
    Ich merkte, dass sie kein einziges Mal zu mir aufgeblickt hatte, seit ich im Zimmer war. Es war deprimierend.
    »Na ja, ich wollte sowieso nur hallo sagen. Dann gehe ich mal wieder.«
    »Ciao. Ich liebe dich.«
    Immer noch kein Blickkontakt.
    »Gute Nacht.«
    Ich schloss die Tür und ging in die Küche hinunter. Das andere weibliche Wesen, das meine Stimmung nach Lust und Laune steuern zu können schien, saß auf einem Hocker an der Frühstückstheke. Sie hatte ein Glas Chardonnay und eine offene Akte vor sich.
    Wenigstens sie schaute mich an. Sie lächelte zwar nicht, aber sie nahm Blickkontakt mit mir auf, was ich in diesem Haus schon als einen Sieg betrachtete. Dann kehrte ihr Blick zu der Akte zurück.
    »Woran arbeitest du da?«
    »Ach, nur ein bisschen mein Gedächtnis auffrischen. Ich habe morgen eine Vorverhandlung mit so einer Schlägertype und habe nicht mehr in die Akte reingeschaut, seit ich sie eingereicht habe.«
    Die übliche Strafrechtsmühle. Weil sie wusste, dass ich keinen Alkohol trank, bot sie mir kein Glas Wein an. Ich lehnte mich gegenüber der Frühstückstheke an die Arbeitsplatte.
    »Ich überlege, ob ich für das Amt des District Attorney kandidieren soll«, sagte ich.
    Ihr Kopf schoss hoch, und sie sah mich an.
    »Was?«
    »Nein, nein, keine Angst, ich versuche nur, wenigstens von irgendjemandem in diesem Haus ein bisschen Aufmerksamkeit zu kriegen.«
    »Sorry, aber dafür hast du dir einen schlechten Abend ausgesucht. Ich muss noch arbeiten.«
    »Na schön, okay, dann gehe ich eben wieder. Deine Freundin Andy schwitzt wahrscheinlich auch ganz schön heute.«
    »Gut möglich. Ich wollte mich eigentlich nach der Arbeit auf einen Drink mit ihr treffen, aber sie hat abgesagt. Was hast du mir ihr gemacht,

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